Wenn Ukraine wunden Punkt Russlands nutzt, muss Putin an Verhandlungstisch

Die Treibstoffkrise in Russland spitzt sich weiter zu. Unter anderem, weil die Ukraine bei ihren Drohnenangriffen immer öfter strategisch wichtige russische Raffinerien ins Visier nimmt. Im Interview mit FOCUS online erklärt Russlandexperte Gerhard Mangott, wie es um Russland und dessen Verwundbarkeit steht.

Mangott: "Verwundbarkeit Russlands ist gegeben"

"Russland hat sicherlich seine Luftabwehr verstärkt, um gewisse Objekte zu schützen. Aber gegen Schwarmangriffe mit ukrainischen Drohnen ist diese Luftabwehr bei Raffinerien nicht besonders wirksam. Da genügt es, wenn zwei, drei Drohnen eines Drohnenschwarms tatsächlich an ihr Ziel gelangen und die Zerstörung auslösen, die die Ukraine will. Was Russland eben nicht kann, ist, trotz Stärkung der Luftabwehr eben diese Raffinerien oder Militäranlagen, Flugplätze, Eisenbahnlinien vollkommen zu schützen. Da ist eine Verwundbarkeit Russlands gegeben, und die Hoffnung ist, dass Russland angesichts dieser Einnahmenausfälle im Ölsektor und angesichts der Zerstörungen in der Raffineriekapazität, der Militärflughäfen, der Eisenbahnlinien tatsächlich dann doch bereit sein könnte, über eine Verhandlungslösung zu diskutieren", so der Experte. 

Russlandexperte: "neue Qualität der ukrainischen Kriegsführung" 

Weiter führt Mangott aus: "Nun, wenn die Ukraine ihre Angriffe fortsetzt, das wird sie machen und vielleicht auch mit stärkeren Waffen, dann wird die Raffineriekapazität deutlich zurückgehen. Das zwingt Russland, keine Ölprodukte mehr auszuführen und auch weniger Öl zu exportieren. Das ist einnahmenseitig für den russischen Staatshaushalt äußerst negativ. Und das treibt auch das Budgetdefizit in die Höhe, liegt allerdings für europäische Verhältnisse noch immer recht niedrig bei 1,9. Also es zeigt sich schon, dass diese Angriffe der Ukraine durchschlagen auf die wirtschaftliche Lage des Landes. Und das ist etwas, was die Ukraine in den vergangenen Jahren nicht geschafft hat. Auch bei den ersten Drohneneinsätzen gegen Raffinerien letztes Jahr im Frühjahr ist es der Ukraine nicht gelungen, so weit vorzustoßen, so viel zu zerstören. Und das ist eine neue Qualität der ukrainischen Kriegsführung."