Leser über Merz: "Kann nur hoffen, dass junge Union Parteispitze Beine macht"

Der Gastkommentar Gabor Steingart über den Vertrauensverlust in die Politik, politischen Narrativen und Realitätsverweigerung entfacht eine kontroverse Leserdebatte. Friedrich Merz steht dabei exemplarisch für eine Union, die zwischen Abgrenzung, Anpassung und Angst vor Bedeutungslosigkeit schwankt. Die Leserreaktionen reichen von scharfer Kritik bis zu zynischer Resignation – ein Hinweis darauf, dass die Union weniger als Lösung denn als Teil des Problems wahrgenommen wird. 

Verteilung der Meinung zu "Leser gehen mit Merz und Politikern hart ins Gericht"
Die Kommentare zeigen: Die Leser haben ein Glaubwürdigkeitsproblem mit der Regierung. FOCUS Online

CDU in der Führungskrise: Merz soll gehen

Ein Großteil der Leser sieht Friedrich Merz als Hauptverantwortlichen für die aktuelle Führungskrise der CDU. Ihm wird mangelnde strategische Klarheit, fehlende Autorität und ein widersprüchlicher Kurs zwischen konservativer Rhetorik und moderater Praxis vorgeworfen. Viele bezeichnen die CDU unter seiner Leitung als orientierungslos und fordern personelle Erneuerung – teils offen seinen Rücktritt. Hinter dieser Kritik steckt mehr als Unzufriedenheit mit einer Einzelperson: Sie offenbart eine tiefere Krise der Partei, die ihren Platz zwischen Regierungskritik und Abgrenzung zur AfD nicht findet. Dass Merz die sogenannte Brandmauer gegen die AfD aufrechterhält, wird von manchen als Prinzipienstärke, von vielen Lesern aber als politische Schwäche interpretiert.

"Man kann nur noch hoffen, dass die junge Union der Parteispitze Beine macht. Sie hat längst begriffen, dass vieles falsch läuft. Das ist die einzige Hoffnung, die ich noch habe."  Zum Originalkommentar

"Wir brauchen nicht drumherum reden, die Koalition Schwarz-Rot ist gescheitert. Friedrich Merz hat einen Wahlkampf mit Argumenten der Rechten bestritten und ist dann nach Merkel-Art links abgebogen. Merz hat die Wähler hinters Licht geführt. Unsere Bevölkerung ist doch noch nicht gänzlich an Demenz erkrankt, lieber Herr Merz. Sie haben fertig. Überlassen Sie die Zukunft der CDU dem Linnemann ..."  Zum Originalkommentar

"Alle Umfragen sagen mir, dass die Menschen fertig sind mit Merz, dass die Wirtschaft fertig ist mit Merz ..."  Zum Originalkommentar

Sorge vor politischer Manipulation

Ein erheblicher Teil der Leser warnt vor einer wachsenden Entfremdung zwischen Politik und Bevölkerung. Kritisiert wird, dass die Regierung – und teils auch die CDU – den Aufstieg der AfD durch eigene Untätigkeit und inhaltsleere Kommunikation befördert habe. Viele sehen das Parteiensystem als geschlossenes Machtgefüge, das echte Reformen vermeide. 

"Es wird immer deutlicher, dass die aktuelle Regierung in Wirklichkeit fast nichts verändern möchte und wir mit Hochgeschwindigkeit unseren Wohlstand und die Sicherheit verlieren. Dies erkennen immer mehr Menschen ..."  Zum Originalkommentar

"Mich beschleicht immer mehr das Gefühl, dass die Politiker selbst nichts wissen und alles nur der Ablenkung dient! Meiner Meinung nach ist die Demokratie in großer Gefahr, denn sonst würde sich ja die CDU mit der AfD zusammentun, aber nein, sie arbeiten mit einer Partei, die völlig abwatscht wurde und die der Wähler nicht mehr wollte ..."  Zum Originalkommentar

"Herr Merz und seine Gefolgschaft unterliegen einem vehementen Fehler! Sie meinen, die AfD wäre der größte Feind der CDU/CSU. Falsch! Ihr größter Feind ist die SPD ..."  Zum Originalkommentar

Gezielte Wortwahl spaltet: Manipulation durch Sprache

Ein weiterer Teil der Kommentare knüpft hier an und richtet sich gegen politische Sprache. Leser beklagen gezielte Wortwahl und rhetorische Strategien – etwa Begriffe wie Sondervermögen oder Zeitenwende – als Versuch, Wahrnehmung und Zustimmung zu steuern. Der Vorwurf: Politik und Medien formten Narrative, um Verantwortung zu verschleiern und Kritik zu neutralisieren. Diese Skepsis verweist auf ein wachsendes Misstrauen gegenüber der politischen Kommunikation insgesamt. 

""Begriffe wie Bürgergeld statt Hartz IV, Zeitenwende statt Aufrüstung, Sondervermögen statt Schulden, Zuwanderung statt Migration"sollen die Wahrnehmung positiv beeinflussen, die gesellschaftliche Akzeptanz steigern und eine Debatte im Keim ersticken. An Wortfindungsstörungen leiden Politiker sicher nicht. Neubauer hat sogar für Merz das Wort Fossilität erfunden."  Zum Originalkommentar

"Ich bin mir sicher, die in den großen Parteien sind Berater unterwegs, die trainieren, wie man Narrative erzeugt, anders ausgedrückt, wie man gezielt die Wahrheit verdreht. Und es gibt mit ziemlicher Sicherheit Stäbe, deren Job es ist, fast wie in einer Werbeagentur, nach der richtigen Wortwahl zu suchen ..."  Zum Originalkommentar

"Framing funktioniert eben nur so lange, wie es raffiniert und unbemerkt stattfindet. Wenn man aber in einer Tour nur noch Unsinn erzählt bekommt, merken die meisten Leute, dass etwas faul ist."  Zum Originalkommentar

"'Denn der Deutungsrahmen setze sich im Gehirn gegen die Fakten durch.' Das dürfte kurzfristig - eventuell auch mittelfristig - funktionieren, aber keinesfalls langfristig. Das Volk merkt dann doch, dass der Lohn weniger wert wird, die Preise und Mieten steigen und die Zahl der Kündigungen zunimmt. Die Koalition ist allerdings noch nicht dahinter gekommen. Ob sie es schafft? Eher nein."  Zum Originalkommentar

Vergleich mit Weimar und DDR: Gefahr für Demokratie?

Viele Leser deuten die aktuelle politische Lage in Deutschland als Ausdruck eines tiefergehenden Systemversagens. In Kommentaren wird auf historische Parallelen zur Weimarer Republik oder zur DDR verwiesen. Die etablierten Parteien hätten – so der Tenor – ihre Glaubwürdigkeit verloren, während Polarisierung und Vertrauensverlust die Demokratie aushöhlen. Diese Vergleiche sind überzeichnet, aber symptomatisch: Sie verdeutlichen den Eindruck vieler Bürger, dass Reformstau, Machtlogik und politische Selbstbeschäftigung wichtiger geworden seien als Problemlösungen. Politikwissenschaftlich betrachtet sind solche Analogien zwar nicht haltbar, sie zeigen aber ein Warnsignal für die politische Kultur – ein Misstrauen, das nicht mehr nur die Regierung, sondern das gesamte Parteiensystem betrifft.

"Die Parallelen zur Situation am Ende der Weimarer Republik sind unverkennbar. Wie damals wurden die Ränder (alle beide) durch zahlreiche Fehler der regierenden Parteien erst gestärkt. Bereits damals wurde mit Gefühlen und Narrativen gearbeitet ..."  Zum Originalkommentar

"Hervorragende Beschreibung dessen, was das marode bundesrepublikanische Parteiensystem angesichts erwiesener Unfähigkeit für sich selbst als Möglichkeit des kollektiven Überlebens erdacht hat! Letztendlich eine Wiederholung dessen, was auch zum Untergang des Systems DDR geführt hat!"  Zum Originalkommentar

"Das Hauptproblem bei all unseren Parteien ist meiner Ansicht nach, dass es nur noch emotionalisierte und ideologiegetriebene Organisationen ohne wirkliche Lösungskompetenz sind. Warum hat es denn jahrzehntelang funktioniert? Weil auch immer Leute in verantwortungsvolle Positionen gebracht wurden, die sachlich orientiert und nicht weltrettend agiert haben. Ich denke, das Einzige, was uns jetzt noch hilft, wäre eine Technokraten-Regierung, wie sie Italien vor einigen Jahren mal hatte. Mit dem derzeitigen politischen Personal wird das nix mehr."  Zum Originalkommentar

Politiker als Märchenerzähler

Zahlreiche Kommentare greifen die "Märchenerzähler"-These von Steingart auf – teils ironisch, sarkastisch. Merz, Habeck oder Scholz werden dafür als Beispiel-Akteure ins Feld geführt. Hinter der Ironie steckt ein ernstes Motiv: Die Politik hat für viele Bürger an Authentizität verloren. Komplexe Sachverhalte werden mit Schlagworten ersetzt, Fehler selten eingeräumt. Diese kommunikative Selbstentfremdung hat Folgen – sie fördert Zynismus und politische Apathie. Dass sich Spott und Frust vermischen, zeigt: Die Bürger lachen nicht über die Politik, sondern aus Enttäuschung über ihren Zustand.

"Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) will seine eigenen Narrative setzen und erzählt Märchen. Nicht ganz: Märchen erzählte Habeck, Merz hingegen ist bestenfalls Vorleser ..."  Zum Originalkommentar

"Viele, viele Worte. Es geht auch einfacher: Wir werden belogen und betrogen auf Teufel komm raus. Und das vor allem von Friedrich Merz und seiner Union."  Zum Originalkommentar

Energie- und Klimapolitik unter Beschuss

Die Energie- und Klimapolitik gilt in den Kommentaren als Sinnbild einer Politik, die sich von Lebensrealitäten entfernt hat. Kritisiert werden deutsche Alleingänge, teure Transformationsprogramme und der moralische Ton in der Klimadebatte. Auch die CDU wird dafür verantwortlich gemacht, keine glaubwürdige Alternative zur Ampel anzubieten. Tatsächlich stehen die Unionsländer oft zwischen wirtschaftlichen Interessen und umweltpolitischen Verpflichtungen. Das Misstrauen der Leser richtet sich daher weniger gegen den Klimaschutz selbst als gegen die politische Kommunikation darüber – sie wird als weltfremd, elitär und praxisfern empfunden.

"Ich glaube, seit Anfang 2022, mit Beginn der massiven Phase des Krieges, gibt es keine gute Lösung mehr. Soweit hätte es niemals kommen dürfen. Die Ampel hat durch ihre Vernichtung so vieler Kraftwerke alles nur noch schlimmer gemacht. Jetzt zeigt auch noch die CDU, dass sie es nicht kann. Grauenhaft"  Zum Originalkommentar

"Wir jammern über teuren Strom und sprengen unsere teuren CO2-neutralen AKWs und Frankreich, Polen, Großbritannien, die Niederlande, Schweden, Bulgarien, Rumänien, die Slowakei, Tschechien und Ungarn planen oder bauen neue Reaktoren oder verlängern die Laufzeiten bestehender Anlagen, die USA und China genauso."  Zum Originalkommentar

"Nur mal am Rande erwähnt: Merz ist in Brasilien und verteilt wieder mal Milliarden, die Deutschland nicht hat! Klima, die nie neue Vermögensumverteilungsmaschine! Die USA und China haben sich zurückgezogen und Deutschland übernimmt mal wieder den Hauptanteil! Daheim sparen, aber in der Welt großzügig und generös sein ..."  Zum Originalkommentar

Sonstiges

In den übrigen Kommentaren überwiegen Ironie, Resignation und pauschale Kritik an Medien und Politik.

"Sehr starker Kommentar! Hat das gesellschaftliche Grundsatzproblem perfekt auf den Punkt gebracht."  Zum Originalkommentar

"Man kann es auch einfacher sagen, der Bürger mit gesundem Menschenverstand lässt sich nicht mehr für dumm verkaufen."  Zum Originalkommentar

Diskutieren Sie mit! Wie schätzen Sie den aktuellen Kurs der Parteien ein? Reicht ein Politikwechsel oder braucht es einen grundlegenden Neustart? Stimmen Sie ab und diskutieren Sie mit!

Hinweis: Die in diesem Artikel zitierten Kommentare geben ausschließlich die Meinungen unserer Leser wieder und wurden inhaltlich nicht verändert. Die Analyse, Auswertung und thematische Gruppierung der Kommentare erfolgt automatisiert mithilfe Künstlicher Intelligenz.
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