"Beamtensystem ist reformbedürftig“: Leser diskutieren Fehlzeiten in NRW

Zahlreiche Langzeit-Krankmeldungen im nordrhein-westfälischen Beamtenapparat und die niedrige Zahl amtsärztlicher Prüfungen provozieren eine vielschichtige Leserdebatte.

Während etliche Leser das System der Beamtenprivilegien scharf kritisieren und Missbrauch wittern, entsteht ein Gegengewicht durch Stimmen, die die besondere Belastung von Lehrern und anderen Beamtenberufen betonen und auf differenzierte Regelungen drängen. Daneben fordern nicht wenige eine grundlegende Reform des Beamtensystems und prangern fehlende Konsequenzen sowie politische Untätigkeit an. 

Verteilung der Meinung zu "Perspektivenvielfalt: Zwischen Kritik, Verständnis und Ruf nach Reformen"
Übergreifend zeigt sich eine von Skepsis und Reformeifer geprägte Grundstimmung, in der sowohl soziale Gerechtigkeit als auch Leistungsanreize in Frage stehen. FOCUS Online

Kritik an einem überzogenen Sonderrechtssystem für Beamte

Mit einem Anteil von 22 Prozent werfen zahlreiche Leser dem Beamtentum überbordende Sonderrechte und soziale Privilegien vor, insbesondere bei Krankheit. Sie sehen eine unfaire Behandlung gegenüber anderen Berufsgruppen, beklagen fehlende Konsequenzen und befürchten, dass der Steuerzahler letztlich für missbrauchte Krankmeldungen aufkommt.

"Dieses Phänomen zieht sich durch das gesamte Beamtentum in Deutschland. Keine Sonderbehandlung für Beamte, es gibt keinen Grund dafür."  Zum Originalkommentar

""2800 NRW-Beamte sind dauerkrank" Bei vollem Gehalt über Jahre. Während der Maurer oder Klempner nach 6 Wochen zur Krankenkasse muss und dann später ausgesteuert wird."  Zum Originalkommentar

"Dieses spezielle Beamtenstatus mit seinen Vorteilen ist wahrscheinlich einzigartig auf der Welt. Die Beamten sind sozial abgesichert bis zum Eintritt des Todes. Zahlt alles der Steuerzahler."  Zum Originalkommentar

"Das ausufernde Beamtentum und Sonderrechte machen das möglich. Ich habe oft genug (im ÖD) bemerkt, dass man ohne Urlaubsantrag oder FZA-Antrag daheim blieb, weil man jemand hatte, der das vertuscht hat am Arbeitsplatz. Gang und gäbe."  Zum Originalkommentar

"Ja, so ist das nun mal bei den Beamten, kann ja nichts passieren, egal ob sie arbeiten oder nicht, die Kohle kommt, und man braucht niemals auf ein Arbeitsamt."  Zum Originalkommentar

Sorge um das Lehrpersonal im Bildungssystem

14 Prozent der Leser zeigen Verständnis für die hohe Zahl kranker Lehrer und sehen darin einen Ausdruck extremer Belastung und eines kriselnden Bildungssystems. Sie bemängeln Unterrichtsausfälle, mangelnde Freude an der Arbeit und fordern grundlegende Reformen, damit Lehrkräfte und Schüler wieder motiviert lernen und lehren können.

"Fast die Hälfte als Lehrer tätig - Gerade in NRW und noch dazu in Städten als Lehrerin oder Lehrer durchzuhalten verlangt eine äußerst robuste Gesundheit, da bleiben eben viele auf der Strecke."  Zum Originalkommentar

"An der Schule meiner Kinder sind mehrere Lehrer dauerkrank. Die meisten von denen haben wir noch nie gesehen. Aber sie zählen offiziell zur Lehrerschaft und sollten eigentlich Unterricht geben. Da dies natürlich nicht passiert, fallen jedes Jahr alleine an der Schule tausende von Unterrichtsstunden ersatzlos aus. Wundert sich da noch jemand über die jedes Jahr schlechteren schulischen Leistungen in diesem Land? Wenn schon die Lehrer durch so ein Verhalten keine Lust demonstrieren, wie will man das von den Schülern erwarten?"  Zum Originalkommentar

"Diese Krankschreibungen betreffen nicht die Lehrer, sondern das Bildungssystem. Niemandem macht dieser Beruf noch Spaß, selbst bei bestem Willen und ehrenamtlichem Engagement nicht mehr. Hier sind radikale Reformen erforderlich, auf allen Ebenen."  Zum Originalkommentar

"Wenn ich mir die Schulklassen in NRW so anschaue, dann kann ich mir schon sehr gut vorstellen, warum so viele Lehrer dauerkrank sind!"  Zum Originalkommentar

Forderung nach Reform des Beamtensystems

Einige Kommentatoren (13 Prozent) fordern substanzielle Veränderungen im Beamtensystem. Sie kritisieren die fehlende Leistungsorientierung, schlagen eine massive Reduzierung der Beamtenzahl und effektivere Kontrollen vor und halten das gegenwärtige System für ineffizient und missbrauchsanfällig.

"Das ganze Beamtensystem gehört reformiert. Da verschwinden Milliarden nutzlos, mit denen man Vernünftigeres machen könnte. Aber ich hab vergessen, Deutschland belohnt das Nichtstun und bestraft Leistung."  Zum Originalkommentar

"Das Beamtentum ist ein einziger Fehlanreiz und unzeitgemäß. Vielleicht täte es diesem dysfunktionalen Staat gut, sich Gedanken zu machen, wer wirklich zwingend verbeamtet werden sollte und Reformen angehen. Wenn es weniger Beamte gibt, ist die amtsärztliche Überwachung auch realistischer."  Zum Originalkommentar

"Ein weiterer Beweis, dass Lehrer keine Beamte sein sollten! Auch die anderen Beamtenstellen sollten überprüft werden, ob es nötig ist, Beamter zu sein!"  Zum Originalkommentar

"Das Problem lässt sich schnell lösen, wenn man nur wollte. In keinem anderen Land der Welt sind Lehrer Beamte. Die Kettensäge wäre auch hilfreich, damit könnten auch weitere staatliche Faulenzer schnell entlarvt werden."  Zum Originalkommentar

Kritik an der amtsärztlichen Überprüfung

Elf Prozent der Leser heben die komplexen Abläufe und Limitierungen bei amtsärztlicher Überprüfung hervor. Sie plädieren für allgemeine Prüfpflichten, fordern Sanktionen bei Verweigerung und mahnen eine nachvollziehbare, aber faire Behandlung an, die Missbrauch ausschließt und die Entwicklung tatsächlich kranker Beamter berücksichtigt.

"Zunächst muss festgehalten werden, dass eine Krankheit vorliegt. Die hat zuerst ein niedergelassener Arzt oder ein Krankenhaus festgestellt. Wenn der Patient nicht bettlägerig krankgeschrieben wurde, darf er sich durchaus geringen Belastungen aussetzen. Soweit so gut. Wenn aber die Krankheit länger anhält, muss ein Vertrauensarzt eingeschaltet werden, hier also der Amtsarzt. Warum der nicht oder zu spät eingeschaltet wird, warum er vielleicht zu oberflächlich gehandelt hat, das muss untersucht werden. Auch das mögliche Verschulden des Patienten durch Falschaussage, Terminverweigerung etc. sollte untersucht werden. Der Beamte hat nämlich eine Mitwirkungsobliegenheit bei der Klärung der Gesundheitszustände. Kompliziert das Ganze, klar, aber der korrekte Ablauf muss immer gesichert sein."  Zum Originalkommentar

"Das Problem ist ganz einfach zu lösen: Die Vorstellung beim Amtsarzt wird verpflichtend für alle. Ansonsten sollte der Entzug der Bezüge angeordnet werden."  Zum Originalkommentar

"Und was kam bei den 1552 Untersuchungen raus, sind die jetzt wirklich krank oder nicht?"  Zum Originalkommentar

"Die Frage ist doch, was die Amtsärzte dann feststellen. Nicht jeder Langzeitkranke ist ein Simulant. Die Verallgemeinerungen hier sind schon verächtlich. Wenn Beamte nicht mehr dienstfähig sind, kommen sie in die lukrative Frühpensionierung und der Staat zahlt umso mehr Jahre ohne Aussicht auf Gegenleistung. Da macht es doch Sinn, bei wirklich Kranken die Entwicklung zu beobachten. Nach den Informationen gibt es ja viele Beamte, die wieder zurückkommen können."  Zum Originalkommentar

Kritik am umfassenden Kündigungsschutz

Rund 7 Prozent der Diskussionsteilnehmer kritisieren den umfassenden Kündigungsschutz für Beamte. Sie bewerten ihn als Hindernis für echte Reformen und Konsequenzen sowie als Ursache für negative Entwicklungen im öffentlichen Dienst.

"In privaten Unternehmen wäre das schon geklärt."  Zum Originalkommentar

"Und dann wird den Beamten auch noch - wie heute zu lesen - eine dicke Gehaltserhöhung - auch noch rückwirkend - hinterhergeworfen. Jeder Angestellte bekäme da die Kündigung."  Zum Originalkommentar

"Das ausufernde Beamtentum und Sonderrechte machen das möglich. Ich habe oft genug (im ÖD) bemerkt, dass man ohne Urlaubsantrag oder FZA-Antrag daheim blieb, weil man jemand hatte, der das vertuscht hat am Arbeitsplatz. Gang und gäbe."  Zum Originalkommentar

"Das Problem ist ganz einfach zu lösen: Die Vorstellung beim Amtsarzt wird verpflichtend für alle. Ansonsten sollte der Entzug der Bezüge angeordnet werden."  Zum Originalkommentar

Kritik an politischer Handlungsunlust und Strukturverkrustung

Ebenfalls 7 Prozent machen die Landesregierung und die systembedingte Selbstverwaltung für die Missstände verantwortlich. Sie bemängeln fehlende Konsequenzen in Politik und Chefetagen und sehen Handlungsunwillen als systemimmanentes Problem.

"Für jene, denen der Begriff Dienstherr nichts sagt: In diesem Fall ist es das Land Nordrhein-Westfalen, genauer gesagt die jeweilige oberste Landesbehörde, also die Ministerien. Heißt: CDU/SPD & Co., die hier nach Änderungen rufen, sind selber verantwortlich und erst nach den jüngsten Fällen genötigt worden, sich mal zu Wort zu melden. Fakt ist: Sie haben ihre Arbeit nicht gemacht! Konsequenzen in ihren eigenen Reihen wieder mal keine."  Zum Originalkommentar

"Das ist alles systembedingt und so gewollt. Verwaltet wird dieses System von Beamten, und die werden sicher nichts daran ändern. Stattdessen nimmt man mal wieder der arbeitenden Schicht in der freien Wirtschaft etwas weg. Beispiele gibt es genug. Aufregen hilft daher nichts."  Zum Originalkommentar

"Interessant die unterschiedlichen Blickwinkel. CDU: Ausscheiden aus dem Dienst, FDP: Klientel schlüpft hindurch, SPD: Ursachen Langzeiterkrankungen prüfen. Welche Haltung ist zur Verbesserung des Bildungssystems wohl zielführend?"  Zum Originalkommentar

Differenzierte Wahrnehmung von Belastung und Privileg

Mit einem Anteil von 6 Prozent betonen Leser die Unterschiede und besonderen Herausforderungen in unterschiedlichen Beamtenberufen, insbesondere bei Polizei und Lehrern, sowie psychische und strukturelle Belastungsfaktoren, die Langzeiterkrankungen begünstigen können.

"Ich finde es interessant, wie man von Lehrern auf Polizisten ausreicht. Insbesondere wenn man weiß, wie groß die Gefahr ist, dass ein Polizist längerfristig dienstbedingt erkrankt. Wenn ein Polizist angeschossen wird oder zusammengeschlagen wird, weiß der Dienstherr, was passiert ist. Und wenn er diesen Kollegen in den Zwangsruhestand versetzt, stellt sich ganz schnell für seine Kollegen die Frage, welches Risiko sie noch im Einsatz eingehen. Ich hoffe, das sieht bei Lehrern nicht genauso aus und es redet keiner darüber."  Zum Originalkommentar

"Bei Polizisten ist es der Druck von oben, es ist wie überall in der freien Wirtschaft. Wenn sie der Chef nicht mag und entsprechend fördert, ist Karriere am Ende. Bei Lehrern sind es viele Faktoren: zuallererst haben sie zu viel Zeit (z. B. um über ihre Probleme nachzudenken und dadurch Depressionen zu bekommen). Zweitens haben Lehrer bestimmte Wertvorstellungen (meist nur ihre eigenen). Andere kommen damit nicht klar oder nur, wenn sie müssen, was oft zu Konflikten führt. Und drittens: Lehrer kommen selbst mit ihren Wertvorstellungen in Konflikt, wenn sie in der Realität ankommen und merken, dass die Stadtbilder, die sie eigentlich fördern wollen, sich von ihnen nichts sagen lassen. Die schicken im Zweifel lieber den großen Bruder vorbei, der das regelt. Es mag Ausnahmen geben, aber wenige."  Zum Originalkommentar

"Stiller Protest, würde ich sagen, und Überforderung mit der schulischen "Situation" seit 2015."  Zum Originalkommentar

Sarkastische und ironische Kommentare

Mit den verbleibenden 20 Prozent mischen sich ironische, sarkastische und pointierte Beiträge in die Diskussion. Sie machen sich über die stetig steigende Staatsquote lustig und karikieren das Beamtenleben als humorvolles Kuriosum.

"Bald gibt es in Deutschland sowieso eine Staatsquote von 100 Prozent, es werden also alle direkt beim Staat beschäftigt sein. Dieses Mal läuft es auch besser als in der DDR, man lernt schließlich aus den Fehlern. Ironie aus."  Zum Originalkommentar

"Es gibt ein Lied, das ich leicht umwandle: "Lustig ist das Beamtenleben ..-""  Zum Originalkommentar

"Lehrer war in Deutschland schon immer einer der härtesten Jobs vor Stahlwerker oder Kohlekumpel."  Zum Originalkommentar

Wie sehen Sie die Debatte: Sichern Privilegien den öffentlichen Dienst oder brauchen wir mehr Leistungsorientierung und Kontrolle für Beamte – auch in sensiblen Bereichen wie Schule und Polizei? Oder sollte das Beamtentum insgesamt reformiert werden? Schreiben Sie uns Ihre Meinung in die Kommentare!

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