Illner diskutiert über „Wetterfahne“ Trump – doch auch das ZDF dreht seinen Talk

Das Unglück der Welt ist ein Glück für Maybrit Illner – zumindest an diesem Tag. Russische Flugzeuge verletzen den Luftraum über Litauen. Der US-Präsident verhängt strengere Sanktionen gegen Russland. Russische Soldaten kämpfen sich in der Ukraine voran. Drei Nachrichten eines einzigen Tages machen ihren Talk hochaktuell. 

"Donald Trump ist wie eine Wetterfahne – und der Wind hat sich mal wieder gedreht", eröffnet Illner den Abend. Was sie dabei verschweigt: Auch das ZDF musste sich mitdrehen. Ursprünglich war das Thema angekündigt: "Putin spielt mit Trump – ist Europa Kiews letzte Hoffnung?" Jetzt heißt es ganz anders, es klingt urplötzlich nach Schulterschluss und Hoffnung. "Trump und Europa gegen Putin – hat die Ukraine wieder eine Chance?

Das Thema allerdings ist mühsam. Und gleich zweimal mault die Moderatorin über die Landkarte zum Frontverlauf, die ihre Redaktion einspielt. Illner findet sie einfach nicht "sexy". Das ist der Ernsthaftigkeit des Themas sicher nicht angemessen. Und jenseits der Stilfragen?

US-Sanktionen gegen Russland: Röttgen sieht Wechsel in "Aktionsmodus"

"Ist das eine Laune oder eine belastbare Position?", will Illner vom CDU-Mann Norbert Röttgen wissen über die jüngste Sprunghaftigkeit Trumps. Der spricht tatsächlich von einem "Kurswechsel". Er meint damit die angekündigten Sanktionen gegen Ölfirmen. Und, das ist noch wichtiger, gegen alle, die mit denen Geschäfte machen. 

"Das Ölgeschäft ist das Zentrum der russischen Wirtschaft", berichtet Röttgen und beziffert den Schaden mit 25 Prozent der russischen Staatseinnahmen. "Das ist eine Entschlossenheit, auf die ich lange gewartet habe. Zum ersten Mal kommt der Westen von einem Reaktionsmodus in einen Aktionsmodus."

Geld ist die stärkste Waffe für die Ukraine, glaubt Melnyk

Die Menschen sterben in der Ukraine. Kann das Geld zukünftige Opfer retten? 140 Milliarden Euro will die EU für die Sicherung an das angegriffene Land geben. Im Gegenzug will man russisches Vermögen als Sicherheit verwenden. Da sind nicht, wie so oft besprochen, Waffen die Gamechanger. Es ist das Geld, das heutzutage jedes Spiel verändert. 

"Wir wären sehr dankbar unseren europäischen Freunden", versichert Andrij Melnyk, der Ständige Vertreter der Ukraine in den Vereinten Nationen, der sich als Botschafter in Deutschland hinreichend unbeliebt gemacht hat, "das wäre ein Signal an Putin." Ausdrücklich dankt er Kanzler Friedrich Merz. Das Lob wird dem deutschen Bundeskanzler guttun in diesen Zeiten.

Schulterschluss zwischen Union und Grünen

"Wer den Krieg bestellt, der bezahlt ihn auch", fasst Grünen-Europaabgeordnete Hannah Neumann die neue Linie zusammen. "Ich gehe davon aus, dass das Geld im Dezember fließen kann." 140 Milliarden Euro als zinsloser Kredit für den Krieg an die Ukraine? "Ein bedeutsamer Schritt", lobt Norbert Röttgen, "es ist durch die Initiative von Friedrich Merz diese Bewegung in Gang gekommen." 

Da zeichnet sich, zumindest für diesen Moment, nicht nur ein Schulterschluss zwischen Europa und den USA ab, auch Grüne und Union stehen Seite an Seite. Röttgen freut sich, dass Deutschland das einzige große Land sei, das noch zahlungsfähig ist – zu groß sei die Verschuldung bei Frankreich und Großbritannien. Deutschland dagegen habe sich dank Schuldenbremse seine Zahlungsfähigkeit bewahrt – damit auch die Potenz, die Ukraine in ihrer Verteidigung auch zukünftig unterstützen zu können.

„Wir sind nicht auf einem Viehmarkt“

Die Spaßbremse gibt der Jurist Reinhard Merkel: "Ich sehe nicht, dass die EU irgendwelche praktikablen Modelle für eine Friedenslösung entwickelt." Und das Geld? Da zweifelt der Völkerrechtler sehr US-kritisch die große Linie an. "Noch keine Großmacht hat in den letzten 50 Jahren Reparationszahlungen gemacht", sagt Merkel und erinnert an Angriffskriege der USA, "jetzt versucht man das gegenüber Russland durchzusetzen." 

Das ist eine logisch korrekte Betrachtung. Doch wie viel Logik steckt schon in Putin und Trump? "Wir sind nicht auf einem Viehmarkt, es geht auch um die Menschen", erinnert Andrij Melnyk. Da hat er recht. Denn es sind Menschen, die sich Tag für Tag in der Ukraine abschlachten. Auch Norbert Röttgen erinnert daran zum Ende des ZDF-Talks: "Putin hat allein in diesem Jahr 100.000 tote russische Soldaten zu verantworten. Wir können nicht verstehen, wie ein Menschenleben so völlig egal ist."