Die Skepsis der Deutschen gegenüber der gesetzlichen Rente wächst. In einer neuen Umfrage des Forsa-Instituts für die Initiative Minderheitsaktionäre gaben jetzt 90 Prozent der Befragten an, nicht mehr daran zu glauben, dass die Politik eine sichere und stabile Rente gewährleisten könne. Das sind rund vier Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Der Unglaube zieht sich dabei durch alle Geschlechter, Alters- und Einkommenschichten gleichermaßen. Er schwankt lediglich zwischen 85 und 94 Prozent.
Das hat Auswirkungen darauf, was die Deutschen vom Ruhestand erwarten. 83 Prozent sind demnach der Meinung, dass sie im Alter eine Versorgungslücke treffen wird. Das bedeutet, dass die gesetzliche Rentenzahlung nicht ausreichen wird, um den bisherigen Lebensstandard zu halten.
Dies ist gerade für jüngere Menschen eine realistische Ansicht. Aktuell liegt die Rentenhöhe im Schnitt bei etwa 52 Prozent des letzten Nettolohns, den Senioren im Arbeitsleben bekommen haben. Die restlichen 48 Prozent müssen also woanders herkommen.
Mehr als die Hälfte sorgen bereits vor
Obwohl die große Mehrheit erkennt, dass die Rente im Alter nicht reichen wird, geben nur 57 Prozent an, dass sie bereits vorsorgen. Die Hälfte davon wiederum besitzt entweder eine betriebliche Altersvorsorge oder eine private Rentenversicherung. 42 Prozent sorgen über Immobilien vor, 36 Prozent nutzen ETFs, also passive Fonds auf Börsenindizes. Die Riester-Rente ist immerhin noch bei 32 Prozent ein Thema, Aktienfonds und Aktien liegen bei 27 beziehungsweise 26 Prozent. Kryptowährungen haben sich mit acht Prozent erstmals in das Vorsorgeportfolio eingeschlichen.
Während also mehr als die Hälfte der 18- bis 70-Jährigen im Land privat vorsorgt, um die Lücke im Alter zu schließen, machen dies 26 Prozent nicht, obwohl sie diese Lücke sehr wohl erkennen. Hier sind es vor allem jüngere Menschen unter 30 Jahren. Das dürfte auch daran liegen, dass sich in dieser Gruppe viele Studenten, Auszubildende und Berufsanfänger finden, die noch nicht genug Geld verdienen, um monatliche Überschüsse anlegen zu können. Der Anteil derer, der wider besseren Wissens nicht vorsorgt, schwindet deswegen auch schnell mit dem Alter. Bei den 30- bis 44-Jährigen sind es noch 29 Prozent, bei den über 60-Jährigen kommt mit 18 Prozent der Tiefpunkt.
Umgekehrt ist hier der Anteil derjenigen am größten, der sich keine Sorgen um eine Versorgungslücke mehr macht und angibt, mit einer solchen nicht mehr zu rechnen. Das können Menschen sein, die diese bereits geschlossen haben, für die sie nie existierte oder die optimistisch sind, diese bald schließen zu werden. 23 Prozent der über 60-Jährigen gaben das bei Forsa an, in den jüngeren Altersklassen schwankt der Wert zwischen sieben und zwölf Prozent. Zwischen Männern und Frauen gibt es in dieser Frage übrigens in allen Aspekten kaum Unterschiede.
Diese Reformen wollen die Deutschen
Nun bleibt also die Frage, was die Politik tun könnte, um die Situation der gesetzlichen Rente zu verbessern. Forsa bot den Teilnehmern dafür mehrere Optionen an:
- Die Einführung eines Generationenkapitals, wie von der Ampel-Regierung geplant, befürworten 60 Prozent, 26 Prozent lehnen es ab. Dabei würde die Bundesregierung einen Staatsfonds aufsetzen. Dieser müsste aber bis Mitte der 2030er-Jahre erst mit Geldern aus dem Bundeshaushalt aufgebaut werden, bevor er die Rentenkassen nennenswert entlasten könnte. Die Zustimmung dazu ist gegenüber dem Vorjahr um neun Prozent gesunken. Sie ist am höchsten unter Männern, Akademikern, Aktienbesitzern und Menschen mit hohem Einkommen.
- Die Frühstart-Rente findet mit 64 Prozent etwas mehr Zuspruch. Bei dem Plan der Union würde der Staat für jedes Kind zum sechsten Geburtstag ein Depot aufsetzen und dort zehn Euro pro Monat einzahlen. Als Erwachsene könnten Sie dieses dann durch eigene Zahlungen aufstocken, entnommen werden darf das Geld aber erst zu Rentenbeginn. Die Zustimmung ist hier unter jungen Menschen (77 Prozent) am höchsten und nimmt mit dem Alter ab. Männer befürworten die Idee etwas häufiger als Frauen.
- Ganze 87 Prozent wären dafür, Finanzen und Wirtschaft als eigenes Schulfach einzuführen. Hier ist nicht klar, wie dies genau aussehen würde, welche Jahrgänge darin unterrichtet würden und was dort gelehrt werden soll. Bisher setzt sich auch keine Partei bundesweit dafür ein. Die Einführung eines solchen Schulfaches wäre aber sowieso Ländersache. Hier sind es Frauen, die die Idee stärker befürworten als Männer, zudem sind es bei Akademikern, jungen Menschen und Menschen mit hohem Einkommen leicht mehr als der Durchschnitt.
- Um die Finanzierungslücken der gesetzlichen Rentenversicherung zu schließen, sprechen sich 51 Prozent der Befragten für höhere Steuern aus. Bei der Fragestellung ist allerdings unklar, welche Steuern für wen wie stark erhöht werden sollten. Die Zustimmungsrate ist aber über Geschlechter und Altersklassen weitgehend stabil. Höhere Rentenbeiträge würden nur 18 Prozent gutheißen, Rentenkürzungen sogar nur 8 Prozent. 23 Prozent finden keine der Optionen gut.
- Beamte mit in die Rentenversicherung aufzunehmen befürworten 85 Prozent, wobei die Zustimmung hier mit dem Alter klar ansteigt. Finanziell hätte das auf die Kassen keine bis leicht negative Auswirkungen, weil Beamte dann auch Leistungen aus der Rentenkasse bekämen. Da sie tendenziell mehr verdienen und länger leben als Nicht-Beamte, wäre das langfristig wohl ein Minusgeschäft. Aus moralischen Gründen wird die Idee aber auch von einigen Ökonomen unterstützt.
- Die für 2026 geplante Einführung der Aktivrente unterstützen 73 Prozent. Hierbei bekommen Rentner, die weiterarbeiten, pro Monat bis zu 2000 Euro ihres Lohns steuerfrei. Kurioserweise finden jüngere Menschen diese Idee etwas besser als ältere Menschen, die als erstes davon profitieren werden.
- Der vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) zuletzt aufgebrachte Vorschlag eines Boomer-Soli wird hingegen von der Mehrheit abgelehnt. 64 Prozent finden ihn nicht gut, nur 24 Prozent wären dafür. Bei dieser Idee müssten reiche Rentner eine Extra-Abgabe zahlen, die dann hundertprozentig an arme Rentner ausgezahlt wird. Hier zeigt sich der größte Generationenkonflikt in der Umfrage: 45 Prozent der unter 30-Jährigen findet den Boomer-Soli gut, die Zustimmung schwindet mit dem Alter auf nur noch 12 Prozent bei den über 60-Jährigen. Umgekehrt wächst die Ablehnung von 33 auf 66 Prozent. Männer sind zudem tendenziell etwas häufiger für den Soli als Frauen.