Österreich ist kein Mitglied der Nato. Ein Militäranalyst sieht in der Neutralität des Landes ein Problem im Falle eines russischen Angriffs.
Wien – Im Ukraine-Krieg überzieht Russland Kiew unentwegt mit schweren Angriffen. Vor dem herannahenden Winter attackiert die russische Militärführung vornehmlich Energieanlagen und kritische Infrastruktur. Angesichts der Brutalität und Hartnäckigkeit wächst innerhalb der Nato daher die Sorge, dass Kremlchef Wladimir Putin in Zukunft auch Nato-Gebiet ins Visier nehmen könnte.
Militärexperten und Nato-Führung spielen natürlich Szenarien durch. Sollte Moskau tatsächlich einen Angriff planen, gelten Polen oder das Baltikum als vornehmliches Ziel. Der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter sagte kürzlich im Gespräch mit IPPEN.MEDIA, dass sich Russland in der Arktis „systematisch auf den großen Krieg gegen den Westen“ vorbereitet.
Militäranalyst Gady sieht Österreich als „besonders attraktives Ziel“ für einen russischen Angriff
Die Sache ist klar: Sollte Putin ein Nato-Land attackieren, gilt gemäß Artikel 5 des Nato-Vertrags die Beistandspflicht. Doch nahe besagter Ostflanke gibt es ein „westliches“ Land, das nicht Mitglied des Verteidigungsbündnisses ist: Österreich. Die Alpenrepublik hält – ähnlich der Schweiz – strikt an der Neutralität fest.
Der Militärexperte Franz-Stefan Gady sieht darin eine Gefahr. „Die Neutralität macht Österreich auch verwundbarer“, warnte Gady im Gespräch mit der Tageszeitung Der Standard. Der Analyst vom International Institute for Strategic Studies bezeichnete Österreichs geopolitische Lage als wunden Punkt.
Gady skizzierte folgende Situation: Russland entschließt sich zu einem Angriff auf das Baltikum oder Polen. Die Nato ruft den Bündnisfall aus. „Gleichzeitig gibt es Spannungen am Balkan, wo Russland verdeckt agiert.“ Truppen müssten Richtung Osten verlegt werden und Österreich durchqueren. In dem Fall, sagt Gady, wäre das Land „ein besonders attraktives Ziel“ für einen Angriff. Auch, weil Österreich keine in die Nato integrierte Flugabwehr hat.
Militärexperte fordert Debatte über Beistandspflicht innnerhalb der EU
„Russland würde in einem solchen Fall mit hoher Wahrscheinlichkeit kritische Infrastruktur in Österreich angreifen: Autobahn- und Eisenbahnbrücken, Kraftwerke“, führte der Militärexperte aus. Gady sieht einen Nato-Beitritt nicht als zwingend an, er forderte aber eine intensivere Debatte über europäische Solidarität und Artikel 42 Absatz 7 der EU-Verträge, in dem die Beistandspflicht geregelt ist. Angesichts der Bedrohung durch Putin gibt es in Österreich allerdings Erwägungen, der Nato beizutreten. (Quellen: derstandard.at, Anfrage an Roderich Kiesewetter) (mt)