Trendwende am Immobilienmarkt? Expertin sieht „günstiges Zeitfenster“ für Haus-Käufer

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Traumhaus voraus? Experten sprechen bei niedrigen Bauzinsen von einem guten Zeitpunkt für Kaufinteressierte. © Carsten Hoefer/dpa

Die Bauzinsen sind seit mehreren Wochen stabil – und im Vorjahresvergleich deutlich günstiger. Experten sprechen von einem guten Zeitpunkt. Oder könnten die Zinsen sogar noch tiefer fallen?

München – Entspannt sich die Lage am Immobilienmarkt künftig wieder? Bei derzeit stabilen Bauzinsen und leicht steigenden Reallöhnen haben Kaufinteressenten durchaus Grund zu vorsichtigem Optimismus. Zumindest im Vergleich zum selben Zeitpunkt 2023, erklärt Michael Neumann, Immobilienexperte beim Kreditvermittler Dr. Klein, im monatlichen Quartalsbericht für Juli 2024. Lagen die zehnjährigen Immobiliendarlehen im Spätsommer 2023 noch bei bis zu 4,2 Prozent, bekommen Käufer die langfristig zinsgebundene Festschreibung aktuell für rund 3,4 Prozent.

Bauzinsen sind stabil: ein günstiger Moment für die Finanzierung?

Ist nun also der richtige Zeitpunkt für Kaufwillige gekommen? Neumann bejaht das und sieht vermehrt „Verhandlungsspielräume, vor allem bei älteren Immobilien mit schlechteren Energieeffizienzklassen“. Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Längere Phasen, in denen die Zinsen niedriger als zu einem vorherigen Vergleichszeitraum liegen, heizen die Nachfrage von Wohneigentum mittelfristig an. Auch deshalb rechnet der Experte mittelfristig „besonders in den Metropolen, Großstädten und Ballungsgebieten“ mit leicht steigenden Preisen. Mirjam Mohr, Vorständin des Privatkundengeschäfts beim Kreditvermittler Interhyp, spricht gegenüber der WirtschaftsWoche ebenfalls von einem derzeit „günstigen Zeitfenster“ für Kreditwillige.

Sorgen weitere Senkungen des Leitzinses durch die EZB für niedrigere Bauzinsen?

Theoretisch könnten Kaufinteressenten noch weitere Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank (EZB) abwarten. Ähnlich wie Inflation, Konjunkturlage sowie die generelle Nachfrage nach Krediten beeinflusst der Leitzins der EZB auch die Bauzinsen. Zumindest indirekt. Steigt der Leitzins, wird es für Banken teurer, sich Geld zu leihen. Diese Entwicklung geben die Banken anschließend kurzfristig an ihre Kunden weiter. Bei Immobilienkrediten werden die Zinsen aber oft langfristig, für mindestens zehn Jahre festgesetzt.

Dennoch reagiert der Kapitalmarkt für langfristige Anlagen auf derart weitreichende Entscheidungen der EZB. Die Folge sind sinkende Zinsen bei Anleihen und die für das Baugeld wichtigen Pfandbriefen. Diese dienen Banken als Sicherheiten bei der Baufinanzierung. Mit einer Absenkung des Leitzinses setzt die EZB indirekt oftmals einen Dominoeffekt in Gang: Niedrige Zinsen für Anleihen bedeuten sinkende Zinsen für Pfandbriefe, wodurch auch die Bauzinsen fallen.

Immobilienexpertin warnt vor Zinsspekulationen: „Preise sind bereits am Markt eingespeist“

Bis Jahresende erwarten Experten zwei weitere Zinssenkungen, nachdem die EZB den Leitzins bereits im Juni von 4,5 auf 4,25 Prozent herabsenkte. Mohr warnt jedoch vor einem Trugschluss und rät von Spekulationen über die dann größeren Effekte ab: „Diese sind bereits am Markt eingepreist und werden nach jetzigem Stand für wenig neue Impulse sorgen.“

Abseits der Kosten für geliehenes Geld verläuft die Entwicklung beim Tilgungssatz bei Baufinanzierungen ebenfalls positiv. Im Juli 2023 lag dieser durchschnittlich bei 1,71 Prozent – und somit so tief wie seit 13 Jahren nicht. Zuletzt war der Satz, mit dem Käufer ihren Kredit (jährlich) zurückzahlen, im Jahr 2011 (1,64 Prozent) auf einem derartigen Tiefstand. Doch auch hier sei laut dem Kreditvermittler Dr. Klein Vorsicht geboten: Zwar gewährleiste eine geringe Tilgung günstige monatliche Raten. Allerdings führe das zwangsläufig zu einer längeren Laufzeit des Kredits – wodurch die Zinssumme für Käufer ansteige.

Immobilienindex Greix: Preise für Immobilien sind im zweiten Quartal gestiegen

Für Wohneigentum hatte Jonas Zdrzalek, Immobilienexperte am Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), vor eineinhalb Wochen noch von einer Trendwende gesprochen: Aus dem am 8. August veröffentlichten Immobilienpreisindex Greix ging hervor, dass die Immobilienpreise im zweiten Quartal 2024 erstmals seit rund zwei Jahren wieder gestiegen sind. Eigentumswohnungen seien durchschnittlich 2,4 Prozent im Wert gestiegen– Einfamilienhäuser um zwei Prozent, Mehrfamilienhäuser um satte 4,4.

„Die große Unsicherheit der vergangenen Jahre und Monate nimmt offenbar ab, und der Ausblick auf sinkende Zinsen stabilisiert den Markt. Investoren scheinen erneut Vertrauen in die langfristige Wertsteigerung von Immobilien zu gewinnen.“

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