Die Naturkäserei kämpft mit sinkenden Milchlieferungen und einem Verlust von 159.064 Euro, plant aber gezielte Maßnahmen für den Aufschwung.
Rottach-Egern - In Lederhose und Trachtenhemd steht Josef Stadler (30) am Rednerpult auf der Bühne im Seeforum. „Wir müssen was Besonderes sein, die Welt muss uns sehen und dass wir am Tegernsee richtig cool drauf sind“, ruft er in den vollbesetzten Saal hinaus. Authentisch, hoch motiviert und mutmachend verschafft er zusammen mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Ludwig Raab (58) und einem Wirtschaftsprüfer über zwei Stunden lang einen Überblick, wie es um die 2007 gegründete Naturkäserei steht. Später am Abend wird Stadler, Rottacher Landwirt und durch seinen elterlichen Betrieb von Beginn an mit der Käserei verwurzelt, mit einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen zum neuen Vorsitzenden und damit Nachfolger von Wolfgang Rebensburg gewählt. Die anwesenden der aktuell 1592 Anteilseigner trauen ihm zu, dass er die richtigen Weichen für den Aufschwung stellt.
Die wichtigsten Zahlen
Bilanzsumme: 6,189 Millionen Euro (Vorjahr 7,003 Mio. Euro); Geschäftsguthaben: 4,948 Mio. Euro (5,412 Mio. Euro); Geschäftsguthaben der Mitglieder: 4,387 Mio. Euro (4,938 Mio. Euro); Rücklagen: 714 449 Euro (601 380 Euro); Verbindlichkeiten: 531 251 Euro (569 045 Euro); Umsatzerlöse: 4,794 Mio. Euro (4,931 Mio. Euro); Vorräte: 1,468 Mio. Euro (1,588 Mio. Euro); Materialaufwand: 2 Mio. Euro (2,2 Mio. Euro); Personal: 1,7 Mio. Euro (1,8 Mio. Euro); Mitarbeiter: 42; Lieferanten: 15; Anteilseigner: 1592; Käsesorten: 24. Die wichtigsten Bestände: Bergkas jung (26 Tonnen), Bergkas mittelalt (12,6 t), Wallberger Natur 16,8 t, Bergkas alt 11,5 t.
Künftig im Vorstand an seiner Seite: Christine Wortmann (37) aus Waakirchen, bereits kaufmännische Leiterin im Betrieb, und Diplom-Volkswirt Horst Kürzeder (58) aus Bad Heilbrunn, der seinen Posten bei der Raiffeisenbank im Oberland in Bad Tölz durch sein Engagement in der Käserei erweitert. Wiedergewählt wurde Ludwig Raab.
Naturkäserei Tegernseer Land: Weniger Milch wurde angeliefert
Ehe die Besucher zu den Klängen der Risserkogl-Musi bei Käse-Gerichten zugreifen durften, mussten sie einige unerfreuliche Entwicklungen und Zahlen verdauen. „Wir haben zu wenig Milch“, nannte Stadler einen der Hauptpunkte. Die Zahl der Heumilch-Lieferanten sei innerhalb von zehn Jahren um ein Drittel auf nun 15 zurückgegangen. Somit wurden im Geschäftsjahr, das am 31. März zu Ende ging, 1,85 Millionen Kilo Milch angeliefert, 318 000 Kilo weniger als im Vorjahr. Daraus wurde fast ausschließlich Käse (199 Tonnen). Dass mit 205 Tonnen Absatz mehr verkauft als produziert wurde, führte zu geringerem Lagerbestand im Wert von 130 000 Euro und damit zu weniger Geld auf der hohen Kante. Richtig weh hätten die Ausgaben für Energie getan. Nicht nur für Gas, sondern vor allem für Wasser, für das knapp 50 000 Euro fällig waren. Allerdings habe man auch in eine UV- und Filteranlage investiert, „damit der Käse passt, denn er ist unser Kapital“, so Stadler.
Dass die Bilanzsumme mit knapp 6,2 Millionen Euro niedriger ausfällt als im Vorjahr (7 Millionen Euro) und in der Gewinn- und Verlustrechnung ein Fehlbetrag von 159 064 Euro steht, ist Anlass für etliche Maßnahmen. Um nicht in die Abwärtsspirale zu rutschen, sei Milch bei der Zillertaler Heumilch Sennerei zugekauft worden. Dies soll nicht dauerhaft der Fall bleiben, doch habe es keine Reklamationen gegeben. „Landwirt ist eben ein aussterbender Beruf“, musste Stadler feststellen, der zugleich um neue Mitglieder warb.
Auch wenn der Laden auf ein „super Jahr“ mit zwölf Prozent mehr Umsatz blicken könne, müsse der Verkauf gesteigert werden. Zu den entsprechenden Maßnahmen gehöre die Digitalisierung („spart Zeit und Personal“), ein Social-Media-Plan, ein Imagefilm und das Aufstellen von noch mehr Verkaufsautomaten an Hauptverkehrsrouten. Die bereits ausgelagerte Joghurtproduktion soll ausgebaut werden, das Schnitt- und Hartkäseangebot in quadratischer Form und als kompletter Ein-Kilo-Laib zum Verkauf stehen ebenso im Plan.
Auch an die Genossen wird gedacht. Sie bekommen ab heuer einen „Geburtstagskäs“, was die Versammlung mit Applaus quittierte. „Große Sprünge sind leider nicht möglich“, sagte Stadler, der über einen Antrag zum jährlichen Erhalt von einem Kilo Käse an jedes Mitglied abstimmen ließ. Er wurde abgelehnt, wegen steuerlicher Auswirkungen. Dem Wunsch nach mehr Führungen („billigste und beste Werbung“) konnte er wegen fehlenden Personals aktuell nicht nachkommen. Zur Nachfrage, warum zuletzt viele Anteile zurückgegeben wurden (150 werden es zum März 2026 sein), sagte Stadler, dass doch etliche Genossen auf Gewinnmaximierung aus seien. „Und die sind dann eben weg.“