NRW-Arbeitsminister bremst Mindestlohn-Erwartung: Erhöhung holt Aufstocker nicht aus dem Bürgergeld

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Der Mindestlohn ist laut NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann ein wichtiges Instrument. Für Bürgergeld-Aufstocker werde die Erhöhung auf 15 Euro nicht die Lösung sein.

Düsseldorf – Mindestens 15 Euro pro Stunde für Erwerbstätige: Die SPD möchte gerne die zentrale Forderung im Wahlkampf durchsetzen, die CDU bremst, hält eine Erhöhung erst in den kommenden Jahren für möglich. Die Entscheidung über die Lohnuntergrenze fällt die Mindestlohnkommission wahrscheinlich am Freitag, 27. Juni. Was jedoch nicht allen klar ist: Sie betrifft auch Hunderttausende Bürgergeld-Empfänger.

Aus dem Bürgergeld durch die Mindestlohn-Erhöhung? NRW-Minister appelliert: „Genauer hinsehen“

Diese Debatte hatte der Linken-Abgeordnete Cem Ince angestoßen. Er hatte bei der Bundesregierung nach der Zahl der Menschen gefragt, die trotz Arbeit Bürgergeld beziehen müssen. Dabei kam heraus: Zum ersten Mal seit 2015 sind mehr Erwerbstätige von der Grundsicherung abhängig. 2015 ist der gesetzliche Mindestlohn eingeführt worden. „Es kann nicht sein, dass Hunderttausende trotz Arbeit auf staatliche Hilfe angewiesen sind“, sagte er der DPA.

Bei der Debatte um die Bürgergeld-Aufstocker und den Mindestlohn müsse man „genauer hinsehen“, sagte Nordrhein-Westfalens Arbeits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) gegenüber IPPEN.MEDIA. Dass in Deutschland rund 830.000 Menschen arbeiteten und Bürgergeld beziehen, heiße nicht, „dass all diese Menschen nach einem vollen Arbeitstag nach Hause kommen, aber davon nicht leben können“.

Karl-Josef Laumann, Arbeits- und Sozialminister von Nordrhein-Westfalen, sieht den Mindestlohn als wichtiges Instrument, rechnet jedoch nicht damit, dass er vielen Bürgergeld-Aufstockern hilft. (Montage) © IPON/Imago//Jan Woitas/dpa

Er betonte, dass die Zahl der Aufstocker „seit Jahren kontinuierlich und deutlich“ sinke. „Ein geringer Anstieg von 2023 auf 2024 ist da keine Trendumkehr und geht auch nicht auf Vollzeitbeschäftigte zurück“, so der NRW-Politiker.

Karl-Josef Laumann bremst Erwartung an Mindestlohn-Erhöhung: Holt Empfänger nicht aus dem Bürgergeld

Tatsächlich geht die Mehrheit der erwerbstätigen Bürgergeld-Empfänger einer geringfügigen Beschäftigung nach. Das sind rund 280.000 der insgesamt 830.000 Aufstocker. Weitere 250.000 Menschen sind in Teilzeit beschäftigt. Rund 81.000 Menschen, also zehn Prozent, arbeiten in Vollzeit.

Arbeit der Erwerbstätigkeit im November 2024 Anzahl der Beschäftigten (Anteil)
Erwerbstätige Bürgergeld-Empfänger 831.882 (100 %)
Darunter abhängig Beschäftigte 773.357 (92,96 %)
Darunter sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 420.693 (50,57 %)
in Vollzeit 81.419 (9,79 %)
in Teilzeit 250.380 (30,10 %)
in Ausbildung 88.894 (10,69 %)
Ausschließlich geringfügig Beschäftigte 277.881 (33,40 %)
ohne Beschäftigungsmeldung 74.783 (8,99 %)
Selbstständige 63.486 (7,63 %)
Quelle: Bundesagentur für Arbeit

„Und auch bei den Vollzeitbeschäftigten ist meist nicht die Lohnhöhe der Grund für den Bürgergeldbezug, sondern die Größe der Bedarfsgemeinschaft, also der Familie, für die ein Einkommen reichen muss“, erklärte Laumann. „Den Großteil der Aufstocker wird eine Mindestlohnerhöhung nicht aus dem Leistungsbezug herausholen.“

Mindestlohn ist ein „wichtiger Teil der Arbeitsmarktordnung“

„Natürlich ist der Mindestlohn aber ein wichtiger Teil der Arbeitsmarktordnung“, sagte der CDU-Minister. „Eine Erhöhung kann die Arbeitsaufnahme aus Arbeitslosigkeit heraus attraktiver machen.“ Besonders wichtig sei ihm, dass sich Arbeit immer lohne. Dazu müsse ihr mit Respekt begegnet werden. „Dafür braucht es gute Löhne“, sagte Laumann. „Wir brauchen deshalb eine verlässliche Beteiligung aller Menschen an der Lohnentwicklung.“

Derzeit liegt der Mindestlohn bei 12,82 Euro pro Stunde. Die Mindestlohnkommission aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern entscheidet, wie hoch die Erhöhung in den kommenden Jahren ausfällt. Gewerkschaften teilen die SPD-Forderung von 15 Euro, Arbeitgeberverbände lehnen ein Mindestgehalt in der Höhe jedoch ab – und haben es als „Lohnpopulismus“ kritisiert.

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