„Aus Reststoff wird Rohstoff“: Klärschlamm-Recycling made in Oberbayern

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Zu einem Rundgang lud Johann Emter (3.v.r.) zahlreiche Ehrengäste. Darunter auch Wissenschaftsminister Markus Blume (6. v.r.) neben Landrätin Andrea Jochner-Weiß in Gelb. © Sabine Lehmann

Mit einem großen Fest hat die Firma Emter die deutschlandweit modernste Anlage zur Phosphorrückgewinnung eröffnet. Hier wird Klärschlamm in hochwertigen Dünger umgewandelt.

Altenstadt – Feine Häppchen am Vormittag, delikates Menü zum Mittagessen – den Gästen fehlte es bei der Eröffnung der neuen Phosphorrecyclinganlange der Firma Emter an nichts. In einem gut beheizten Zelt durften sich Menschen aus Wissenschaft, Politik und Industrie der Erfolgsgeschichte des Altenstadter Unternehmens widmen. Gut gestärkt ging es später in einer Führung durch die Anlage. Die Polit-Prominenz und Ehrengäste durften sogar schon vor dem Mittagessen ganz tief eintauchen in die Welt der innovativen Düngemittelproduktion. Gerüche inklusive. „Es ist halt Klärschlamm“, merkte Senior-Chef Johann Emter achselzuckend an.

Aktuell wird Phosphor zu 90 Prozent importiert

„Ohne Phosphat kein Pflanzenwachstum und ohne diese weniger Versorgungssicherheit in Deutschland“, diesen Satz bekam das Plenum in vielen verschiedenen Redebeiträgen zu hören. So sprach neben der Landrätin Andrea Jochner-Weiß und Altenstadts Bürgermeister Andreas Kögl auch Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume.

Phorsphor ist eine wichtige Ressource für die Landwirtschaft als Düngemittel. Doch bislang wird der Stoff in Deutschland und Europa zu 90 Prozent importiert. Und zwar aus teils krisenbehafteten Ländern wie Marokko, China, Teilen der USA. „Davon wollen wir weg, wir wollen unabhängig werden“, betonte der Wissenschaftsminister. Da das eingeschiffte Gut zudem stark belastet ist, beispielsweise mit Schwermetallen, sei eine eigene Produktion im Land wünschenswert. „Aus Reststoff wird Rohstoff: Die Emter GmbH betreibt in Altenstadt eine der modernsten Anlagen zur Phosphor-Rückgewinnung aus Klärschlamm in ganz Europa“, lobte Blume. Entwickelt wurde das zugrundeliegende Verfahren von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM).

Klärschlamm wird in hochwirksamen Phosphatdünger umgewandelt

Bis zu 50 000 Tonnen getrockneten Klärschlamm verarbeitet die Anlage im Jahr. Umgewandelt wird dieser in 15 000 Tonnen hochwirksamen Phosphatdünger. Aus rund 300 kommunalen Kläranlagen aus der Umgebung wird der Klärschlamm bezogen und mit firmeneigener Spedition angeliefert, heißt es. „Das Phosphatrecycling mit dem Produkt R-Rhenania Phosphat erfüllt bereits heute die Anforderungen der Klärschlammverordnung, die ab 2029 in ganz Deutschland eine verpflichtende Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm vorsieht“, ist in einer Pressemitteilung der Entwickler BAM zu lesen.

Im Klartext: Klärschlamm soll nicht mehr auf die Felder ausgebracht werden, um die Belastung der Böden durch Schadstoffe zu vermeiden. Die neue Anlage in Altenstadt ist die Antwort auf diese Herausforderung: So wird Rahmen des R-Rhenania-Projekts der thermochemische Rückgewinnungsprozess direkt in die Verbrennung integriert. Eine energieeffiziente und schadstoffarme Produktion von Recyclingdünger soll möglich werden. Verwertet werden soll der produzierte Dünger regional in Bayern.

Bald Zulassung für Biolandwirtschaft

„Wir haben auch die Zulassung zur Biolandwirtschaft beantragt, die wir nächstes Jahr bekommen sollten“, freute sich Emter in seiner Ansprache. „Mit Fachwissen, Engagegement und Leidenschaft haben wir etwas geschaffen, auf das wir stolz sein können.“ Ein Kreis, der sich schließt. Denn glaubt man den Worten der Redner, wird hier Umweltschutz betrieben, der sogar wirtschaftlich rentabel ist. „Besser geht es nicht“, so der Wissenschaftsminister.

Anerkennende und humorvolle Worte fand der örtliche Bürgermeister Andreas Kögl: „Ich kann mich noch gut an den Start des Unternehmens erinnern. Mit einem Schlepper und einem Güllefass wollte Johann Emter hier etwas bewegen.“ Ein Plan, der aufging. In den vergangenen 35 Jahren hat das Familienunternehmen eine Neuerung auf die Beine gestellt, die (hoffentlich) viele Nachahmer finden wird.