Neue Hüfte, Knie, Schulter: Daran erkennen Sie einen guten Arzt für Ihre Gelenkersatz-Operation

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Professor Rüdiger von Eisenhart-Rothe teilt die Kritik von Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach an zu vielen Hüft- und Kniegelenk-Operationen nicht. © TUM

Wer ein neues Knie, eine neue Hüfte oder eine neue Schulter braucht, sollte sich Arzt und Klinik genau anschauen. Die besten Tipps rund um die OP.

Wie lange kann man sich mit Arthrose irgendwie arrangieren? Wann werden die Schmerzen zu stark und der Verlust an Lebensqualität zu groß? Letztlich muss jeder Betroffene selbst entscheiden, wann der richtige Zeitpunkt für ein künstliches Gelenk gekommen ist. Hier erklärt ein Top-Spezialist, worauf Patienten vor und nach dem Eingriff achten sollten.

Arthrose-Behandlung: Hohe Zufriedenheitswerte nach Gelenkersatz-Operationen

In Deutschland boomt der Gelenkersatz – und nicht immer sind diese Operationen alternativlos oder gar sinnvoll, so Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach. „Die Flut von Hüft- und Kniegelenk-Operationen muss ein Ende haben“, kritisierte er mehrfach. Diese Forderung hat allerdings auch zur Verunsicherung vieler Patienten beigetragen. Denn wer an Arthrose im fortgeschrittenen Stadium leidet, hat oft einen hohen Leidensdruck: ständig Schmerzen, sogar nachts im Bett, und immer größere Bewegungseinschränkungen. „Diesen Menschen können wir mit einem künstlichen Gelenk in den meisten Fällen viel Lebensqualität zurückgeben“, weiß Professor Rüdiger von Eisenhart-Rothe, Direktor des Endoprothesenzentrums im Uniklinikum rechts der Isar. Fakt ist nämlich: „Es werden auch deshalb so viele künstliche Hüften, Knie und Schultern eingesetzt, weil wir eines der besten Gesundheitssysteme haben, um auch kranke Menschen zu versorgen.“ Zudem gehören Gelenkersatz-Eingriffe zu den erfolgreichsten der modernen Medizin. So sind etwa 80 bis 90 Prozent der Patienten mit dem Ergebnis ihrer OP sehr zufrieden; wenn es um künstliche Hüftgelenke geht, steigt diese Quote sogar auf weit jenseits der 90 Prozent.

Schematische Darstellung eines künstlichen Hüftgelenks
Ein künstliches Hüftgelenk kann Arthrose-Patienten viel Lebensqualität zurückbringen. © Science Photo Library / Sebastia

Trotzdem handelt es sich um eine große Operation. Wie können Arthrosepatienten sicher sein, dass auch wirklich alle Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft und dass sie bei ihrem Operateur in guten Händen sind? Diese Fragen lassen sich zwar leider nicht pauschal beantworten, aber es gibt Anhaltspunkte bzw. Entscheidungskriterien:

Über 1250 Endoprothesen pro Jahr

Eingangsschild am Klinikum rechts der Isar
Haus der Spitzenforschung: Am Uniklinikum rechts der Isar und in weiteren deutschen Universitätsklinika beginnt in diesem Jahr die weltweit größte Studie zum Einsatz von Cannabis als Medikament. © Matthias Balk

Professor Rüdiger von Eisenhart-Rothe, zweifacher Familienvater, leitet seit 2012 die Klinik für Orthopädie und Sportorthopädie sowie das Endoprothetikzentrum der Maximalversorgung am Uniklinikum rechts der Isar. Der 52-Jährige ist auch auf Krebsoperationen sowie auf die Behandlung von Protheseninfekten spezialisiert. Sein Ärzteteam setzt pro Jahr mehr als 1250 künstliche Knie, Hüften, Schultern und Ellenbogen ein. Besonderes Know-how haben sie zudem auf dem Gebiet der Robotik. So haben von Eisenhart-Rothe und seine Kollegen bereits 850 künstliche Knie- und Hüftgelenke mithilfe des Roboters Mako implantiert.

Der richtige OP-Zeitpunkt – wenn konservative Therapien versagen

„Eine Gelenkersatz-OP ist nur selten ein Notfall, insofern sollten Sie sich nicht zu einem bestimmten Termin drängen lassen. Sie alleine entscheiden, wann Sie sich operieren lassen möchten“, rät von Eisenhart-Rothe. Letztlich gelte es nüchtern abzuwägen: Kommt man im Alltag noch gut zurecht? Oder sind die Schmerzen und Bewegungseinschränkungen schon so stark, dass der Wunsch nach mehr Lebensqualität größer ist als die Angst vor der OP? Ein Kriterium kann auch sein, wie viele Schmerzmittel man braucht. Wer täglich mehrere Voltaren- oder Ibuprofen-Tabletten schluckt, riskiert unter anderem Herz-Kreislauf- sowie Magen-Darm-Erkrankungen. Man sollte zudem bedenken, dass sich die Muskulatur rund um das Gelenk durch Schonhaltungen zurückbildet und sich dadurch die Rahmenbedingungen für eine schnelle Reha nach dem Eingriff verschlechtern. Auf der anderen Seite gilt auch: Ein Röntgenbild oder eine MRT-Aufnahme alleine sind kein Grund dafür, sich schnell operieren zu lassen. Es gibt Patienten, die trotz starker Knorpelschäden ihre Schmerzen in den Griff bekommen und sogar Sport treiben können – oft mithilfe konservativer Therapien. Dazu zählen Physiotherapie und spezielles Training, Injektionen mit Hyaluronsäure oder Eigenblutbehandlungen. „Man darf sich aber auch nichts vormachen“, sagt von Eisenhart-Rothe. „Diese Behandlungen können Arthrose nicht heilen, meist auch nicht stoppen, sondern allenfalls ihr Fortschreiten verlangsamen. Bei hochgradiger Arthrose und großem Leidensdruck sind konservative Therapien nicht mehr sinnvoll.“

Erfahrung zählt: Warum Sie Ihren Operateur vor der OP treffen sollten

Entscheidend sind Erfahrung und Routine. „Der Operateur sollte die OP einerseits schon oft gemacht haben und sie andererseits noch immer oft durchführen. Übung macht den Meister“, erläutert von Eisenhart-Rothe. Der Hintergrund: Studien belegen, dass die Komplikationsrate sinkt, wenn sowohl der Operateur als auch die Klinik über mehrere Jahre mehr als 50 Gelenkersatz-Operationen durchführen. Besser wäre eine Bilanz von über 100 solcher Eingriffe. In spezialisierten Häusern wird diese Zahl sehr leicht erreicht. Wichtig ist auch, dass die Chemie zwischen Arzt und Patient stimmt. Bestehen Sie darauf, dass Sie Ihren Operateur vor Ihrem Eingriff auch mal gesehen haben – das ist leider nicht immer der Fall. Und trauen Sie sich, Fragen zu stellen: Wie oft haben Sie den Eingriff schon gemacht, wie lange setzen Sie schon künstliche Gelenke ein? „Es ist auch in Ordnung, wenn man sich bei zwei oder auch drei Spezialisten vorstellt. Ein souveräner Arzt wird damit kein Problem haben“, sagt von Eisenhart-Rothe.

Die Klinik: Arthrose-Patienten profitieren von Maximalversorgung

Viele Arthrose-Patienten leiden unter weiteren Erkrankungen. Gerade Menschen mit Diabetes oder Herzproblemen sind gut beraten, sich in einer sogenannten Klinik der Maximalversorgung unters Messer zu legen. Dort sind notfalls Experten aller Fachabteilungen schnell verfügbar, arbeiten Hand in Hand, etwa Kardiologen oder Nierenspezialisten. Im Notfall muss der Patient nicht erst in ein anderes Krankenhaus verlegt werden.

Gelenkersatz-Spezialisten: Qualitätssicherung durch Zertifizierung

Um Patienten eine hohe Qualität zu garantieren, lassen sich Gelenkersatz-Spezialisten zertifizieren. Unabhängige Prüfer checken unter anderem regelmäßig, ob der Operateur und seine Klinik die wichtigsten Erfolgs- und Sicherheitsfaktoren erfüllt. Nähere Informationen dazu gibt es im Internet unter der Adresse www.endocert.de.

Sicherheit bei Gelenkersatz-OPs: Protheseninfekte vermeiden

Heutzutage können auch sehr alte und kranke Patienten sicher operiert werden, die allgemeinen OP-Risiken sind gering. Die am meisten gefürchtete Komplikation bei Gelenkersatz-Eingriffen ist ein Protheseninfekt. Dabei siedeln sich Bakterien auf den künstlichen Gelenken an – mitunter auch noch Jahre nach der OP. Diese Gefahr ist zwar sehr selten, das Risiko schwankt bei erstmalig eingesetzten Kunstgelenken je nach Klinik zwischen einem und 2,5 Prozent. Wenn dieser Gelenkersatz-GAU aber eingetreten ist, steht eine aufwendige Therapie mit mehreren weiteren Operationen an. Deshalb bemühen sich gute Krankenhäuser, Protheseninfekte schon bei der OP-Vorbereitung zu vermeiden. Ein Mittel ist die sogenannte präoperative Dekolonisation. „Der Patient bekommt am Tag vor der OP einen speziellen Waschlappen. Damit muss er sich von Kopf bis Fuß reinigen. So soll verhindert werden, dass später Keime von der Haut in die OP-Wunde gelangen“, erklärt von Eisenhart-Rothe.

Der Klinik-Aufenthalt: Wie lange sollte er dauern?

Dazu gibt es zwei Tipps: Zum einen sollten Sie nicht zu früh in die Klinik gehen und zum anderen nicht zu lange bleiben – immer vorausgesetzt, dass Sie sich planmäßig erholen. Das Risiko einer Infektion verdoppelt sich innerhalb einer Woche. „Andererseits sollten Sie auch keine übertriebene Angst vor Infektionen haben, denn in zertifizierten Kliniken wird streng auf Hygiene geachtet“, weiß von Eisenhart-Rothe. In der Regel bleiben die Patienten nach einer Gelenkersatz-OP vier bis sieben Tage im Krankenhaus, bevor sie ihre Reha antreten. Sie ist stationär oder ambulant möglich.

Die OP-Vorbereitung: Muskelaufbau, Gewichtsreduktion und Rauchstopp

Nutzen Sie die Zeit vor der OP, um Ihre Muskulatur gezielt zu trainieren. Ein guter Trainingszustand hilft Ihnen dabei, nach dem Eingriff schneller wieder auf die Beine zu kommen. Auch Abnehmen lohnt sich, sofern Sie ein paar Kilo zu viel auf den Rippen haben. Schon bei einem Body-Mass-Index ab 27 bis 31 ist das Wundinfektionsrisiko bei einer OP um das Vierfache erhöht, ab einem BMI von 31 sogar um das Achtfache. „Schon wenn man fünf Kilo abspeckt, hat man nachgewiesenermaßen einen Vorteil“, berichtet von Eisenhart-Rothe. Zudem sollten Sie mindestens vier Wochen vor dem Eingriff mit dem Rauchen aufhören. Erwähnen Sie im OP-Vorgespräch Allergien. „Patienten mit einer Nickelallergie kann man möglicherweise eine spezielle Allergie-Prothese einsetzen.“

Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unserer Redaktion nicht beantwortet werden.

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