95, 63, 18. Drei Zahlen, die zeigen, wie unterschiedlich Norwegen, Dänemark und Deutschland beim Thema Mobilität unterwegs sind. Zwischen dem 1. Januar und dem 30. September 2025 entschieden sich
- 95 Prozent der privaten Autokäufer in Norwegen für ein reines Elektroauto (BEV),
- in Dänemark waren es rund 63 Prozent –
- und in Deutschland gerade einmal 18 Prozent.
Norwegen ist schon seit Mitte der 2010er-Jahre unangefochtener Spitzenreiter bei der Elektromobilität. Doch besonders beeindruckend ist der Aufstieg des kleinen Nachbarn Dänemark: 2019 lag der Anteil der E-Autos dort noch bei mageren vier Prozent. Ende dieses Jahres rechnen Expertinnen und Experten bereits mit über 75 Prozent.
Elektroautos scheinen im kleinsten skandinavischen Land längst Teil des „hygge“-Lebensgefühls geworden zu sein – bequem, nachhaltig, modern. Doch was genau passiert da in Dänemark? Und warum läuft der E-Auto-Markt dort auf Hochtouren, während er in Deutschland stottert, rumpelt oder sogar auf der Stelle tritt?
Dänemark: Größte Steuererleichterung in Europa
Einer der Hauptgründe für den Elektroauto-Boom in Dänemark sind die attraktiven Steuervorteile beim Kauf. Anders als viele andere Länder hat Dänemark keine direkten Kaufprämien eingeführt – stattdessen setzt die Regierung auf deutliche Steuererleichterungen bei der Zulassung. Und das lohnt sich: Für einen Elektro-Kleinwagen zahlt man rund 14.000 Euro weniger Zulassungssteuer als für ein vergleichbares Benzinmodell. Laut der Organisation ICCT (International Council on Clean Transportation) ist das der größte Steuervorteil unter allen 31 untersuchten europäischen Ländern – also inklusive der EU-Staaten, Norwegen, Island, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich.
Deutschland ging den entgegengesetzten Weg: Statt auf Steuererleichterungen setzte die Bundesregierung auf direkte Kaufprämien – den sogenannten „Umweltbonus“. Wer sich zwischen Mai 2016 und Dezember 2023 für ein Elektroauto, einen Plug-in-Hybrid oder ein Wasserstofffahrzeug entschied, bekam bis zu 6000 Euro Zuschuss. Insgesamt unterstützte der Staat so den Kauf von rund 2,1 Millionen Fahrzeugen mit alternativem Antrieb und investierte dafür laut Bundeswirtschaftsministerium rund zehn Milliarden Euro.
„Das Förderprogramm war sehr erfolgreich und hat die Elektromobilität in Deutschland entscheidend vorangebracht“, schrieb die damalige Ampelregierung in einer Pressemitteilung am 16. Dezember 2023. Dennoch werde der Bund die Förderung „zeitnah“ einstellen, hieß es in derselben Mitteilung. „Zeitnah“ hieß: einen Tag später. Am 17. Dezember stoppte die Ampelregierung das Programm von heute auf morgen. Die Konsequenz: ein massiver Einbruch bei den E-Auto-Zulassungen in Deutschland.
Laut den Zahlen des Kraftfahrt‑Bundesamt („KBA“) wurden im Jahr 2024 lediglich rund 380.600 rein batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) neu zugelassen – das entspricht einem Rückgang von 27,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Zudem sank der Anteil von Elektroautos an den gesamten Pkw-Neuzulassungen spürbar von 18,4 Prozent (2023) auf 13,5 Prozent (2024).
Trotz Hersteller-Rabatte und Händleraktionen konnte der Wegfall des Förderprogramms die Nachfrage nicht auffangen. „Die abrupte Einstellung der Förderung sorgte für große Verunsicherung – ein Effekt, der bis heute nachwirkt“, schreibt das Branchenportal EnBw.
Das zögerliche Interesse deutscher Käufer an Elektroautos setzt nicht nur die Absatzstatistiken unter Druck, sondern belastet auch die Auto-Hersteller massiv. Ein anschauliches Beispiel liefert Ford in Köln: Das Werk stellte die Produktion des kleinen Fiesta ein und konzentrierte sich stattdessen auf zwei neue Elektro-Modelle – den SUV Explorer und das Retro-Modell Capri. Trotz hoher Investitionen und ambitionierter Verkaufsziele von 200.000 Fahrzeugen pro Jahr wurden bisher nur wenige Tausend Exemplare verkauft. Die Folgen: Kurzarbeit, Unsicherheit bei Mitarbeitenden und erhebliche finanzielle Verluste.
Die Lektion für den deutschen Markt ist klar: Elektromobilität erfordert frühzeitige, strategische Planung, passende Produkte und eine enge Abstimmung zwischen Produktion und Nachfrage – sonst drohen teure Fehlentscheidungen.
Deutschland der kranke Mann Europas auf dem E-Auto-Markt
Experten sehen Deutschland auf dem Autosektor zunehmend in der Krise. Deutschland habe den Trend zur E-Mobilität verschlafen, heißt es unter Experten. Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research warnt bereits seit einem Jahr, dass Deutschland beim E-Auto fünf Jahre an Boden verliert – und vor 2027 kaum eine Kehrtwende zu erwarten ist. Politische Unsicherheiten und fortwährende Debatten tragen den Rückgang weiter mit.
Langsam kommt jedoch wieder Bewegung in den Markt: Im September 2025 wurden laut ADAC 45.495 reine Batterie-Pkw (BEV) neu zugelassen – ein Anteil von 19,3 Prozent und fast 32 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Trotzdem bleibt Deutschland in Europa weit hinter den Spitzenreitern zurück. Neben Norwegen und Dänemark liegen auch Schweden, die Niederlande und Belgien deutlich voraus, während Deutschland noch immer im „Mittelfeld“ kämpft.
Was Deutschland vom dänischen E-Auto-Boom lernen kann
Von den Berg- und Talfahrten, die deutsche Käufer und Hersteller bei der Elektromobilität erleben, bleibt Dänemark verschont. Dort geht es mit E-Autos nur eine Richtung: nach oben. Ein entscheidender Grund: In Dänemark gibt es kein ständiges Hin und Her. Keine kurzlebigen Prämien, keine endlosen Diskussionen über das Verbrenner-Aus – stattdessen klare, stabile Regeln.
Die Regierung setzt auf dauerhafte Steuervergünstigungen für Privat- und Dienstwagen. Flottenkunden und Firmen konnten so früh und massiv auf voll-elektrische Fahrzeuge (BEV) umstellen. Stabilität und Vorhersehbarkeit schaffen Vertrauen – und treiben Nachfrage und Flottenwechsel an.
Allerdings hinkt der Vergleich ein wenig: Deutschland ist ein riesiger, heterogener Markt. Unterschiedliche Kaufgewohnheiten und regionale Unterschiede machen es deutlich schwieriger, die Nachfrage so effektiv zu steuern wie in einem kleinen Land mit sechs Millionen Einwohnern - und der hiesigen Automobilbranche, die der Bundespolitik auch ordentlich Druck machen kann.
Die große Ladesäulen-Lücke
Auch bei der Ladesäuleninfrastruktur holt Deutschland zwar auf: Laut Bundesnetzagentur gibt es inzwischen etwa 161.700 öffentlich zugängliche Ladepunkte, darunter rund 36.300 Schnelllader. Doch während die Versorgung in den Städten immer besser wird, fehlt sie auf dem Land vielfach. In fast jeder zweiten deutschen Kommune gibt es laut Bundesverkehrsministerium keine funktionierenden Ladestellen für E-Autos.
In Dänemark sieht das ganz anders aus. Das Ladesäulennetz ist vor allem entlang der Hauptverkehrswege gut ausgebaut. Auf 1000 Einwohner kommen 3,9 Ladepunkte, in Deutschland nur 1,85. Zudem haben viele dänische Haushalte privaten Zugang zu Ladepunkten, was die Entscheidung für ein Elektroauto zusätzlich erleichtert. Die Eigenheimquote von 60 Prozent spielt dabei ebenfalls eine Rolle – in Deutschland sind es nur 47 Prozent.
Neben Infrastruktur und Steueranreizen sorgt auch der typische Hygge-Faktor für die Begeisterung für E-Autos in Dänemark. Das gemütliche Lebensgefühl – Kerzenlicht, Freunde, Familie – lässt sich offenbar perfekt mit dem eigenen Elektroauto verbinden.
Registrierungssteuer und Kfz-Steuer
- Dänemark: reduzierte Registrierungssteuer für emissionsfreie Autos (40% im Jahr 2025);
- Deutschland: keine höhere Registrierungssteuer, sondern eine Kfz-Steuer basierend auf CO2-Emissionen und Hubraum.
BEV-Anteil (vollelektrische Fahrzeuge) an Neuzulassungen Jan-Sep 2025
- Dänemark: 63,8%
- Deutschland: 18,1%
Ladepunkte
- Dänemark: 3,9 pro 1000 Einwohner
- Deutschland: 1,81 pro 1000 Einwohner
Eigenheimquote:
- Dänemark: 60 Prozent
- Deutschland: 47 Prozent