Es ist ein Brief, der schockiert und aufrütteln soll: In einer Mail an die Eltern weisen die Lehrer der Realschule Miesbach mit klaren Worten auf die Probleme hin, die die Schule mit Pornografie auf Schülerhandys hat.
Es ist ungewöhnlich, dass sich das Kollegium direkt und geschlossen an die Eltern ihrer Schüler wendet. Aber das, was vor den Osterferien seitens der Schulleitung im Elternbrief Thema war, wurde jetzt mit Nachdruck von der gesamten Lehrerschaft unterstrichen: Die Realschule Miesbach sagt dem Missbrauch von Handys den Kampf an.
Wie Schulleiter Thomas Kaspar auf Nachfrage unserer Zeitung berichtet, haben Eltern auf dem Handy ihres Kindes in einer Klassengruppe pornografisches Material entdeckt und die Schule informiert. Kaspar reagierte darauf vor den Osterferien mit einem Elternbrief. Darin berichtete er „von gewaltverherrlichenden und pornografischen Filmen, die von – natürlich nur einer kleinen Gruppe von Schülerinnen und Schülern – konsumiert und leider auch in Chatgruppen unter Schülern und in gesamten Klassenchats verbreitet werden“.
„Das ist verstörend und krass“
Ein Brief, der Kreise zog. Denn auch die Lehrer reagierten schockiert. „Das ist verstörend und krass“, sagt Kaspar. Das Kollegium forderte daher nach den Ferien eine Personalversammlung, die sofort am Dienstag stattfand. Ergebnis ist der zweite, gemeinschaftlich verfasste Brief an die Eltern.
„Viele unserer Schülerinnen und Schüler können offensichtlich nicht verantwortungsvoll und anständig mit Social Media umgehen“, heißt es da. „Sie schicken sich in Whatsapp-Gruppen kurze Filmsequenzen aus Pornos oder nutzen die App für heftiges Cybermobbing mit hochgradig sexualisierter, abstoßender und vulgärer Sprache. Sie fotografieren Mitschülerinnen und bearbeiten die Fotos mit abstoßenden Montagen, um sie zu verschicken. Auch werden Mitschüler im Unterricht gefilmt und gepostet.“
Gerade junge Jahrgangsstufen sind betroffen
Besonders schockierend sei, dass dies „in den jungen Jahrgangsstufen 5 bis 8 geschieht“. Dabei handle es sich „um echte Pornos“. Eine konkrete Szene wird im Brief beschrieben, um das Ausmaß zu verdeutlichen. Für die Psyche von Kindern und Heranwachsenden, betonen die Lehrer, sei dies „völlig ungeeignet und verstörend“.
Auffällig: Lange haben sich Schüler, denen die Posts zuwider sind, nicht gemeldet. Sie würden sie erdulden, heißt es im Lehrerbrief: „Wir haben den Eindruck, dass viele Kinder mit ihren Whatsapp-Gruppen von den Eltern alleingelassen werden.“ Sie stellen klar, dass die Eltern allein „für die erzieherische und administrative Betreuung der Whatsapp-Gruppen“ ihrer Kinder verantwortlich sind. Was Schulleiter Kaspar betätigt: „Wir haben keine Handhabe, um private Endgeräte von Schülern zu kontrollieren.“ Auch Whatsapp-Gruppen seien privat.
Eltern sollen Handys kontrollieren
Die Lehrer fordern nun die Eltern auf, die Handys ihrer Kinder zu kontrollieren und nicht jugendfreie Inhalte der Schule zu melden. Ab sofort müssen Smartphones beim Betreten des Klassenzimmers bei der Lehrkraft abgelegt werden. Außerhalb der Räume bleibt das Handy während der gesamten Anwesenheit ausgeschaltet in der Schultasche. Beim zweiten Verstoß droht Nachsitzen.
Dass der Vorfall kein Einzelfall ist, bestätigt Christian Walter, stellvertretender Leiter der Polizei Miesbach: „Es ist ein generelles Problem an Schulen.“
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