Jugend macht Oldtimer flott: Zweites Leben für historischen Feuerwehr-Anhänger
Für die Jugendfeuerwehr Perchting ist es ein einzigartiges Projekt: Sie richtet einen Tragkraftspritzen-Anhänger, Baujahr 1941, wieder her. Geld- und Sachspenden werden gesucht – damit der Oldtimer im Sommer möglichst originalgetreu an mehreren Umzügen im Landkreis teilnehmen kann.
Perchting/Unterbrunn – Tragkraftspritzen-Anhänger, kurz TSA, nennt sich das knallrote Gefährt mit zwei Rädern und Halterungen auf dem Dach, um das sich sechs Jugendliche der Jugendfeuerwehr Perchting versammelt haben. Ein paar Minuten später liegt einer von ihnen unter dem Anhänger, ein anderer kniet am Reifen und ein Dritter innen drin. Gelächter ist zu hören, aber es wird auch geflucht. Denn die Kotflügel des TSA erweisen sich als hartnäckig, die alten Schrauben sind wahlweise eingerostet oder schwer mit Werkzeug zu packen. Aber der Anhänger hat eine gute Ausrede: Er stammt aus dem Jahr 1941 und ist damit ein echter Oldtimer. Und die Jugendfeuerwehrler machen ihn jetzt wieder flott – weil schon bald ein großes Schaulaufen in sämtlichen Orten im Landkreis ansteht.
Dass diese Feuerwehrgeschichte auf zwei Rädern nicht weiter in einer Garage in Landstetten vor sich hin rostet, ist der Hartnäckigkeit der Perchtinger Ehrenamtlichen zu verdanken. Mehr als fünf Jahre hätten sie immer wieder an die Stadt Starnberg hingeredet, viel telefoniert und einige E-Mails geschrieben, erzählt Feuerwehr-Vorsitzender und -Jugendwart Christian Benedikt. Mit der Auflösung der Löschgruppe Landstetten wurde das Thema dann akut, die Sorge ging um, dass der Anhänger verkauft oder versteigert wird. Schließlich durften die Perchtinger das historische Gerät für einen symbolische Euro erwerben.
Spendenkampagne läuft
Auf 4000 Euro kalkuliert die Feuerwehr die Restaurierung. Dieses Spendenziel hat die laufende Kampagne auf dem Portal www.gofundme.com. 650 Euro sind bisher zusammengekommen. Benedikt nennt die Reifen, die Felgen und die Farben, für die Geld benötigt wird. „Die Pumpe muss auch überholt werden, und ein Ölwechsel steht an.“ Wer zufällig alte VW-Käfer-Felgen abzugeben habe, möge sich gerne melden. Sie würden bestens zum intakten Käfer-Motor der Ziegler-TS-8/8-Spritze mit Pumpe passen. Farbe für alleine 400 Euro hat der Vorsitzende schon besorgt. „Die war gar nicht so einfach zu kriegen“, erzählt er. Denn es handle sich um altes Feuerwehrrot namens Ral 3000 (das neue etwas leuchtendere Rot heißt Ral 3020). Es steckt also auch Recherche im Projekt.
Aber vor allem Handarbeit: Der TSA, der innen aus Holz und nur mit Blech verkleidet ist, wird komplett zerlegt. Danach soll alles abgeschliffen und wieder frisch lackiert werden. Benedikts Sohn Tobias schraubt jetzt eine dünne Leiste ab. Sein Vater gibt den Hinweis: „Passt auf, nicht biegen. Wenn eine Schraube nicht rausgeht, bohren wir sie auf.“ Dem 15-Jährigen macht das Tüfteln Spaß: „Ich schraube eh oft an meinem Mofa rum“, sagt Tobias Benedikt. Das Jugendfeuerwehr-Projekt sei mal etwas anderes. Und es sei schön, solch ein historisches Gefährt am Leben zu erhalten.
Gewerkelt wird übrigens in Unterbrunn, in der Kanalreinigungsfirma von Christian Benedikt. „Hier haben wir Platz.“ Den gilt es in Perchting noch zu finden. Frisch restauriert, soll der TSA schließlich auf keinen Fall draußen herumstehen. „Wer einen freien Stadl oder eine Garage hat, darf sich gerne bei uns melden“, sagt der Feuerwehr-Vorsitzende.
Starnberger Feuerwehrmann verspricht Original-Strahlrohre
Die Jugendlichen besuchen demnächst das Feuerwehrmuseum in Andechs. Dort wurde ihnen passende Ausrüstung versprochen – etwa ein Unterführhydrant –, um den Anhänger wieder relativ originalgetreu zu bestücken. Alte Schläuche aus jener Zeit haben sie schon anderweitig erhalten. Die Feuerpeitschen, mit denen auch heute noch Brände in schwierigem Gelände bekämpft werden, waren schon beim TSA dabei. Während die sechs Jugendlichen in seiner Werkstatt arbeiten, klingelt Christian Benedikts Handy mehrmals. Nach einem Telefonat berichtet er erfreut: „Das war ein Starnberger Feuerwehrmann. Der hat Original-Strahlrohre für uns.“
Mehrere Einsätze des rollenden Feuerwehrmuseums stehen schon fest. Denn mehrere Feuerwehren im Landkreis begehen heuer ihr 150. Jubiläum mit festlichen Umzügen – und da passt so ein historischer Anhänger bestens ins Konzept. Der erste Termin ist am 5. Mai in Krailling, weitere folgen in Hadorf (2. Juni), beim eigenen Tag der offenen Tür (8. Juni), in Wangen (9. Juni) sowie in Erling-Andechs (23. Juni). Wahrscheinlich wird der TSA dann von einem Traktor gezogen. Wie das früher eben so war, wenn eine kleine Dorffeuerwehr zum großen Löscheinsatz ausrückte.
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