Jetzt soll durchgegriffen werden: Boni für Bahn-Manager nur noch, wenn die Züge pünktlich sind
Fast jeder zweite Zug der Deutschen Bahn kam im ersten Halbjahr 2024 verspätet an – der neue Chef der Monopolkommission, Tomaso Duso, fordert nun: Keine Boni für Manager, wenn die Bahn unpünktlich ist.
Berlin – Die Deutsche Bahn hatte sich dieses Jahr zum Ziel gesetzt, dass mehr als 70 Prozent ihrer Züge pünktlich kommen. Doch schon im ersten Halbjahr 2024 kamen Züge so verspätet an, wie schon lange nicht mehr. Der neue Vorsitzende der Monopolkommission, Tomaso Duso, fordert nun, dass Zahlungen an die Manager an die Pünktlichkeit der Züge geknüpft werden. Im Jahr 2022 erhielt der Bahn-Vorstandschef Richard Lutz noch Boni im siebenstelligen Bereich, während andere Vorstände Zahlungen im hohen sechsstelligen Bereich erhielten.
Chef der Monopolkommission: Gehälter und Boni für Bahn-Manager, wenn Züge pünktlich sind
Nur knapp über 60 Prozent aller Fernzüge kamen im ersten Halbjahr dieses Jahres ohne grobe Verspätung an ihrem Ziel an. Grund dafür seien laut Bahn „die massiven Streiks, das bundesweite Baugeschehen und insbesondere die Extremwettereignisse im ersten Halbjahr in einem noch nie dagewesenen Ausmaß“. Fast jeder zweite Zug war verspätet und wies durchschnittlich eine Verzögerung von mindestens sechs Minuten auf. Die Pünktlichkeitsquote im Juni lag überdies nur bei knapp über 50 Prozent.
Der neue Chef der Monopolkommission, ein Gremium, das die Bundesregierung in Wettbewerbsfragen berät, will das ändern und hat einen Forderungskatalog mit im Gepäck, damit es bei der Deutschen Bahn endlich besser läuft. Die Vorschläge der Kommission werden der Politik vorgelegt, die dann entscheidet. Bisher habe dies bei der Bahn „leider nicht besonders gut funktioniert“, räumt Tomaso Duso im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung ein. Es brauche ein Maßnahmenpaket, eine genauere Qualitätsregulierung und mehr Planbarkeit bei Investitionen. Die Politik müsste die Zielerreichung überprüfen – und Anreize schaffen. Das soll auch über Einschnitte bei den Gehältern passieren. Manager sollen ihre Boni nur dann erhalten, wenn die Züge pünktlich sind.

Züge in 2024 so spät wie lange nicht: „Boni für Bahn-Vorstand sollten deutlich niedriger ausfallen“
In Hinblick auf die aktuellen Verspätungen meint Duso: „Die Boni für den Bahn-Vorstand sollten deutlich niedriger ausfallen“. Pünktlichkeit sollte ähnlich wie die Frauenquote im Management behandelt werden. „Die Bezahlung der Bahn-Manager sollte an pünktliche Züge geknüpft werden“, so Duso. Und er geht sogar noch weiter: Die kurzfristigen Boni der Bahn-Manager sollten an Pünktlichkeitsziele gekoppelt werden, die langfristigen Boni jedoch davon abhängen, ob die Infrastruktur ausgebaut und auch erhalten wird. Die Politik müsse überprüfen, ob die Ziele erreicht werden.
Im Jahr 2022 erhielt Bahn-Vorstandschef Richard Lutz laut dem Geschäftsbericht einen Bonus von mehr als 1,26 Millionen Euro, der Infrastrukturvorstand Berthold Huber 699.000 Euro, Personalvorstand Martin Seiler 736.000 Euro. Im Jahr 2023 wurden keine Boni ausgezahlt. „Die Deutsche Bahn hat für das Jahr 2023 vom Bund mehr als 50 Millionen Euro aus der Strompreisbremse erhalten. Für 2023 wird es daher keine Boni geben“, verlautbarte Martin Burkert, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der DB und Chef der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG, Anfang des Jahres.
Er sieht auch die Monopolstellung der Deutsche Bahn kritisch. Es sollte mehr Betriebe geben, „die mit unterschiedlichen Zügen, Angeboten und Preisen gegeneinander konkurrieren“. Mehr Flixtrain zum Beispiel. Das Reiseunternehmen ist einer der wenigen Wettbewerber der Deutschen Bahn – und will in Deutschland zusammen mit Regionalbahnbetreibern sein Streckenangebot ausbauen.
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Mehr Flixtrain, mehr Konkurrenz: Sollte Deutsche Bahn privatisiert werden?
„Ab sofort sind rund 200 zusätzliche Städte mit den Kombitickets erreichbar, die aus einer FlixTrain- und einer Regionalzugfahrt bestehen“, teilte Flixtrain erst diese Woche mit. Mit dem neuen Streckennetz des Bahn- und Busunternehmens Flix geht es etwa von Hamburg aus nach Kiel, Lübeck oder Flensburg. Im Süden kommen noch Städte wie Ulm, Tübingen oder Kaiserslautern hinzu.
Duso fordert also mehr private Konkurrenz für die Bahn. Und mehr Transparenz. Denn bisher weigert sich das Bahnunternehmen, Daten an andere Mobilitätsplattformen weiterzugeben. Dabei können Tickets anderswo nur angeboten werden, wenn es Daten zu Zügen oder Verspätungen gibt. Auch hier könnte eine Änderung den Wettbewerb beleben. Ob die Bahn gänzlich privatisiert werden sollte? „Die Infrastruktur sollte meiner Meinung nach immer staatlich und gemeinwohlorientiert bleiben. Den eigentlichen Betrieb der Züge dagegen könnte man eventuell privatisieren“, so Duso.