„Auf der Erde ist nicht genug Platz für beide“: Musk kann Trump mit neuer Partei gefährlich werden

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Elon Musk will mit seiner „America Party“ hoch hinaus. Doch die großen Erfolge werden wohl ausbleiben, glaubt US-Experte Stephan Bierling.

Frankfurt – „Heute wurde die America Party gegründet, um euch eure Freiheit zurückzugeben.“ Mit diesen Worten leitete Elon Musk, Tech-Milliardär und ehemaliger Berater von US-Präsident Donald Trump, die Gründung seiner eigenen Partei ein. Das Ziel: Musk will das Zwei-Parteien-System in den USA aufbrechen.

Stephan Bierling, Professor für Internationale Politik an der Universität Regensdorf und Experte für US-Politik, hegt Zweifel am Erfolg von Musk und seiner Partei. Im Interview mit der Frankfurter Rundschau von IPPEN.MEDIA erklärt er, wie er dennoch Einfluss auf die US-Politik nehmen könnte – und warum Musks Partei an dessen Narzissmus scheitern könnte.

Herr Bierling. In Deutschland haben Parteien wie die AfD oder jüngst das Bündnis Sahra Wagenknecht zu einer mehr oder weniger starke Disruption der Parteienlandschaft geführt. Droht mit Musks „America Party“ den USA jetzt der AfD-Moment?

Nein, davon ist nicht auszugehen. Das Zwei-Parteien-System von Demokraten und Republikanern ist dort seit den frühen 1860er Jahren etabliert und so festgefahren, dass es kein Aufbrechen des gesamten Systems geben wird. Wenn man Umfragen glaubt, dann sehen 80 Prozent der Amerikaner sich von den beiden Parteien im Moment zwar nicht wirklich repräsentiert. Das hat auch vor allem damit zu tun, dass beide Parteien in den letzten 30, 40 Jahren immer weiter ans Ende des politischen Spektrums marschiert sind. Aber mit diesen 80 Prozent ist es so, wie wenn Sie fragen, wollen Sie in Zukunft abnehmen? Dann kriegen Sie auch in Deutschland auch 80 Prozent Zustimmung. Aber am Abend, wenn die Schokolade neben dem Fernsehsessel liegt, dann greift man doch zu.

Zur Person Stephan Bierling

Stephan Bierling ist seit dem Jahr 2000 Professor für Internationale Politik und Transatlantische Beziehungen an der Universität Regensburg. Als Gastprofessor lehrte er auch in den USA am Austin College oder der University of California. Zuletzt veröffentlichte Bierling passend zum Thema sein neustes Buch „Die Unvereinigten Staaten. Das politische System der USA und die Zukunft der Demokratie“.

Ist Musk diese Loyalität gegenüber den beiden großen Parteien in den USA bewusst?

Das wage ich zu bezweifeln. Er ist ein Megalomane, ein Mensch der glaubt allein durch seinen Willen und seine Kraft alles verändern und bewegen zu können und im Wirtschaftsbereich war er damit erfolgreicher als jeder andere Unternehmer in der Menschheitsgeschichte. Die Politik ist allerdings ein anderes Tier, das ist sehr viel schwieriger zu reiten und dort wird er sehr schnell feststellen, dass trotz seines weltbekannten Namens, trotz seines Reichtums, es einfach strukturelle Hindernisse geben wird, wo man sich mit Wille und Geld nicht alles kaufen kann auf der Welt, was man glaubt.

Elon Musk gründet seine eigene Partei – Diesen Einfluss könnte er auf die US-Politik nehmen

Elon Musk ist dennoch eine prominente Figur in den USA und spätestens seit seiner Beteiligung in der Trump-Regierung mitten im politischen Geschehen angekommen. Welche Auswirkungen könnte eine „America Party“ in den Vereinigten Staaten haben?

Nun, Elon Musk wird es nicht darauf anlegen, dass er eine wirkliche Partei, eine Drittpartei dauerhaft etablieren kann. So realistisch ist er. Aber mit so einer Drittpartei kann man natürlich Nadelstiche aussenden. Die amerikanischen Präsidentschaftswahlen, aber auch die Kongresswahlen gehen mittlerweile seit 15 Jahren überaus knapp aus. Das heißt, es reichen oft Abstände von 1, 2 oder 3 Prozentpunkten in die eine oder andere Richtung, um zu gewinnen. Erinnern wir uns, Donald Trump hat bei den letzten Wahlen gerade mal 1,5 Prozentpunkte vor Kamala Harris gelegen. Der Abstand im Repräsentantenhaus ist einer der engsten in der bald 250-jährigen amerikanischen Geschichte. Und im Senat liegen die Republikaner gerade mal drei Stimmen vor den Demokraten. Das heißt, so eine Drittpartei, die es schafft, auch nur einige Wähler von einer der beiden großen Parteien abzuziehen, kann durchaus überproportionalen Effekt haben. Dann könnte Musk wirklich das Zünglein an der Waage spielen.

Ist das in der politischen Geschichte der USA bereits passiert?

Im Jahr 2000 traten damals für die Republikaner George W. Bush und für die Demokraten Al Gore an. Und am Ende wurde diese Präsidentschaft in einem Bundesstaat entschieden – nämlich in Florida. Dort war nach langer Auszählung festgestellt worden, dass Bush 537 Stimmen mehr hatte als Al Gore. Und jetzt kommt der Clou. Damals ist ein Kandidat mit dem Namen Ralph Nader angetreten. Und der hat in Florida so zwei bis zweieinhalb Prozentpunkte bekommen, die er wahrscheinlich überwiegend von den Demokraten abgezogen hatte. Das heißt, Musks Ankündigung, mit einer eigenen Partei Kandidaten zu unterstützen, wahrscheinlich schon bei den nächsten Zwischenwahlen, könnte für die Republikaner, woher er wohl die meisten Wähler abziehen wird, die Katastrophe bedeuten.

„America Party“: Musk könnte wichtige Wählerinnen und Wähler von den Republikanern abziehen

Auf wen könnte Musk als Unterstützer für seine „America Party“ zählen?

Nehmen Sie nur die ganzen Tech-Leute. Nehmen Sie die Crypto-Currency-Leute. Nehmen Sie die Gamer, die zu Hause in den Kellern ihrer Eltern sitzen. Die verehren Musk dramatisch und sind, so wissen wir aus den Wahlbefragungen, doch mit ihm sehr stark ins Trump-Lager gewandert. Das heißt, selbst wenn er nur einen Teil dieser Wähler jetzt auf seine neue Partei verpflichtet und an sie bindet, wird das den Republikanern mehr schaden als den Demokraten.

Musk und Trump hatten sich vor allem über die „Big Beautiful Bill“ zerstritten. Auch in der MAGA-Bewegung kam das Wirtschaftsgesetz des Präsidenten in Teilen nicht gut an. Könnte es innerhalb der Bewegung zum Bruch kommen?

Nein, die klassische MAGA-Bewegung, also die schlechter ausgebildeten, vor allem männlichen Wähler – die nicht nur weiß sind, wie wir seit 2024 wissen – sind das Rückgrat der Bewegung. Die werden bei Trump bleiben, die kontrolliert er wie ein Guru seine Sekte kontrolliert. Aber Trumps Wähler sind eben auch noch andere gewesen, also Wirtschaftsliberale oder Tech-Leute aus dem Silicon Valley und so weiter. Die sind internationalistisch und auf sparsame Ausgabenpolitik ausgerichtet. Und genau die spricht Musk an. Dass Musk so eng mit Trump gerade in dieser Doge-Reduzierung des öffentlichen Staatsapparats zusammengearbeitet hat, war etwas, was Trump sehr geschickt nutzte. Und Musk sieht, dass er im Grunde von Trump nur benutzt wurde. Und was er jetzt macht, mit seiner „America-Party“, ist im Grunde auch eine Rache an Trump, von dem er sich gerade durch diese „Big Beautiful Bill“, die ja Geld raushaut, als ob es kein Morgen mehr gibt, verraten sieht.

Elon Musk und Donald Trump vor dem Weißen Haus in Washington.
Elon Musk will das Drei-Parteien-System in den USA durchbrechen. Doch damit könnten er und seine neue Partei scheitern, meint US-Experte Stephan Bierling. © Manuel Balce Ceneta/Evan Vucci/Jacquelyn Martin/dpa (Montage)

„Weil Musk sich selbst für die Sonne im Planetensystem hält“ – Neue Partei wegen Narzissmus in Gefahr

Auf X wirbt Musk damit, den US-Bürgerinnen und US-Bürgern ihre „Freiheit“ zurückzugeben. Sollte er tatsächlich eine Mehrheit bekommen, könnte er aber kein Präsident werden. Weil er nicht in den USA geboren ist, verbietet ihm das die Verfassung. Wer könnte unter Musk die Führung der „America Party“ übernehmen?

Bisher ist da niemand nach vorne getreten. Es ist auch schwierig, in dem Universum von Musk irgendetwas zu werden. Warum? Weil Musk sich selbst für die Sonne im Planetensystem hält. Und da rotieren alle um ihn, aber er allein spendet das Licht. Insofern ist er hier genauso selbstbezogen und narzisstisch, wie es Trump ist. Das ist etwas, was im Grunde nicht erlaubt, dass es eine zweite Führungsfigur gibt und das war ja auch der tiefere Grund, warum sich Trump und Musk, wie viele, auch ich, vorhergesagt haben, innerhalb weniger Monate zerstreiten und bis aufs Blut bekämpfen würden. Auf dieser Erde ist nicht genug Platz für beide die Nummer 1 zu sein. Das heißt, jeder wird sich im Präsidentschaftswahlkampf, der drei Jahre noch weg ist, sehr schwertun, in einem Musk-Universum irgendwie aufzusteigen. Genauso wie es beim letzten Mal unmöglich war, in einem Trump-Universum für einen Republikaner aufzusteigen. Da kursieren auch noch keine Namen und ich weiß auch nicht, ob sich jemand wirkliches antun will, dann Präsident unter Musk zu sein. So hohe Leidensfähigkeit gibt es selbst bei sehr duckmäuserischen Politikern nicht wirklich.

Sie glauben nicht an den Erfolg eines Kandidaten einer Partei abseits des Zwei-Parteien-Systems in den USA. Aber gab es schon einen ähnlichen Fall in der US-Geschichte?

1992 gab es Ross Perot, ein bizarrer Milliardär, der Präsident werden und groß in die Politik einsteigen wollte. Damals konnte er knapp 19 Prozent aller Stimmen erreichen. Heute ist das aber anders, denn eigentlich ist Trumps selbst der Drittkandidat. Die Republikaner sind auch nicht mehr die Republikaner von vor zehn Jahren, bevor Trump in die Politik eingestiegen ist, sondern es ist eine völlig neue Partei. Trump hat die etablierte republikanische Partei gekapert und sie nach seinem Willen umgestellt. Das heißt, im Grunde ist die Republikanische Partei nur noch dem Namen nach, die Republikanische Partei von vor einer halben Generation. Sie ist jetzt die Trump-Partei und ist damit eigentlich die Drittpartei in der amerikanischen Politik geworden. (nhi)

Auch interessant

Kommentare