Die teure Klima-Rechnung, auf die die Welt zusteuert

11.45 Uhr: Die Uhr tickt, und die Kosten des Klimawandels steigen rasant. Zahlreiche Experten und Institute warnen, dass die Welt weit davon entfernt, die Klimaziele für 2030 oder die angestrebte Klimaneutralität zu erreichen – mit dramatischen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen. Davor warnt auch die Industriestaatenorganisation OECD in ihrem neuen Bericht.

Die OECD schlägt Alarm: Die weltweiten Klimaschutzmaßnahmen haben 2024 lediglich um ein Prozent zugenommen – ein Rückgang, der seit 2021 zu beobachten ist. Der OECD-Klimaschutzbericht 2025 stellt fest, dass die Länder nicht auf dem richtigen Kurs sind, um ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Die Organisation fordert dringend strengere politische Maßnahmen, schnellere Umsetzung und rechtlich verbindliche Schritte, um die Lücke zwischen Ambitionen und Realität zu schließen.

Globale Kosten in Billionenhöhe

Denn: Bereits heute verursachen klimabedingte Katastrophen steigende Kosten. Im Jahr 2024 entstanden weltweit Schäden von über 285 Milliarden Euro, und 16.000 Menschen kamen ums Leben. Die OECD warnt: Wenn Länder nur ehrgeizige Ziele formulieren, aber nicht handeln, drohen wachsende wirtschaftliche Verluste, soziale Ungleichheiten und Umweltschäden.

Noch drastischer fallen die Zahlen aus, wenn man die langfristigen Folgen berücksichtigt. Laut einer Studie des Potsdam-Instituts könnte der Klimawandel bis 2050 jährlich 38 Billionen US-Dollar an Schäden verursachen – das entspricht etwa 17 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts.

„Die Weltbevölkerung ist ärmer, als sie ohne den Klimawandel wäre“, sagt Leonie Wenz, Mitautorin der Studie. Besonders stark betroffen seien arme und Entwicklungsregionen. Die Forscher betonen: Die Kosten für Maßnahmen, um die globale Erwärmung auf maximal 2 Grad Celsius über vorindustriellem Niveau zu begrenzen, lägen bei geschätzten 6 Billionen US-Dollar – weniger als ein Sechstel der Schäden, die ohne Gegenmaßnahmen entstehen würden.

Der Untersuchungsbericht zur Flutkatastrophe im Ahrtal enthüllt, wie schlecht Behörden und Helfer im Katastrophenfall für die Suche nach Vermissten vorbereitet sind.
Der Untersuchungsbericht zur Flutkatastrophe im Ahrtal enthüllt, wie schlecht Behörden und Helfer im Katastrophenfall für die Suche nach Vermissten vorbereitet sind. Getty Images/Thomas Lohnes

Brasiliens Präsident mahnt reiche Länder, ihre Klimaschulden endlich zu zahlen

Donnerstag, 06. November, 08.07 Uhr: Vor der am Montag in Brasilien beginnenden 30. UN-Weltklimakonferenz (COP30) hat der brasilianische Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva an die reichen Länder appelliert, ihre finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen. "Die reichen Länder haben am meisten von der kohlenstoffbasierten Wirtschaft profitiert. Sie müssen sich nun ihrer Verantwortung stellen, nicht nur, indem sie Verpflichtungen eingehen, sondern auch durch die Begleichung ihrer Schulden", schrieb Lula in einem Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Donnerstag).

"Wir müssen anerkennen, dass das Prinzip der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten nach wie vor die unverhandelbare Grundlage jedes Klimapakts ist", schrieb Lula. Um der Klimakrise gemeinsam zu begegnen, seien Ressourcen erforderlich. Deshalb fordere der Globale Süden einen besseren Zugang zu Ressourcen – "nicht als Wohltätigkeit, sondern aus Gerechtigkeit", betonte der brasilianische Präsident.  

Die diesjährige Weltklimakonferenz COP30 wird in Belém in Brasilien stattfinden - direkt am Tor zum Amazonas.
Die diesjährige Weltklimakonferenz COP30 wird in Belém in Brasilien stattfinden - direkt am Tor zum Amazonas. UNFCCC

Brasiliens Präsident wohnt auf Luxus-Yacht statt Marineschiff

17.04 Uhr: Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat während der Klimakonferenz auf eine private Luxus-Yacht umgesattelt. Statt des geplanten Marineschiffs nutzt er die „Iana 3“.

Die Yacht bietet laut mehrerer brasilianischer Medien hotelähnlichen Komfort: Suiten mit Balkonen, Tagungsräume und klimatisierte Bereiche. Sie wurde von einer Tourismusagentur im Auftrag des Präsidialamts ausgewählt, da das Marineschiff nicht ausreichend ausgestattet war. 

Eigentümer ist Iomar Oliveira, bekannt für millionenschwere Bootsvermietungen an die Landesregierung im Amazonas. Die „Iana 3“ gehört zu einer Flotte, die oft von Politikern genutzt wird. Die geschätzten Mietkosten liegen bei rund 450.000 Reais (etwa 75.000 Euro). 

Das Präsidialamt rechtfertigt die Wahl mit Sicherheits- und Logistikgründen: „Die Iana 3 erfüllt die Anforderungen für den Präsidenten und sein Team“, hieß es. Es wurde betont, dass keine öffentlichen Gelder missbraucht wurden.

Deutschland wird „deutlich verkleinerte Delegation“ zur COP schicken

16.34 Uhr: Deutschland setzt bei der Weltklimakonferenz in Brasilien nach Angaben von Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) auf eine „deutlich verkleinerte Delegation“. Diese werde 160 Personen umfassen, sagte der Minister am Mittwoch in Berlin auf Anfrage der dts Nachrichtenagentur.

Damit soll demnach auch auf Kritik an der Größe der Klimagipfel reagiert werden. Die Kritik an der Zusammenarbeit zwischen Ländern und dem Austausch an sich teile er allerdings überhaupt nicht, fügte Schneider hinzu. „Sondern er ist verdammt wichtig, nicht nur, um sich in die Augen zu schauen und auch auszutauschen, sondern eben auch, um zu gemeinsamen Ergebnissen zu kommen.“ Hätte man die COPs nicht gehabt, hätte man jetzt sechs Grad Erderwärmung. Dass man darunter sei, sei ein Erfolg der Zusammenarbeit, sagte der Minister.

Umweltminister Carsten Schneider (SPD) am Dienstag vor Beginn der Verhandlungen der EU-Umweltminister in Brüssel
Umweltminister Carsten Schneider (SPD) am Dienstag vor Beginn der Verhandlungen der EU-Umweltminister in Brüssel Nicolas TUCAT / AFP

EU-Länder einigen sich vor COP30 auf Klimaziele - mit einer Zertifikat-Schwachstelle

Mittwoch, 5. November, 9.26 Uhr: Kurz vor Beginn der Weltklimakonferenz COP30 in Brasilien haben sich die EU-Umweltminister auf verbindliche Klimaziele für 2040 geeinigt. Die Mitgliedstaaten vereinbarten nach langwierigen nächtlichen Verhandlungen eine Absenkung der Treibhausgasemissionen um 90 Prozent im Vergleich zu 1990. Um den Kompromiss zu erzielen mussten allerdings einige Zugeständnisse gemacht werden, um skeptische EU-Länder zu überzeugen. 

Die Schwachstelle im Deal: So können die Mitgliedstaaten fünf Prozentpunkte des 90-Prozent-Ziels durch CO2-Zertifikate aus dem Ausland ausgleichen. Der Kompromiss bietet den Ländern zudem die Möglichkeit, weitere Emissionszertifikate aus Drittländern auf ihre Kontingente anzurechnen. Der Vorschlag der EU-Kommission hatte insgesamt drei Prozentpunkte vorgesehen.

Die Vereinbarung, die voraussichtlich am Mittwoch offiziell verabschiedet wird, stellt sicher, dass die EU nicht mit leeren Händen zum COP30-Gipfel am Donnerstag in Brasilien erscheint, wo Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihre Amtskollegen aus aller Welt treffen wird. 

Wieder keine konkrete Einigung für 2035-Klimaziel

Die Umweltminister bestätigten zudem ein zuvor ausgehandeltes Klimaziel für 2035, das sie bei den UN-Klimaverhandlungen in Belém vorlegen wollen. Die Mitgliedstaaten hatten ihre Zusage an die UNO im September als Spanne formuliert: 66,25 bis 72,5 Prozent weniger Emissionen. Auch bei den nächtlichen Verhandlungen in Brüssel gelang es nicht, sich auf eine konkrete Zahl zu einigen oder die genannte Spanne einzuschränken. Die Frist zur Einreichung der sogenannten NDCs – der nationalen Klimapläne, die von der UN-Klimakonferenz gefordert werden – hatte die Europäische Union zuvor deutlich überschritten.

Neil Makaroff, Direktor für Strategic Perspectives bei einem Brüsseler Thinktank, lobte die Einigung der EU-Länder: „Trotz der Zugeständnisse, die nötig waren, um eine Mehrheit zu erreichen, setzt die Vereinbarung ein längst überfälliges Signal an Investoren, Unternehmen und internationale Partner. Sie zeigt, dass die EU nicht dem gegenläufigen Trend auf der anderen Seite des Atlantiks folgt, sondern weiterhin klar am Ziel der Klimaneutralität festhält. 

Die Richtung ist damit vorgegeben – ein Rückschritt bei den Green-Deal-Gesetzen würde weder das Erreichen des Ziels erleichtern noch die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie im globalen Wettlauf um eine Netto-Null-Wirtschaft stärken. In den kommenden Monaten müsse der Fokus daher auf den zentralen Reformen liegen, die nötig sind, um die Wirtschaft zu elektrifizieren und europäische Netto-Null-Industrie-Champions zu fördern.“

Bill Gates kritisiert: "Weltuntergangsvision zum Klimawandel sind falsch"

12.20 Uhr: „Es gibt eine Weltuntergangsvision zum Klimawandel, die folgendermaßen lautet: In wenigen Jahrzehnten wird der verheerende Klimawandel die Zivilisation vernichten. Zum Glück für uns alle ist diese Ansicht falsch“, schreibt Bill Gates in einem aktuellen Memo

Es drohe stattdessen eine einseitige Fixierung auf Emissionsziele. Ressourcen würden von drängenderen Problemen wie Armut, Gesundheit und Anpassung abgezogen werden – vor allem in den ärmsten Ländern. Gates ruft zur Kurskorrektur auf, kurz vor dem UN-Klimagipfel COP30 in Brasilien.

Die wahre Bedrohung: Armut und Krankheit schlagen Klimafolgen

Der Klimawandel treffe die Ärmsten am härtesten – durch Hitzewellen, Stürme und Ernteausfälle. „Jedes Zehntelgrad Erwärmung, das wir verhindern, ist enorm nützlich, denn ein stabiles Klima erleichtert es, das Leben der Menschen zu verbessern“, sagt Gates. Doch für die Mehrheit in Entwicklungsländern seien Malaria, Unterernährung und fehlende Impfungen größere Risiken. 

Gates’ drei Thesen zum Klimawandel

  1. „Der Klimawandel ist ein ernstes Problem, aber er wird nicht das Ende der Zivilisation bedeuten.“ Selbst bei moderaten Maßnahmen werde die globale Temperatur bis 2100 um zwei bis drei Grad steigen. Dennoch werde die Menschheit nicht untergehen, sondern an den meisten Orten weiterhin leben können.
  2. „Die globale Temperatur ist nicht der beste Maßstab für Fortschritte beim Klima.“ Der Fokus sollte laut Gates auf der Lebensqualität liegen, gemessen etwa durch den Human Development Index. Arme Länder, wie der Südsudan mit einem HDI von 0,33, leiden am meisten unter Klimafolgen, aber Armut und Krankheiten sind größere Bedrohungen.
  3. „Gesundheit und Wohlstand sind die beste Verteidigung gegen den Klimawandel.“ Wirtschaftswachstum in armen Ländern könne klimabedingte Todesfälle um über 50 Prozent reduzieren. Investitionen in Landwirtschaft (etwa in klimaresistente Pflanzen oder emissionsfreien Dünger) und Gesundheit (Impfstoffe, Gesundheitszentren) maximieren die Widerstandsfähigkeit und Lebensqualität der Ärmsten.
     

„Wir können Gesundheits- und Entwicklungsprogramme nicht kürzen, um Emissionen zu senken“, sagt Gates. Stattdessen fordert er, Anpassung zu priorisieren, etwa robuste Infrastruktur und bessere Landwirtschaft. Die COP30 in Brasilien, die Anpassung und Entwicklung betont, sei der ideale Ort für einen Paradigmenwechsel.

Bill Gates
Microsoft-Besitzer Bill Gates bei einem Termin Getty Images

UN-Klimachef: Fortschritt beim Klima geht viel zu langsam

Dienstag, 28. Oktober, 06.03 Uhr: Wenige Wochen vor der nächsten Weltklimakonferenz drückt UN-Klimachef Simon Stiell aufs Tempo. Zur Veröffentlichung des Berichts zur Anpassung an den Klimawandel sagte der grenadische Politiker, es gebe eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute: Die Richtung stimme mittlerweile, fast alle Länder bemühten sich um Anpassung an die Folgen der steigenden Temperaturen. „Es gibt echten Fortschritt“, sagte er. Die schlechte Nachricht sei jedoch, dass alles viel zu langsam gehe. „Man könnte den Bericht untertiteln mit: Keine weiteren Ausreden, Investoren!“, sagte Stiell, der das in Bonn angesiedelte UN-Klimasekretariat leitet. 

Insbesondere ärmere Länder hätten Probleme, die nötigen Finanzmittel für entsprechende Klima-Anstrengungen zusammenzubekommen. Um das dafür von den reicheren Ländern grundsätzlich zur Verfügung gestellte Geld anzuzapfen, seien oft aufwändige Antragsverfahren erforderlich. Auch fehle es ärmeren Ländern häufig an Expertise. Klimafinanzierung sei aber kein Akt der Wohltätigkeit vonseiten der führenden Wirtschaftsnationen, sondern eine absolute Notwendigkeit in ihrem eigenen Interesse - nur so könnten zum Beispiel globale Lieferketten auf Dauer instand gehalten werden. 

„Jedes Jahr werden die Folgen des Klimawandels intensiver“, sagte Stiell. Anpassung an die Erderwärmung bedeute Schutz vor Überflutungen, Dürren, Waldbränden und Stürmen. Das stehe gleichbedeutend mit dem Schutz der Wirtschaft, die durch solche Naturkatastrophen extrem in Mitleidenschaft gezogen werde. 

UN-Klimachef Simon Stiell spricht bei der Eröffnung der Weltklimakonferenz in Baku im November 2024
UN-Klimachef Simon Stiell spricht bei der Eröffnung der Weltklimakonferenz in Baku im November 2024 AP Photo/Peter Dejong

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