Abfall-Gebühren explodieren: Darum wird die Müllabfuhr immer teurer

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Rund Hundert Kilo Restmüll verursacht jeder der ca. 143 000 Einwohner im Landkreis Ebersberg pro Jahr. Für die Müllverbrennungsanlage gesammelt, verdichtet und umgeladen wird er auf dem Gelände der mittlerweile verfüllten Deponie Schafweide. Dort sitzt auch das Kreis-Abfallmanagement um (v.li.) die Abfallberater Zafer Kaynak und Antje Remler, Sachgebietsleiter Roland Ackermann und Contollerin Theresa Salober. © Artist S.rossmann

Die Gebühren für die Restmüllentsorgung im Landkreis Ebersberg steigen sprunghaft an. Bei den Bürgern macht sich das in teuren Bescheiden der Gemeinden bemerkbar. Wo die tieferen Ursachen liegen und wie sie gegensteuern, erklären die Abfall-Spezialisten aus dem Landratsamt.

Landkreis Ebersberg - Die Gebühren für die Restmüll-Entsorgung im Landkreis Ebersberg gehen zurzeit sprunghaft nach oben: Anzing hat den Jahrespreis für die 80-Liter Restmülltonne um 57 Prozent auf 312 Euro erhöht, Zorneding um 68 Prozent auf 222 Euro, die Gemeinde Aßling um 37 Prozent auf 244 Euro. Nur einige Beispiele – zahlreiche Landkreisgemeinden ziehen derzeit die Preise an, um 30 bis 70 Prozent. Das sorgt für wütende Anrufe und E-Mails in den Rathäusern und schmerzhafte Aufschreie in so mancher Gemeinderatssitzung oder Bürgerversammlung.

Dabei liegt die Ursache woanders. Roland Ackermann ist Sachgebietsleiter Abfallwirtschaft im Landratsamt Ebersberg. Sein Büro liegt auf dem Gelände des Entsorgungszentrums Schafweide, wo der Restmüll aus dem Landkreis für den Weitertransport in die Verbrennungsanlage umgeschlagen wird. „Wir haben eine Kostensteigerung von 106 Prozent“, sagt er dort im Gespräch mit der EZ – und meint die sogenannte Entsorgungsumlage, mit der die Landkreisverwaltung die Kosten für Rest- und Biomüllabholung auf die Gemeinden umlegt.

Preissprung schlägt auf Bürger durch

Neben den allgemein gestiegenen Personal- und Energiekosten zählt Ackermann ein paar Abfall-Spezialfaktoren auf, in denen die Kostenexplosion begründet liegt: Die steigende CO₂-Bepreisung mache etwa 22 Euro pro Tonne aus – bei rund 19 000 Tonnen Restmüllverbrennung im Jahr ist das auf den Landkreis gerechnet eine Hausnummer. Seit einer Gesetzesänderung unterliege der Müllverbrennungsvertrag neuerdings der Umsatzsteuer: Macht 19 Prozent obendrauf. Zudem sei, weil die Entsorgungsumlage nur alle vier Jahre kalkuliert wird, bereits ein Defizit von 1,5 Millionen Euro aufgelaufen. Weil die Abfallwirtschaft aber kostendeckend kalkulieren müsse, müsse man dieses Defizit bis 2028, also den laufenden Kalkulationszeitraum, wieder hereinwirtschaften. Das ergibt in der Summe diesen Preissprung, der nun im Rahmen der gemeindlichen Neuberechnung nach und nach auf die Gebührenbescheide an die Landkreisbürger durchschlägt.

Abfall-App

Seit kurzem gibt es im Landkreis Ebersberg eine eigene Abfall-App, zu finden in den App-Stores von Apple und Android-Geräten unter dem Titel „Landkreis Ebersberg Abfall-App“. Dort finden Nutzer nicht nur aktuelle Müllabholungstermine für ihre Heimatgemeinde, sondern auch Infomaterial und Ansprechpartner für Themen rund um korrekte und illegale Müllentsorgung sowie einen Verschenkmarkt für noch brauchbare Dinge, die sonst in den Müll wandern würden.

Die Kreispolitik versucht bereits, gegenzusteuern: Jüngst entschied der Abfallwirtschafts-Ausschuss des Kreistags, dass der Ebersberger Müll nicht länger in Burgkirchen an der Alz verbrannt werden soll, sondern ab 2027 durch ein Kommunalunternehmen in Ingolstadt. Dieses sei nicht nur günstiger; über eine sogenannte Zweckvereinbarung entfalle voraussichtlich auch die Mehrwertsteuerpflicht. Die endgültigen Prüfungen, Verträge und Beschlüsse stehen aber noch aus. Zudem plane man, so schnell wie möglich die Umladestation an der Schafweide umzurüsten, um die Transportkosten zu senken. „Wir fühlen uns den Gebührenzahlern verpflichtet“, sagt Abfall-Sachgebietsleiter Ackermann. „Und wir tun alles, um von diesen hohen Gebühren runterzukommen.“ Ob die Müllentsorgung im Landkreis mittelfristig wieder merklich billiger wird, vermag er aber nicht zu versprechen. Das hänge von Faktoren wie der weiteren Entwicklung des CO₂-Preises ab. „Keiner kann in die Glaskugel schauen.“

Neues Unernehmen für mehr Synergie

Zugleich arbeitet der Fachbereich Abfallwirtschaft mit Einverständnis des Kreistags daran, sich selbst aus dem Landratsamt auszugliedern, indem die Aufgaben in ein eigenes Kommunalunternehmen überführt werden. Die Idee: Entscheidungen sollen künftig flexibler fallen und die Verwaltung von Rest- und Biomüllabholung von den derzeit zuständigen Kommunen zurück an den Landkreis gehen – beziehungsweise das Kommunalunternehmen. Das soll Synergien schaffen; damit etwa nicht mehr jedes Rathaus einen eigenen Abfallberater brauche.

Um einen ganz praktischen Tipp ergänzt Kreis-Abfallberaterin Antje Remler die Sparbemühungen des Landkreises, denn auch die Bürger seien gefragt: „Wenn jeder richtig trennen würde, könnten wir viel Geld einsparen.“ Eine jüngst durchgeführte Untersuchung des Biomülls habe ergeben, dass sich die Trennmoral regional deutlich unterscheide. Plastiktüten, Windeln, Alufolie: Diese „Fehlwürfe“ herauszusuchen verursache hohe Kosten bei den Wertstoffhöfen.

Aber auch beim Restmüll gebe es Einsparpotenzial. So zahle jeder Kunde bereits beim Kauf eines Produkts die Entsorgung des Verpackungsmülls über duale Systeme wie den gelben Sack oder den Verpackungsmüllcontainer. Dass das beim Kauf eingepreist ist, schreibt der Gesetzgeber den Herstellern vor. Roland Ackerman sagt: „Wenn Sie Ihren Joghurtbecher dann trotzdem in die Restmülltonne werfen, bezahlen Sie die Entsorgung doppelt.“ Kleinvieh, das offenkundig großen Mist macht, weshalb der Landkreis zu dem Thema wiederholt in Aufklärungskampagnen informiert.

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