Dieses schöne Ausflugsziel in Baden-Württemberg war einst Schauplatz eines Massenmords

  1. Startseite
  2. Deutschland
  3. Baden-Württemberg

Kommentare

Die Ruine Neuenfels im Schwarzwald lockt Wanderer mit einer herrlichen Aussicht. Doch der malerische Ort hat eine böse Vergangenheit: Im Jahr 1540 wurden dort acht Menschen getötet. Den Täter hat man nie gefasst.

Britzingen – Im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald über dem Ortsteil Britzingen der Stadt Müllheim thront die Ruine Neuenfels auf 596 Metern. Ausflügler begeistert der weite Blick von dort über das Markgräflerland und die Rheinebene bis hin zu den französischen Vogesen. Während sie die friedliche Landschaft bewundern, ahnen viele Besucher allerdings nicht, dass sie am Schauplatz eines der grausamsten ungelösten Verbrechen der Region stehen.

Links oben im Wald steht die Ruine. Von dort aus blickt man auf Britzingen und bis zu den Vogesen.
Links oben im Wald steht die Ruine. Von dort aus blickt man auf Britzingen (Mitte rechts im Bild) und bis zu den Vogesen. © Wikipedia/TdL

Die Burg, deren Form – ein Rechteck mit abgerundeten Ecken – an eine Seifendose erinnert, entstand vor dem Jahr 1250 und wurde 1307 erstmals als Stammsitz der Ritter von Neuenfels erwähnt. Die Familie brachte es zu einigem Einfluss: Ihre Mitglieder verwalteten als sogenannte Burgvögte fremde Festungen im Nachbarort Badenweiler und sprachen als Gerichtsherren Recht in den nahegelegenen Orten Auggen und Neuenburg. Ein Mitglied der Sippe wurde sogar Landvogt – das war ein Statthalter, der im Namen des Landesherrn ganze Landstriche regierte.

Als der Hund nicht mehr kam

Im Jahr 1540 lebte auf der Burg ein Christoph von Neuenfels mit seiner Familie. Sie ließ angeblich regelmäßig ihre dressierte Dogge mit Korb im Maul nach Britzingen hinunter trotten, um Lebensmittel zu holen. Als der vierbeinige Käufer mehrere Tage ausblieb, soll das die Britzinger irritiert haben, weshalb sie zur Burg hinaufstiegen.

Die kuriose Geschichte mit dem einkaufenden Hund ist vielleicht ein Märchen, aber was die Dorfbewohner auf der Burg entdeckten, ein historisch verbürgter Massenmord: Christoph von Neuenfels, seine Frau, eine Tochter, zwei Mägde und das Gesinde – acht Personen insgesamt – lagen erschlagen auf der Burganlage verstreut in ihrem Blut. Auch der Hund war tot. Die Leichen wurden erst am dritten Tag gefunden und in Britzingen begraben.

War es tödliches Mobbing unter Adligen?

Ein Britzinger Chronist, Peter von Kaltenbach, schrieb im Jahr 1635: Die Familie sei „bei Nacht jämmerlich ermordet“ worden. Wer die Bluttat verübte? Ungeklärt. Im Gespräch waren ein Überfall oder eine Intrige – heute würde man sagen: Mobbing – unter Adligen. Neben Mord kursierte auch die Theorie eines gemeinschaftlichen Selbstmords, denn Christoph war hoch verschuldet. Jedenfalls erlosch mit seinem Tod das Geschlecht in männlicher Linie, die Burg wurde als Wohnsitz aufgegeben und verfiel schnell.

Wenn die Ruine im Spätherbst von kahl werdenden Bäumen umgeben ist, wirkt sie besonders mysteriös.
Ist die Ruine im Spätherbst von kahl werdenden Bäumen umgeben, wirkt sie besonders mysteriös. © Wikipedia/Michael Schmalenstroer

Verlassen war die Ruine allerdings nicht, jedenfalls laut dieser Sage: Im Jahr 1780 soll ein Britzinger Schustergeselle beim Haselnüsse-Sammeln einer schönen jungen Frau begegnet sein. Sie führte ihn zu einem versteckten Eingang mit drei Kammern. In jedem der Zimmerchen stand eine Truhe voller Schätze, bewacht von einem schwarzen Hund. Die Schöne versprach dem Gesellen all das Gold, Silber und den Schmuck sowie ewiges Glück, wenn er sie erlöse. Dazu solle er sie an drei Samstagen zur Burg tragen, ohne ein Wort zu sagen.

Der Schustergeselle brach sein Schweigen und wurde dafür brutal bestraft

An den ersten beiden Samstagen löste der Geselle die Aufgabe wie erwünscht schweigend. Am dritten Tag aber fragte eine alte Frau nach dem Weg, woraufhin der junge Mann reflexartig antwortete. Da bebte die Erde, und die Alte verschwand urplötzlich wie ein Geist, weshalb der Schuster entsetzt flüchtete. Unten in Britzingen erzählte er von seinem Erlebnis – und starb kurz darauf.

Die Britzinger glauben zu wissen, wer die geheimnisvolle junge Frau war: die ermordete Tochter des Christoph von Neuenfels. Sie soll nach wie vor unerlöst auf der Ruine spuken. Was in der Mordnacht des Jahres 1540 geschah, ist noch heute ein Geheimnis, das die zwölf Meter hohen, stummen Mauern für sich behalten.

Die Mischung aus ungelöstem Verbrechen, mysteriöser Sage und der Lost Place-Atmosphäre der wildromantischen Ruine mitten im Wald macht den Ort zu einem Wanderziel mit Gänsehautgarantie – hier wird ein Ausflug zum Thriller-Erlebnis.

Sie gruseln sich gerne an verlassenen Orten mit unheimlicher Geschichte? Hier hat unsere Redaktion über ein berühmtes Hotel in Baden-Württemberg berichtet, in dem Geister ihr Unwesen treiben sollen; und hier geht es um die grauenhafte Vergangenheit einer alten Mühle in dem Bundesland.