Eine schwere Panne bei einer Bundeswehr-Großübung wirft Fragen auf: Weshalb waren Polizei und Kommunen nicht besser informiert? Der Innenminister macht klar, wer für ihn keine Schuld trägt.
München/Niederaichbach – Bayerns Innenminister Joachim Herrmann nimmt die Polizei nach dem Schuss auf einen Soldaten bei einer Großübung im Landkreis Erding in Schutz und verweist damit indirekt auf die Bundeswehr. Es sei „bereits jetzt offenkundig, dass das Kommunikationsdefizit nicht bei der Regierung oder der Polizei lag“, sagte der CSU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in München. Derweil teilte die Bundeswehr mit, sie habe ihre Kommunikationswege überprüft und intensiviert.
Bayerns Innenminister nimmt Polizei nach Schuss auf Soldaten in Erding in Schutz
Herrmanns belegt seine Argumentation mit einer Nachfrage der Polizei beim Feldjägerregiment der Bundeswehr unmittelbar vor dem Schusswechsel: „Als dann am Abend des 22. Oktober über den Notruf die Mitteilung über eine bewaffnete Person in Altenerding einging, rief die Polizei beim zuständigen Feldjägerregiment der Bundeswehr an und erkundigte sich, ob dies Teil der Übung wäre. Dies wurde von dort zunächst explizit verneint. Somit musste die Polizei von einer echten Bedrohung ausgehen“, sagte er.
Die Bundeswehr hat inzwischen ihre Kommunikationswege überprüft und intensiviert. Oberst Marco Langhorst verteidigt dennoch das grundsätzliche Vorgehen bei solchen Übungen. Vor dem Abschluss der mehrtägigen Übung, erklärte er, dass in dynamischen Lagen – wie sie geübt werden sollten – das militärische Führungspersonal sehr schnell handeln müsse, ohne die Lagen vorher zu kennen. „Das führt auch dazu, dass ich nicht alle Ortsangaben, alle Zeitangaben, alle Straßen, alle Plätze im Vorfeld bekanntgeben kann, weil der militärische Führer, das Führungspersonal, das dort eingesetzt ist, entsprechend reagieren muss“, sagte er bei einem Medientag in Niederaichbach.
Stadt Erding kritisiert Kommunikation zur Übung – völlig unnötige Verunsicherung
Die Stadt Erding sieht das anders. Ein Sprecher räumte im Gespräch mit der dpa ein, dass die Stadt zwar grob über die bevorstehende Übung informiert worden sei, jedoch ohne konkrete Angaben zu Inhalten oder Örtlichkeiten. Besonders kritisch: Der Schusswechsel ereignete sich neben einem Sportgelände, auf dem Kinder trainierten. Sie mussten aufgrund der Schussgeräusche in Umkleidekabinen in Sicherheit gebracht werden – aus Sicht der Stadt eine völlig unnötige Verunsicherung.
General Sandro Wiesner betonte bei dem Medientag in Niederaichbach (Landkreis Landshut) den Willen zur Aufklärung: „Wir haben ein ureigenes Interesse daran, dass so etwas nicht wieder passiert.“ Die Bundeswehr unterstütze die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen in dem Fall, der „Gott sei Dank glimpflich abgelaufen“ sei.
Bei Übung in Erding: Bundeswehr-Angehöriger wird bei Schusswechsel mit Polizei verletzt
Im Landkreis Erding war der Start des ersten Übungsszenarios der Bundeswehr erst für den 23. Oktober angekündigt gewesen. Am Abend zuvor war es aber im Landkreis Erding zu Beginn der Bundeswehr-Großübung „Marshal Power“ zu einem schwerwiegenden Zwischenfall gekommen. Ein Bundeswehr-Angehöriger mit Schusswaffe war von einem Bürger als möglicher Gefahrenherd erkannt worden, er hatte die Polizei informiert. In der Folge kam es zu einem Schusswechsel, der Bundeswehr-Feldjäger wurde leicht verletzt.
Nach dem Vorfall wurde die Übung zunächst unterbrochen, dann aber in Abstimmung mit dem Innenministerium und den Polizeibehörden fortgesetzt. Als Konsequenz intensivierte die Bundeswehr ihre Kommunikation, richtete ein Bürgertelefon ein und stand in engem Kontakt mit den Behörden. „Wir haben nahezu eine Standleitung mit den Polizeibehörden gehabt. Wir haben sämtliche Lagen noch mal in Richtung der Landratsämter kommuniziert“, erläuterte Oberst Langhorst.
Oberst zieht dennoch positives Fazit: Verzahnung zwischen Beteiligten hat „sehr gut funktioniert“
Die Grünen im Landtag fordern angesichts der offenkundigen Kommunikationspanne einen umfassenden Bericht Herrmanns am 12. November. Der Innenminister zeigte sich dazu bereit und hoffe, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Landshut bis dahin entsprechend vorangeschritten seien.
Trotz des Zwischenfalls zog Oberst Langhorst ein positives Fazit: „Die enge Verzahnung zwischen Rettungsdiensten, Polizei, zivilen Behörden hat hier nicht nur gut funktioniert, sondern hat sehr gut funktioniert.“ Dennoch sollen Lehren aus der Übung gezogen werden: „Die Stellen wollen und werden sich nach dieser Übung zusammensetzen. Es gilt, dass wir bei einer nächsten Übung oder gar bei einer realen Krise besser aufgestellt sind zur Sicherheit der Menschen in unserem Land.“ (Quelle: dpa) (mara)