Vier Autos gestohlen und mit allen geblitzt – kurioser Prozess endet mit Haftstrafe

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„Keyless“ als Risiko: Ob ohl die Schlüssel teilweise in Tresoren untergebracht waren, haben es Autodiebe geschafft, vier Audis im Main-Kinzig-Kreis zu knacken. Allerdings wurde der Täter auch viermal geblitzt. © Symbolbild: Matthias Balk/dpa

Ein 54-jähriger Mann ist zu drei Jahren Haft verurteilt worden, weil er im Oktober 2023 vier Audis aus dem Main-Kinzig-Kreis gestohlen hat – und jedes Mal von Blitzern erwischt wurde.

Hanau – Im Oktober 2023 verschwinden in Hanau-Mittelbuchen, Rodenbach, Maintal und Steinau Autos. Insgesamt vier Audis verschwinden von der Straße und sogar aus Garagen. Gesamtwert: 132 000 Euro. Und jeweils in derselben Nacht, in der die hochwertigen Karossen verschwinden, sind sie allesamt auf Blitzerfotos zu sehen. Hinterm Steuer: ein 54-jähriger Pole, der sich vor dem Schöffengericht des Amtsgerichts Hanau verantworten muss.

Als sich der Angeklagte zusammen mit seinem Verteidiger Jens Farag die Beweisfotos anschaut, muss er selbst schmunzeln. Die Aufnahmen lassen keinen Platz für Zweifel. „Das hier ist das Beste“, sagt Richterin Kristina Rechmann und zeigt dem Angeklagten das verräterische Schwarz-Weiß-Bild. Bei Meißen hat ihn der Radar sogar zweimal erwischt.
„Ich war dafür zuständig, die Autos nach Polen zu bringen“, antwortet S. auf die Frage, wie er bei den Diebstählen vorgegangen sei. Wie die Autos exakt geknackt worden sind, wisse er nicht genau. Das habe „Arek“ gemacht, von dem er sich in Polen Geld für seine Alkoholsucht geliehen hat. Pro Auto soll es 500 Euro gegeben haben, sagt er. Wie hoch seine Schulden insgesamt sind, wisse er nicht. Von Arek, dessen Nachnamen er nicht kennt, hat er sich 20 000 Zloty geliehen.

Übergabe war schlüssellos

In allen vier Fällen sei der Ablauf derselbe gewesen: Zusammen mit Arek ist S. von Polen aus in den Main-Kinzig-Kreis gefahren und wurde dann auf einem Feld oder im Gebüsch abgesetzt. „Dann hat er die Autos geholt und mir übergeben, mit laufendem Motor und ohne Schlüssel“, schildert der Angeklagte das Vorgehen. Wie genau er die Audis geknackt hat, weiß S. nicht. Denn die Funk-Schlüssel von Q7, A6 und Co. hingen noch bei ihren Besitzern im hölzernen Schlüsselkasten oder lagen sogar im vermeintlich strahlungsgeschützten Tresor, wie die Zeugen im Laufe des Prozesses berichten.

Eine Tat ist allerdings missglückt: Bei Königsbrück in Sachsen ist der 54-Jährige zwar zunächst mit 180 Sachen innerorts einer Polizeistreife davongerauscht und zu Fuß in ein Waldstück geflüchtet – hat aber die Energydrink-Dose samt seiner DNA im Auto hinterlassen. Die Polizeihunde erwischen ihn aber nicht mehr. „Ich bin durch den Wald gelaufen, immer weiter, und dann mit dem Bus und der Bahn nach Polen zurück“, erzählt der Angeklagte.

So knapp erwischt worden zu sein, hält den verschuldeten und alkoholsüchtigen Autodieb nicht davon ab, nur zwei Tage später wieder mit derselben Absicht in den Main-Kinzig-Kreis zurückzukehren. Wieder zusammen mit Arek; die beiden Männer haben sich in einer polnischen Knastzelle kennengelernt, als S. dort wegen Körperverletzung einsaß. Angeblich habe er S. spontan und angetrunken angesprochen, woraufhin er dem nächsten organisierten Diebstahl zugestimmt haben will.

Hohe kriminelle Energie

Im Urteilsspruch macht Richterin Rechmann deutlich, dass sie ihm das nicht abkaufe: „Wir halten es für lebensfremd, dass so eine Entscheidung spontan vor der Kneipe getroffen wird.“ Die schweren Diebstähle seien mit hohem logistischen Aufwand verbunden und „im ganz großen Stil angelegt“, die kriminelle Energie sei hoch. Drei Jahre Freiheitsstrafe verhängt sie dem 54-Jährigen, der wegen eines anderen Delikts schon in Untersuchungshaft sitzt. Daneben muss S. für den Gesamtschaden aufkommen. Und wenn er „rauskommt, warten noch die Schulden in Polen auf mich“.

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