Von der Villa am Schwarzen Meer zurück nach Westeuropa: Ein Rentner-Paar gibt den Traum vom Ruhestand im Ausland auf – aus einem triftigen Grund.
Sevlievo – Statt eines entspannten Ruhestands im Ausland, wurde die Rente in Bulgarien für zwei Briten zum Albtraum. Christine Thompson fürchtete sogar um ihr Leben. Das Herzmedikament Cordaron sollte die Britin nur sechs Monate lang schlucken – doch die Mediziner brachten sie drei Jahre lang zur Einnahme, bis ihr Herz Schäden davontrug und ihre Schilddrüse völlig zerstört war.
Christine und Eric Thompson sind ein britisches Rentnerehepaar, das seinen Lebensabend eigentlich in Bulgarien verbringen wollte. Doch nun packen sie ihre Sachen. Ihr Traum von einem ruhigen Ruhestand in den pittoresken Balkanbergen ist damit geplatzt.
Rentner berichten von Misslage im Gesundheitssystem: „Sie warfen mich aus dem Krankenhaus“
Die beiden wanderten 2016 nach Bulgarien aus und erwarben eine Villa mit Ställen für 242.000 Euro nahe der Stadt Sevlievo. „Wir gehen weg, weil die Gesundheitsversorgung weit hinter den Standards zurückbleibt, die man im Westen Europas findet – zweimal haben sie mich jetzt fast umgebracht“, erklärt Christine Thompson der britischen Daily Mail.
„Ich habe verzweifelt versucht, sie dazu zu bringen, mich von der Medikation zu nehmen, aber als ich mich rundweg weigerte, sie zu nehmen, warfen sie mich aus dem Krankenhaus“, berichtet sie. Die Schwierigkeiten starteten schon bald nach dem Umzug. Christines Fall steht beispielhaft für die Mängel im bulgarischen Gesundheitswesen. Dieses gilt als chronisch unterfinanziert und leidet unter massiver Ärzteabwanderung, berichten auch euronews und das Ärzteblatt.
Taum von Rente im Ausland gescheitert – Ehepaar warnt vor bulgarischem Gesundheitssystem
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation müssen Bulgaren knapp 50 Prozent aller Gesundheitsleistungen aus eigener Tasche zahlen – eine der höchsten Selbstbeteiligungen in der EU. Ein ausgebildeter Allgemeinmediziner verdient in Bulgarien durchschnittlich nur 350 Euro pro Monat, was viele Ärzte zur Auswanderung in andere EU-Länder bewegt. Durch die Abwanderung der medizinischen Fachkräfte sind vor allem die ländlichen Gebiete völlig unterversorgt, bestätigen die Experten.
Zusätzlich entpuppten sich die versprochenen niedrigen Lebenshaltungskosten als Mythos. „Die Menschen sagen gerne, dass die Lebensmittel hier billiger sind, aber es ist tatsächlich das Gleiche und vieles teurer als in Frankreich und Deutschland“, klagt Eric Thompson. Aktuelle Zahlen zeigen, dass 19 Prozent der Bulgaren sich nicht alle benötigten Medikamente leisten können. Für EU-Rentner wie die Thompsons wird die Situation zusätzlich erschwert: Beamte würden oft nicht die korrekten Formulare für kostenlose Behandlungen ausfüllen wollen.
Auch darüber hinaus sollten Auswanderer aufpassen – denn für Rentner im Ausland gibt es einige Steuerfallen. Das Ehepaar hat ihre Villa bereits zum Verkauf angeboten und plant den Umzug nach Frankreich. Für sie ist klar: Der Traum vom günstigen Ruhestand in Bulgarien kann lebensgefährlich werden. (Quellen: Daily Mail, Euronews, Ärzteblatt, WHO) (kiba)