Ringen um Wachstumschancengesetz: SPD wirft Union „Parteipolitik“ vor
Die Union verlangt mehr Steuerentlastungen zur Förderung der Wirtschaft. Die SPD wiederum wirft CDU und CSU Parteipolitik vor - hinter den Kulissen brodelt es.
Berlin - Im Ringen von Bund und Ländern um Investitionsimpulse für die Wirtschaft fordert die Union stärkere Steuerentlastungen. „Das Wachstumschancengesetz soll Investitionsanreize für die deutsche Wirtschaft schaffen“, sagte Unions-Vizefraktionschef Mathias Middelberg (CDU) am Dienstag. „Deshalb setzt sich die Union für eine degressive Abschreibung für Wohngebäude und bewegliche Wirtschaftsgüter genauso wie für eine befristete Anhebung des Verlustvortrags ein.“ Eine Zustimmung zum Gesetz machte der CDU-Politiker zudem davon abhängig, dass die Ampel-Regierung die Abschaffung der Steuerhilfen beim Agrar-Diesel zurücknimmt.
Aus der SPD-Bundestagsfraktion wurde Irritation laut, dass aus der Union Details aus den internen Verhandlungen in die Öffentlichkeit getragen würden. Ihr finanzpolitischer Sprecher Michael Schrodi warf der Union Parteipolitik vor. „Es ist ein höchst ungewöhnlicher Vorgang, dass aus kleinen informellen Verhandlungen bewusst Inhalte durchgestochen werden“, sagte Schrodi der Nachrichtenagentur Reuters. Bei der Union stünden nicht Wirtschaftswachstum und die notwendigen Impulse im Vordergrund, sondern parteitaktische Manöver: „Die Union nimmt dabei bewusst ein Scheitern der Verhandlungen in Kauf. Das irritiert mich sehr und ist völlig unverantwortlich.“
Auch SPD-Länderchefs äußern Bedenken
Das Wachstumschancengesetz sollte Unternehmen mit zahlreichen Maßnahmen wie besseren Abschreibungsmöglichkeiten ursprünglich um sieben bis acht Milliarden Euro bei Investitionen und Forschung entlasten. Es hängt nun im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat, weil die Länderkammer ihre Zustimmung verweigerte, da die Länder einen Teil der Kosten schultern müssten. Derzeit läuft es nach Darstellung aus Verhandlungskreisen auf ein Entlastungsvolumen von etwa drei Milliarden Euro hinaus, das die Länder im Fall einer Gesamteinigung bereit wären mitzutragen.
Eine informelle Arbeitsgruppe des Vermittlungsausschusses hatte am Montagabend getagt. Weitere Beratungen sind nach Reuters-Informationen am Freitag in größerer Runde geplant. Der Vermittlungsausschuss soll sich am 21. Februar damit befassen.
Auch aus den Reihen der SPD-geführten Bundesländer gibt es Bedenken. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) forderte am Dienstag im Deutschlandfunk Nachbesserungen. Auch bei der Kritik an der Abschaffung der Agrar-Diesel-Hilfen sieht die Union SPD-Regierungschefs und den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) an ihrer Seite. Der Agrar-Diesel ist nicht Teil des Wachstumschancengesetzes, sondern des Zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetzes. Dieses soll am 22. März den Bundesrat passieren, ist aber nicht auf die Zustimmung der Länderkammer angewiesen. (reuters, lf)