Das Magazin „Geo“ hat die zehn lohnenswertesten Routen durch deutsche Schluchten vorgestellt. Zwei davon liegen in Baden-Württemberg.
Stuttgart – Zwei Naturwunder im Schwarzwald versprechen unvergessliche Wander-Erlebnisse: Es geht vorbei an steilen Felswänden und tosenden Wasserfällen, die zwischen grün bemoosten, dichten Wäldern liegen. Während das eine Tal durch ein architektonisches Meisterwerk führt – eine vierzig Meter hohe Steinbrücke mit Bahntrasse mitten im Wald –, gräbt sich die andere Schlucht als „größter Grand Canyon Deutschlands“ bis zu 170 gewaltige Meter tief in den Boden. Außerdem trifft man hier auf eine ungeheure Artenvielfalt an Pflanzen.
Ravennaschlucht
Die Ravennaschlucht liegt bei Breitnau, einer 1.850-Einwohner-Gemeinde im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald. Das Dorf befindet sich zwischen der berühmten Felsen-Enge namens Hirschsprung auf 550 Metern und dem Berg Weißtannenhöhe auf 1.190 Metern Höhe. Breitnau ist berühmt für seine typischen Schwarzwaldhöfe mit den charmanten, allseitig abfallenden Walmdächern und liegt nur zehn Kilometer vom Titisee entfernt.
Ein Eisenbahnviadukt auf vierzig Metern Höhe überspannt die Schlucht mit neun Sandsteinbögen – wer darunter steht, hört das Rumpeln und Quietschen der Züge über sich. Wandert man tiefer in die Ravennaschlucht hinein, ragen links und rechts die moosigen Felswände steil empor. Zwischen ihnen zwängt sich der Ravenna-Bach gurgelnd und plätschernd hindurch. Seine beiden größten Wasserfälle sind der große Ravenna-Fall mit 16 Metern Fallhöhe, und der kleine Ravenna-Fall, der sechs Meter tief rauschend über Felsstufen stürmt. Das Wasser spritzt dabei ordentlich – bei Sonnenschein entstehen winzige Regenbögen in dem Sprühnebel.
Drei kleine Brücken führen über den Ravenna-Bach; von ihnen aus sieht man direkt in die schäumenden Wasserfälle hinein. Auf der Tour begegnet man noch ein paar alten Mühlengebäuden aus grauem Stein, die früher das Bachwasser zum Mahlen nutzten. Die vier Kilometer lange Schlucht ist somit wunderschön, aber nichts für Kinderwagen: Mal geht es über rutschige Holztreppen steil bergauf, mal über schmale Pfade am glatten Fels entlang. Der Rückweg führt durch dichten Wald bergauf – hier duftet es harzig nach Tannennadeln, deren Knirschen man unter den Schuhen hört.
Wutachschlucht
Die Wutachschlucht – in ihr befand sich einst eine Gemeinde, worüber unsere Redaktion hier berichtet hat – erstreckt sich hauptsächlich über das Gebiet der Gemeinde Wutach im Landkreis Waldshut, die 1.192 Einwohner zählt. Auch die Stadt Bonndorf im Schwarzwald mit 6.802 Einwohnern grenzt an das Schluchtengebiet. Die Region liegt im Naturpark Südschwarzwald nahe der Schweizer Grenze.
Der Fluss Wutach hat sich in 20.000 Jahren 170 Meter tief eingegraben – also mit sage und schreibe knapp einem Zentimeter pro Jahr. Entstanden ist ein dreißig Kilometer langer, idyllischer Canyon mit senkrechten Wänden aus hellem Muschelkalk. Stellenweise hängen die Felsen über, so dass man im kühlen Schatten wandert und die feuchte, erdige Luft besonders intensiv riecht. An manchen Stellen ragen die Wände hundert Meter hoch auf, aber die Schlucht ist nur zwanzig Meter breit – hier hallt jeder Schritt nach.
Unten im Tal gluckert die Wutach grün und schnell zwischen den Steinen hindurch. Das Wasser ist so klar, dass man silbrige Forellen blitzen sieht. Bäche stürzen als Wasserfälle donnernd in die Schlucht – der höchste Wasserfall fällt 15 Meter tief und man spürt die Gischt schon aus fünfzig Metern Entfernung. Am Ufer, das überwiegend gut begehbar ist, wachsen Erlen und Weiden, deren Blätter im Wind rascheln, an den Hängen stehen Buchen und Tannen. Die Wutachschlucht ist übrigens ein Paradies für Fans von Pflanzen: Von den 2.500 mitteleuropäischen Arten sind hier ganze 1.200 vertreten. In den feuchten Felsspalten etwa gedeihen seltene Farne wie die Hirschzunge, an sonnigen Stellen duften süßliche, rosa Felsennelken.
Wandern im November?
Wandern ist in beiden Schluchten auch noch im November möglich, und alle zwei haben in jeder Jahreszeit ihren ganz eigenen Reiz. Man sollte aber die passenden Schuhe für ein möglicherweise rutschiges und nasses Gelände tragen. Hier kann man sich über den aktuellen Wegezustand der Wutachschlucht informieren; und hier finden Sie Tipps zum Wandern im Spätherbst und Winter in der Ravennaschlucht.
Durch beide Schluchten führen Wanderstrecken unterschiedlicher Länge. Hier lesen Sie Wandertipps zur Ravennaschlucht, und hier zur Wutachschlucht.
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