Boris Palmer über Zurückweisungen von Flüchtlingen: „Ich wäre geteert und gesteinigt worden“

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Nach dem Ultimatum durch CDU-Chef Friedrich Merz will die Ampel mehr Flüchtlinge zurückweisen. Für Boris Palmer ist der Kurswechsel zu radikal.

Tübingen - Friedrich Merz hatte der Ampel ein Ultimatum gestellt. Dabei forderte er von der Regierung eine schriftliche Zusage, dass künftig mehr Geflüchtete an den Außengrenzen zurückgewiesen werden. Sollten sie dieser Voraussetzung nicht nachkommen, wolle die CDU/CSU mit der Ampel nicht mehr über Migration sprechen.

Doch inzwischen hat sich die Ampel auf die Union zubewegt. So sicherte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) zu, dass es mehr Zurückweisungen geben werde. Auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte Kompromissbereitschaft an: „Wir haben schon Zurückweisungen an der Grenze, wir haben schon Grenzkontrollen, und ein effektives Grenzmanagement ist etwas, was wir gern weiter und auch mit Unterstützung der Opposition ausbauen wollen.“

Boris Palmer kritisiert radikalen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) ist normalerweise einer, dem die Flüchtlingspolitik nicht streng genug sein kann. Einst schrieb er selbst einen Brief an Scholz und bat für Tübingen um weniger Geflüchtete. Doch die aktuellen Forderungen, gerade von CDU-Chef Merz, gehen selbst dem ehemaligen Grünen-Politiker zu weit.

„Plötzlich“, so Palmer bei Facebook, können „Vorschläge zur Abwehr von Flüchtlingen“ gar nicht „radikal genug sein“ und Merz mache nur mit, „wenn die Grenzen komplett abgeriegelt und alle Flüchtlinge zurückgeschickt werden.“ Was dies in Europa auslösen würde, scheine ihm derweil „völlig egal“, wettert Palmer. Seiner Meinung nach könne man strikte Zurückweisungen an den Außengrenzen durchaus fordern, allerdings fehle ihm „Maß und Mitte, Realismus und Pragmatismus“, sowie ein Blick auf die „Gesamtverantwortung“.

Die Grünen stehen laut Palmer vor einem „Scherbenhaufen“

Von den Grünen, die als Teil der Regierung härteres Vorgehen an den Außengrenzen mittragen müssten, fühlt sich Palmer derweil ungerecht behandelt. Die Partei stünde laut dem OB vor einem „Scherbenhaufen“: „Was sie jetzt mitträgt, geht weit über die kleinen und pragmatischen Vorschläge hinaus, die ich seit 2015 immer wieder vorgetragen habe und dafür mit einem Parteiausschlussverfahren abgestraft wurde.“ Außerdem sei er sich sicher: Hätte er die Forderung erhoben, „alle Asylbewerber abzuschieben, die in anderen EU-Ländern Asyl beantragt hatten und sie dafür auch in Haft zu nehmen“, wäre er dafür „geteert und gesteinigt worden, auch von den Medien.“

Boris Palmer ärgert sich über die „politisch Korrekten“.
Boris Palmer fordert mehr Realismus in der Flüchtlingspolitik. © picture alliance/dpa | Silas Stein

Hinsichtlich des Parteiausschlussverfahrens gehört jedoch zur Wahrheit, dass dies nicht nur wegen Palmers Meinung zur Flüchtlingspolitik angesetzt wurde. Es gab mehrere Skandale um den einstigen Grünen, unter anderem wegen Antisemitismus und Rassismus. Letztlich entschied er sich selbst dazu, aus der Partei auszutreten.

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