Tropen-Seuche in Italien: Feste gestoppt – Behörde gibt Bürgern die Schuld für Virus-Ausbreitung

  1. Startseite
  2. Welt

Kommentare

Erneut fällt eine Großveranstaltung in Italien dem Chikungunya-Virus zum Opfer. Das Auswärtige Amt ruft Urlauber zu Schutzmaßnahmen auf.

Verona – In Verona sollte Mitte September eigentlich gefeiert werden: Im Stadtteil Chievo war das traditionelle Volksfest Sagra del Ceo mit Musik, Tanz und regionalen Köstlichkeiten geplant. Doch statt Feststimmung herrscht nun Ausnahmezustand. Seit Freitag, 12. September, sind alle Veranstaltungen abgesagt. Damit reagieren die Behörden auf die steigenden Infektionszahlen mit dem Chikungunya-Virus in der Region.

Touristen versammeln sich auf dem Marktplatz von Verona
Verona ist ein Touristenhotspot, doch die Infektionsgefahr mit dem Chikungunya-Virus steigt. © Sabine Gudath/IMAGO

Bürgermeister Tommasi musste eine Notverordnung erlassen, mit der das Festival für drei Tage unterbrochen wird. Zu diesem Schritt habe er sich laut ildolomiti.it aufgrund neuer Infektionsfälle in der Valpolicella und im Alto Veronese gezwungen gesehen. Nach dem Dossobuono-Festival ist es nun bereits die zweite Großveranstaltung, die dem Virus zum Opfer fällt.

Infektionsgeschehen in Italien spitzt sich zu – Behörden geben Bürgern die Schuld

Die Gesundheitsbehörde ULSS 9 Scaligera meldet einen unerwartet starken Anstieg der Krankheitsfälle. In den letzten zehn Tagen habe sich das Virus in Verona deutlich schneller verbreitet als angenommen. Gründe seien laut den Behörden vor allem Nachlässigkeiten beim persönlichen Schutz vor den Überträgermücken: Viele Menschen trügen weder Insektenschutzmittel noch schützten sie sich durch lange, helle Kleidung. Zudem würden nicht überall Maßnahmen zur Eindämmung der Mückenpopulation beachtet. Um der Ausbreitung entgegenzuwirken, liegen nun großflächige Desinfektionsaktionen in den besonders betroffenen Orten Santa Lucia, Borgo Milano und Chievo, wie daily.vernonanetwork.it berichtet.

Nach Angaben des italienischen Gesundheitsinstituts (ISS) seien bis zum 9. September landesweit 208 bestätigte Infektionen registriert worden. Ein Großteil dieser Fälle gelte als autochthon, das heißt, die Übertragungen hätten direkt in Italien stattgefunden. Todesfälle seien bisher nicht aufgetreten. Die Regionen Venetien und Verona gelten derzeit als Schwerpunkte, doch auch aus anderen Teilen des Landes treffen Meldungen über Verdachtsfälle ein. Auch in Deutschland haben sich bereits Menschen mit dem Virus infiziert.

Auswärtiges Amt reagiert nach hohen Infektionszahlen mit Reisewarnung für Italien-Urlauber

Das deutsche Auswärtige Amt hat seine Reise- und Sicherheitshinweise für Italien aktualisiert und warnt ausdrücklich vor dem Chikungunya-Fieber. Übertragen wird das Virus ausschließlich über tagaktive Stechmücken der Gattung Aedes, vor allem durch die Asiatische Tigermücke. Eine direkte Ansteckung von Mensch zu Mensch gibt es nicht.

Nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bestehe die Gefahr, dass sich das Chikungunya-Virus zu einer internationalen Gesundheitskrise entwickeln könnte. Laut WHO sei die Krankheit mittlerweile in 119 Ländern nachgewiesen worden, wodurch weltweit etwa 5,6 Milliarden Menschen einem potenziellen Ansteckungsrisiko ausgesetzt sind. Die Organisation zieht dabei Parallelen zu den großen Epidemien der Jahre 2004 und 2005, während derer in kurzer Zeit mehrere Hunderttausend Infektionsfälle registriert worden seien. Damals seien vor allem in den Anrainerstaaten des Indischen Ozeans rund 500.000 Menschen infolge der Krankheit verstorben.

Auch in Deutschland gibt es eine wichtige Neuerung: Die Ständige Impfkommission (STIKO) hat nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) erstmals eine spezifische Reiseimpfung gegen Chikungunya in ihre Empfehlungen aufgenommen. Zur Verfügung stehen derzeit zwei Impfstoffe: der Lebendimpfstoff Ixchiq, der für Personen zwischen 12 und 59 Jahren zugelassen ist, sowie der inaktivierte Impfstoff Vimkunya, der ab einem Alter von 12 Jahren verabreicht werden kann. Beide Vakzine erfordern lediglich eine einzelne Dosis, um die Grundimmunisierung zu erreichen. Der Impfschutz gilt in der Regel nach etwa zwei Wochen als zuverlässig.

Nahaufnahme einer asiatischen Tigermücke auf menschlicher Haut
Diese kleine Mücke kann für den Menschen schnell zur Gefahr werden. © Zoonar/IMAGO

Stich der asiatischen Tigermücke kann schwere Komplikationen hervorrufen

Chikungunya ist eine tropische Viruserkrankung, die vor allem durch ihre schmerzhaften Gelenkentzündungen bekannt ist. Der Name stamme laut der Deutschen Apotheker Zeitung aus der Swahili-Sprache und bedeute in etwa „der, der sich krümmt“ – ein Hinweis auf die gebeugte Haltung vieler Erkrankter. Nach einer Inkubationszeit von drei bis zwölf Tagen setzt die Krankheit meist plötzlich ein. Typische Symptome sind hohes Fieber, starke Gelenk- und Muskelschmerzen, Kopfbeschwerden, Hautausschläge und ausgeprägte Erschöpfung.

Während die meisten Betroffenen sich vollständig erholen, können die Schmerzen bei manchen über Monate, selten sogar über Jahre, anhalten. Ältere oder gesundheitlich geschwächte Menschen haben ein erhöhtes Risiko für Komplikationen, wenngleich Todesfälle äußerst selten bleiben. (Il Dolomiti/ULSS9 Scaligera /ISS/Auswärtiges Amt/Weltgesundheitsorganisation/Robert-Koch-Institut/Deutsche Apotheker Zeitung) (jaka)

.

Auch interessant

Kommentare