„Immer mehr Firmen brechen zusammen“: Insolvenzen in Deutschland stark angestiegen

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Keine guten Zeiten für Unternehmer: Immer mehr Firmen in Deutschland droht Experten zufolge wegen schwächelnder Konjunktur und steigender Kosten die Insolvenz. © Bernd Weißbrod/dpa

Die Dauerbelastung aus hohen Kosten und Zinsen hat verheerende Folgen für viele Unternehmen: 2023 ist die Zahl der Insolvenzen deutlich gestiegen – laut aktueller Studie um 23,5 Prozent.

Berlin – Das Immobilien- und Einzelhandelsimperium des Milliardärs René Benko ist in den Abgrund gerutscht – viele Bauprojekte und Handelsketten in Deutschland wie Galeria Karstadt Kaufhof sind nun davon betroffen und sehen einer unklaren Zukunft entgegen. Aber auch zuvor mussten schon zahlreiche bekannte Marken Insolvenz anmelden. Das zeigt auch eine neue Auswertung: 2023 sei die Zahl der Unternehmensinsolvenzen deutlich um 23,5 Prozent auf 18.100 gestiegen, teilte die Wirtschaftsauskunft Creditreform am Montag (4. Dezember) mit.

Insolvenzen: „Immer mehr Firmen brechen unter den Dauerbelastungen zusammen“

Davon seien schätzungsweise 205.000 Arbeitsplätze betroffen. „Immer mehr Firmen brechen unter den Dauerbelastungen der hohen Energiepreise und der Zinswende zusammen“, sagte Chefökonom Patrik-Ludwig Hantzsch. Die Zahl der Insolvenzen werde im schwierigen konjunkturellen Umfeld auch in den kommenden Monaten deutlich steigen. „Die Fallzahlen sind damit fast normalisiert und die Sondereffekte aus der Corona-Zeit weitgehend verpufft“, betonte Hantzsch. „Im Vergleich zu 2019 haben sich die Rahmenbedingungen für die Unternehmen signifikant verschlechtert und der wirtschaftspolitische Schlingerkurs verunsichert zusätzlich.“

Auch wenn es 2023 viele Großinsolvenzen im Handel wie beispielsweise bei Gerry Weber oder Peek&Cloppenburg sowie im Bau und im Gesundheitssektor gab, hat sich laut Creditreform das Insolvenzgeschehen auf breiter Front insgesamt beschleunigt. Ein Grund dafür dürften auch Nachholeffekte sein.

„Signa-Pleite zeigt schwierige Lage für Bauträger“

Viele nun insolvente Unternehmen hätten jahrelang gegen multiple Krisen wie Corona, Inflation und Fachkräftemangel angekämpft. In der Corona-Zeit hatten staatliche Hilfen und das zeitweise Aussetzen der Pflicht zum Insolvenzantrag die Zahl der Firmenpleiten massiv gesenkt – obwohl die Wirtschaft gerade in 2020 eine massive Rezession durchgemacht hat. So gab es 2021 nur gut 14.000 Insolvenzen, nach etwa 18.800 im Vor-Corona-Jahr 2019.

In allen Bereichen verzeichnete Creditreform nun für dieses Jahr einen deutlichen Anstieg der Insolvenzen. Im Verarbeitenden Gewerbe stiegen die Fallzahlen am stärksten (plus 30,2 Prozent) – es folgte der Handel (plus 26,0 Prozent). Am Bau gab es ein Plus von 20,8 Prozent und bei Dienstleistern von 22,3 Prozent.

Durch hohe Zinsen, steigende Baukosten und dem Einbruch der Nachfrage steht laut Creditreform vor allem die Bauwirtschaft in Deutschland vor schwierigen Zeiten. „Der Insolvenzantrag der Signa Real Estate Germany und schließlich der gesamten Signa Holding von Haupteigner René Benko in Wien zeigen, wie schwierig die Lage für Projektentwickler und Bauträger geworden ist“, hieß es. Das Scheitern der Milliardenobjekte in renommierten Lagen habe gewaltige Folgen für Beschäftigte, Auftragnehmer und Gläubiger. „Noch ist nicht abzusehen, welche Investoren aktiv werden könnten.“

Zahler der Verbraucherinsolvenzen stabil

Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen ist laut Creditreform durch die immer noch gute Lage am Arbeitsmarkt weitgehend stabil. Insgesamt wurden 66.200 solcher Insolvenzverfahren registriert, nach 65.930 Fällen 2022. „Der Blick in die Zukunft lässt angesichts der eher schwachen Konjunkturaussichten und weltweiter Risiken aber auch in diesem Bereich steigende Zahlen erwarten“, sagte Hantzsch. Zumal sich die Überschuldungslage vieler Bürger deutlich verschlechtert habe.

Die deutsche Wirtschaft stagnierte Anfang 2023, wuchs im Frühjahr minimal um 0,1 Prozent und schrumpfte im Sommer-Quartal im gleichen Umfang wieder. Viele Firmen leiden immer noch unter den Folgen der Energiekrise samt hoher Inflation und spüren wegen der schwachen globalen Konjunktur eine maue Nachfrage. (lma/Reuters)

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