Warum Südafrika jetzt das stilvollste Reiseziel der Welt ist

In den Kruger-Nationalpark reisen alle. Wir jedoch fliegen in einer Cessna nach Madikwe, ein 750 Quadratkilometer großes, malariafreies Wildreservat mit Buschland und Savanne nahe der Grenze zu Botswana, unweit der Kalahari. Selbst viele Südafrika-Experten kennen diesen tierreichen Park nicht, der erst 1991 eröffnet wurde. Damals siedelten Naturschützer mit Unterstützung der Regierung im Rahmen der „Operation Phoenix“ rund 8.000 Tiere aus anderen Nationalparks auf dem ehemaligen Farmland an. Sieben Jahre dauerte der Umzug der Arche Noah. Heute leben rund eineinhalbmal so viele Wildtiere in Madikwe, die sich hier pudelwohl fühlen, darunter mehrere Hundert Elefanten.

Auch für das niederländische Ehepaar Ed und Anka Zeeman ist Madikwe zu einer zweiten Heimat geworden. Es ist Eigentümer der an den Park angrenzenden Privat-Konzession Morukuru mit drei eleganten Lodges, die nur exklusiv von Gruppen gebucht werden können. Mehr Privatsphäre geht nicht. Uns dient das elegante Farm House als Basislager für ausgedehnte Pirschfahrten, auf denen wir Spitzmaulnashörner aus nächster Nähe beobachten. Auch die anderen Mitglieder des Clubs der „Big Five“ (Elefant, Büffel, Löwe, Leopard) lassen sich nicht lumpen und geben sich die Ehre. Wer Glück hat, sieht sogar die seltenen Wildhunde. Anderen Safari-Gästen begegnet man dabei nur selten – was für ein Kontrast zum Kruger-Park, in dem es schon einmal passieren kann, dass sich zwei Dutzend Fahrzeuge um einen einzigen Löwen balgen.

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Delaire Graff Garden Lodge Günter Kast

Natürlich hat das seinen Preis. Aber erstens sind im Vergleich zu Botswana selbst die Top-Lodges in Südafrika ein Schnäppchen. Zweitens schont die schwache Landeswährung die Reisekasse. Und drittens unterstützt man die lokale Bevölkerung, denn einen Teil des Umsatzes stecken die Zeemans in Community-Projekte. Der Sundowner auf einem Bergrücken hoch über dem Park lässt sich deshalb mit einem guten Gefühl genießen, während das Team des Farm House saftige Stücke vom Springbock und anderen Antilopen auf den Grill legt für das landestypische Braii, wie ein Barbecue auf Afrikaans heißt. Während die Sonne wie ein glühender Feuerball hinter dem Horizont versinkt, zieht unter uns eine Herde Elefanten vorbei. Die grauen Eminenzen wirbeln den roten Staub der Savanne auf, der die Akazien in ein weiches Licht hüllt. Es ist ein Bild von Afrika – klischeehaft, und dennoch unendlich schön.

Während der Pandemie hatten die Propheten des Untergangs ein Schreckens-Szenario für die Republik Südafrika gezeichnet: Das Land mit seiner größtenteils armen, schwarzen Bevölkerung werde im Chaos versinken und für Jahrzehnte nicht mehr auf die Beine kommen. Tatsächlich manövrierte die Regenbogen-Nation ganz ordentlich durch die viralen Zeiten. Die beim Kampf gegen die Seuche AIDS gesammelten Erfahrungen halfen dabei enorm. Allerdings blieb in der Tourismusbranche kein Stein auf dem anderen. Restaurants und Hotels waren geschlossen, Alkohol durfte zeitweise überhaupt nicht mehr verkauft werden. Die Weingüter des Landes traf das hart, viele Menschen verloren ihren Job. Noch mehr kehrten der Tourismusbranche mit ihrer unsicheren Zukunft komplett den Rücken.

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Felix-Studios-Ellerman-Rooms Günter Kast

Ein halbes Jahrzehnt danach ist zwar nicht alles wieder gut, zumal noch immer der korrupte ANC den Präsidenten stellt. Aber immer mehr Schwarze scheinen verstanden zu haben, dass die ehemaligen Kämpfer gegen das Apartheid-Regime vor allem in die eigenen Taschen wirtschaften. Sie geben deshalb der Democratic Alliance ihre Stimme, die seit 2024 auf nationaler Ebene mitregiert und in der Provinz Westkap sogar den Premier stellt. Vor allem dort, an der Südspitze Afrikas in und um Kapstadt, finden Reisende, die Wert auf ein stilvolles Ambiente und kulinarisch hochstehende Erlebnisse legen, viele spannende Adressen. Kapstadt ist ein Schmelztiegel der Kulturen, entsprechend bunt ist die gastronomische Welt.

Einer der Stars der Szene ist Peter Tempelhoff. Nach Lehrjahren in Europa und Japan in mit Michelin-Sternen dekorierten Lokalen kehrte er ans Kap zurück und brachte mit dem FYN sein eigenes Projekt an den Start. FYN steht für „Fynbos“ (feiner Busch), die für die Kap-Region typische und extrem artenreiche, immergrüne Vegetation, ähnlich der mediterranen Macchia. Tempelhoffs Team verwendet alle diese Pflanzen, zum Beispiel wilden Rosmarin, und integriert sie in die afro-japanische Fusion Cuisine. Er bedient sich aber auch aus dem Ozean, sammelt Algen, Kelp und „Dünen-Spinat“ (Tetragonia), um diese Schätze mit frischem Meeresgetier zu servieren. Heraus kommt dabei eine Hochküche, die Tempelhoff 2022 den Titel „Bestes Restaurant Afrikas“ einbrachte und ihn auf Rang 60 der „World’s 50 Best Restaurants“ katapultierte. Das FYN wurde zudem 2023 als einziges Lokal des gesamten Kontinents in die renommierte Hotel-Vereinigung Relais & Châteaux eingeladen, die sonst meist nur Adressen mit Übernachtungs-Option aufnimmt.

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Felix-Studios-Fyn-Foraging-Jun 2025 Günter Kast

Einen großen Anteil daran hat Tempelhoffs kongeniale Sommelière Jennifer Hugé. Die gebürtige Französin pairt die Teller mit den besten Weinen, die das Kap zu bieten hat. Zum Dessert entkorkt sie sogar einen 2010er „Vin de Constance“ von der legendären Domaine Klein Constantia am Fuße des Tafelberges. Napoleon Bonaparte liebte diesen Tropfen so sehr, dass er ihn sich auf dem Sterbebett an seinem Verbannungsort Sankt Helena kredenzen ließ. Von bester Qualität sind übrigens auch die Weine der Buitenverwachting Wine Farm, ebenfalls im Tal von Constantia gelegen, wo Tempelhoff seine Fynbos-Pflanzen züchtet und mit dem „Beyond“ ein weiteres Restaurant betreibt. Buitenverwachting ist seit den 1980er Jahren im Besitz der Hamburger Familie Müller. Lars Maack, Christine Müllers Sohn und Miteigentümer, kümmert sich persönlich um das Tagesgeschäft und die Vermarktung.

Natürlich ist Starkoch Tempelhoff inzwischen auch an Kapstadts quirliger Waterfront mit Lokalen vertreten. Von dort ist es nur ein Katzensprung zum Ellerman House. Das Fünf-Sterne-Boutique-Hotel in der Kloof Road im noblen Vorort Bantry Bay hoch über dem Atlantik und unweit der berühmten Strände von Clifton war einst die herrschaftliche Residenz von Sir John und Lady Esther Ellerman aus der berühmten Reeder-Familie. Mit nur elf Zimmern, zwei Suiten und zwei Villen ist die Hotel-Ikone so klein, dass man sich hier schnell wie zuhause fühlt, wie in einem großen Wohnzimmer. Das liegt auch daran, dass dieses geschichtsträchtige Anwesen so behutsam restauriert wurde, dass es weiter den Glanz des frühen 20. Jahrhunderts verströmt, gleichzeitig aber alle modernen Annehmlichkeiten bietet, die anspruchsvolle Gäste heute erwarten. Und natürlich tragen auch die Original-Kunstwerke aus der großen Privatsammlung des jetzigen Besitzers Paul Harris dazu bei, die im ganzen Haus hängen. Harris hat als Teilhaber einer renommierten Galerie einen repräsentativen Querschnitt südafrikanischer Kunst zusammengetragen.

Südafrika
Südafrika Günter Kast

Selbst ein Regentag vergeht im Ellerman House deshalb wie im Flug. Scheint dann wieder die Sonne, bittet man den Concierge, eine Ausfahrt auf dem Rücksitz einer Harley Davidson zu organisieren, um im „Easy-Rider-Stil“ über die Kap-Halbinsel zu cruisen. Oder man lässt sich einen Rundflug mit dem Hubschrauber buchen, bei dem man die Kap-Pinguine mal aus der Vogelperspektive sieht. Abends hat man dann wieder genug Appetit, um sich im Mai 2025 eröffneten Fine-Dining-Restaurant „Curate“ des Hotels verwöhnen zu lassen. Küchenchef Kieran Whyte arbeitete die vergangenen fünf Jahre eng mit Peter Tempelhoff zusammen, auch er bietet den lokalen Aromen des Kaps eine würdige Bühne. Ein besonderer Hingucker im „Curate“ ist die Wein-Galerie, eine Installation des einheimischen Künstlers Angus Taylor. Sie ist für einen Teil der 10.000-Flaschen-Sammlung zur neuen Heimat geworden.

Das Ellerman House ist übrigens auch das „Basislager“ für eine Spritztour in die Antarktis. „Greatest Day“ heißt der eintägige Ausflug: Maximal zwölf Passagiere werden mit einer Gulfstream des Veranstalters „White Desert“ ins ewige Eis geflogen, wo sie sich nach einem Champagner-Picknick drei Stunden lang mit maßgeschneiderten Soft Adventures vergnügen. Zum Sundowner ist man dann bereits wieder zurück im Hotel in Kapstadt. Zugegeben: Mit 16.000 US-Dollar reißt die Spritztour ein etwas größeres Loch in die Reisekasse. Die einwöchige Tour „Südpol und Kaiserpinguine“ ist da mit 110.000 Dollar fast schon günstig – und hinterlässt einen nur unwesentlich größeren CO2-Abdruck auf dem siebten Kontinent.

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Wineproduction_DelaireGraff_©Torch Günter Kast

Zweifellos nachhaltiger ist ein Besuch der Weinbauregion im Hinterland von Kapstadt, wo ein Fünftel aller südafrikanischen Weine gekeltert werden. Ein Muss ist dabei eine Verkostung bei Delaire Graff Estate, am Helshoogte Pass zwischen Stellenbosch und Franschhoek gelegen, wo die kühle Atlantik-Brise Rebensäfte von unvergleichlicher Eleganz reifen lässt. Ein Tasting dort dürfte allerdings auch die Augen eines jeden Connaisseurs zum Leuchten bringen, denn das Team um den Eigentümer Laurence Graff hat das 100 Hektar große Anwesen zu einem absoluten Juwel der Winelands gemacht. „Juwel“ ist dabei durchaus wörtlich zu verstehen. Der in London geborene Milliardär ist der Gründer von „Graff Diamonds“, einem der weltweit renommiertesten Juwelier-Unternehmen mit eigenen Minen in Südafrika.

Graff, der auch in Immobilien investiert, scheute keine Kosten, um den Anspruch, den er an seine Weine hat, auch auf die Bereiche Kunst, Kulinarik und Wohnen auszuweiten und das Estate zu einem Hort luxuriöser Gastfreundschaft zu machen. Man schläft hier in stilvoll eingerichteten Chalets mit Privatpool und freiem Blick auf das Tal von Stellenbosch, im Spa wird man äußerst professionell durchgeknetet. Danach wechselt man ins Haupthaus, wo sich Graffs Kunstsammlung befindet, zu der auch eines der berühmtesten Gemälde der Welt gehört, das „Chinesische Mädchen“ von Vladimir Tretchikoff aus dem Jahr 1952, das eine junge Frau mit ungewöhnlich grünlich-blauer Haut zeigt. Das Werk erlangte durch seine Massenauflagen weltweite Bekanntheit und zählt zu den am häufigsten replizierten Kunstwerken des 20. Jahrhunderts. Als Modell posierte Monika Sing-Lee, die damals 17-jährige Tochter eines Wäschereibesitzers aus Kapstadt.

Klar, dass auch Foodies bei Delaire Graff auf ihre Kosten kommen: Sie können zwischen gleich drei Restaurants wählen. Geografisch reicht das Spektrum von Südafrika (The Delaire Graff Restaurant) über Italien (Lorenzo‘s) bis Japan, wo man im neuen Fine-Dining-Lokal Hōseki (japanisch für Juwel, was sonst) frischen Fisch aus den nahen Ozeanen und zartes Wagyu-Beef von lokalen Erzeugern genießt. Das kostet zwar mehr als ein Restaurantbesuch anderswo in den Winelands, aber im Vergleich zu Japanern in München, Zürich oder Paris ist es dank der Rand-Schwäche ein echter Schnapp. Das gesparte Geld kann man dann in eine dramatische Abreise investieren, denn natürlich verfügt das Weingut auch über einen eigenen Hubschrauberlandeplatz.

Morukuru Family Madikwe - Farm House firepit overlooking waterhole
Morukuru Family Madikwe - Farm House firepit overlooking waterhole Günter Kast

So geht es nach Südafrika

Einreise/Anreise

Für die Einreise nach Südafrika genügt ein mindestens noch sechs Monate gültiger Reisepass. Star-Alliance-Mitglied Turkish Airlines (www.turkishairlines.com) fliegt von deutschen Flughäfen via Istanbul nach Kapstadt.

Lodges, Hotels und Restaurants

Ellerman House: www.ellerman.co.za, FYN: www.fynrestaurant.com, Delaire Graff Estate: www.delaire.co.za, Weingut Buitenverwachting und Restaurant Beyond: https://buitenverwachting.com, Morukuru Family: https://morukuru.com

Relais & Châteaux

Die im Text vorgestellten Adressen sind allesamt Mitglieder bei Relais & Châteaux (www.relaischateaux.com), der 1954 in Frankreich gegründeten Vereinigung von Luxushotels und Restaurants. 2024 hatte die Gruppe 580 Mitglieder in 65 Ländern auf allen fünf Kontinenten. Es gelten strenge Aufnahmekriterien. In Deutschland gibt es 19 Mitglieder, in Südafrika zehn.