Nach Augsburger Vorbild: Allgäuer Städte wollen Tauben ein sicheres Zuhause geben

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Vergrämt und von vielen als Plage bezeichnet: Stadttauben haben es nicht einfach. Einige Allgäuer Städte wollen ihnen das Leben mit betreuten Taubenschlägen vereinfachen. © Vietz

Tauben spalten auch in Allgäuer Städten die Gemüter. Vor Jahrhunderten noch geschätzte Haustiere, sind Stadttauben heute in den Augen vieler Menschen nur noch eine lästige Plage. Um den Frieden zwischen Mensch und Tier in der Stadt wiederherzustellen, setzt die Stadt Augsburg auf betreute Taubenschläge und gilt damit als Vorreiter in der Region – auch Vereine im Allgäu setzen mittlerweile auf dieses Modell.

Allgäu – Über Jahrhunderte hat der Mensch Haus- und Brieftauben gezüchtet und sie etwa für Rennen, als Boten oder zur Fleischgewinnung genutzt. An menschliche Nähe und die Futterbereitstellung waren Tauben stets gewöhnt. Doch die Zeiten von Hülsenfrüchten, Körnern und Samen sind längst vorbei, inzwischen führt das „Stadtessen“ in Form von Abfallresten und Brotstückchen zu erheblichen Mangelzuständen. Davor warnt auch die Tierrechtsorganisation Peta.

In Kröpfen und Mägen von Stadttauben finden sich oft Kunststoff, Glas, Metall oder anderer Abfall. Diese Fremdkörper verletzen die Schleimhäute und täuschen Sättigung vor – die Tauben fressen weniger und ihr ohnehin schlechter Ernährungszustand verschlechtert sich weiter. Mangelerscheinungen, geschwächte Immunsysteme und Krankheiten sind die Folge. Hinzu kommen Verletzungen durch Glasscherben, Drähte oder Vergrämungsmaßnahmen wie Spikes und Netze, in denen sich die Tiere verfangen und teils qualvoll verenden.

Nach Angaben von Peta sterben rund 90 Prozent der Jungtauben in den Innenstädten bereits in ihrem ersten Lebensjahr – dabei könnten die Tiere über 15 Jahre alt werden.

Augsburger Modell als Vorbild

„Zur Regulierung und Reduzierung der Stadttauben zum Wohle von Mensch und Tier“ setzt die Stadt Augsburg bereits seit über 20 Jahren auf betreute Taubenschläge, in denen Eier durch Attrappen ersetzt werden. Das Ergebnis: Die Population sinkt, ohne dass Tiere leiden. Die Vorteile für Städte liegen auf der Hand: Weil die Tauben einen festen Rückzugsort haben, verursachen sie weniger Verschmutzung im Stadtbild, Reinigungskosten und Gebäudeschäden werden auf diese Weise reduziert – den gebundenen Kot in den zwei Taubentürmen und zehn Taubenschlägen beziffert die Stadt Augsburg auf rund fünf Tonnen jährlich. Im Gegensatz zu Vergiftungs- oder Abschussaktionen zeige diese Strategie langfristige Verbesserung, heißt es von der Stadt.

Nicht nur in der Landeshauptstadt München, wo es inzwischen sieben Taubenschläge gibt, sondern auch im Allgäu wird dem Augsburger Modell nachgestrebt: Der Verein „Stadttauben Kempten“ beispielsweise sammelt seit letztem Jahr Spenden für einen ersten betreuten Taubenschlag. Cornelia Duckhorn erzählt: „Unser Team tauscht bereits jetzt fleißig Eier aus, damit die Population der Tauben nicht noch weiter ansteigt. Außerdem haben wir einen Notruf eingerichtet und päppeln gemeldete verletzte und schwache Tauben wieder auf“, so Duckhorn. „Wir freuen uns über jede Hilfe, egal ob in Form von Spenden, um das Taubenhaus zu stellen, oder mit tatkräftiger Unterstützung beim Versorgen der Tauben.“

Kaufbeurer „Friedensboten“

In Kaufbeuren engagiert sich seit 2024 der Verein „Friedensboten Kaufbeuren“. „Tauben sind so intelligente und lustige Vögel“, schwärmt Erste Vorsitzende Claudia Teubel. „Der Oberbürgermeister steht dem Thema offen gegenüber, wir sind im Gespräch mit ihm.“ Auch mit Bürgern ist der Verein im Dialog, zum Beispiel an Infoständen: „Seit die evangelische Kirche mit Spikes aufgerüstet hat und sich die Vögel neue Sitzplätze suchen mussten, sprechen uns vermehrt Bürger auf die vielen Tauben an. Wir versorgen bereits Notfälle und tauschen Eier aus – im letzten halben Jahr 170 Eier in nur einem Gang in der Innenstadt“, sagt Teubel.

Tauben an der Spittelmühle: Hier will der Verein „Friedensboten Kaufbeuren“ einen betreuten Taubenschlag einrichten.
Tauben an der Spittelmühle: Hier will der Verein „Friedensboten Kaufbeuren“ einen betreuten Taubenschlag einrichten. © Teubel

Der Wunsch des Vereins: „Zwei Räume oben in der Spittelmühle, wo wir einen betreuten Taubenschlag einrichten können. Dort erhalten die Tauben artgerechtes Futter, medizinische Versorgung und wir können zentral Eier austauschen.“

„Win-Win“ in Memmingen

Einen Schritt weiter ist man in Memmingen, wo der Verein „Stadttauben Memmingen“ Ende 2023 ins Leben gerufen wurde. Vor gut einem Jahr wurde in der Kempter Straße der erste Taubenschlag eingerichtet, ein zweiter folgte am Weinmarkt. „Wir können Tauben artgerecht füttern und ihnen die Möglichkeit geben, in Ruhe zu brüten. Das ist eine Win-Win-Situation“, freut sich Vereinsvorsitzende Sarah Riester.

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