Russland wählt: Putin vor vorhersehbarem Triumph

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Inmitten des Ukraine-Kriegs hält Russland Wahlen ab. Ein Sieg Wladimir Putins scheint trotz Vorwürfen von Wahlbetrug und Manipulation unausweichlich.

Moskau – Nach mehr als zwei Jahren Ukraine-Krieg hält Russland ab Freitag (15. März) drei Tage lang eine Präsidentenwahl ab, deren Sieger schon jetzt feststeht: Kremlchef Wladimir Putin. Fachleuten zufolge könnte sich der 71-Jährige ein Rekordergebnis bescheinigen lassen und so seine fünfte Amtszeit sichern. Echte Oppositionspolitiker sind von der Wahl ausgeschlossen, ins Ausland geflohen, sitzen im Gefängnis – oder sind tot. Die wenigen, die an der Wahl teilnehmen dürfen, gelten als kremltreu oder stellen keine echte Gefahr für Putin dar.

Kandidat Amt
Nikolai Charitonow Duma-Abgeordneter
Wladislaw Dawankow Stellvertretender Duma-Vorsitzender
Wladimir Putin Russischer Präsident
Leonid Sluzki Duma-Mitglied

Putin vor Wiederwahl: Mehr als 112 Millionen Menschen können in Russland abstimmen

Die Russland-Wahl ist für drei Tage angesetzt: Vom 15. bis zum 17. März sind insgesamt mehr als 112 Millionen Menschen zur Stimmabgabe aufgerufen – darunter 4,5 Millionen Menschen in den völkerrechtswidrig annektierten ukrainischen Gebieten Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson. Hinzu kommen rund zwei Millionen Wahlberechtigte in anderen Ländern.

Russland erstreckt sich über elf Zeitzonen; die Wahl beginnt im äußersten Osten und endet um 19 Uhr MEZ im Westen in der Ostsee-Exklave Kaliningrad. Mit Schließung der letzten Wahllokale werden Prognosen veröffentlicht, die aller Voraussicht nach auf einen haushohen Sieg Putins hinweisen. Das Endergebnis will die Wahlkommission spätestens am 28. März verkünden.

Russlands Präsident Wladimir Putin während eines Interviews am 12. März 2024.
Russlands Präsident Wladimir Putin während eines Interviews am 12. März 2024. © Gavriil Grigorov/Imago

„Scheinwahlen“ in Russland: Wahlbeobachtungsorganisation rechnet mit manipuliertem Putin-Sieg

Wie schon bei früheren Abstimmungen wird auch dieses Mal mit Betrug in großem Stil gerechnet – auch, weil es vor Ort keine Kontrolle durch unabhängige internationale Wahlbeobachtung geben wird. Als besonders anfällig für Manipulation gilt die Online-Stimmabgabe, weshalb Kritikerinnen und Kritiker der russischen Bevölkerung davon abraten. Die Abstimmung ist so weit von demokratischen Standards entfernt, dass einige nur noch von „Scheinwahlen“ sprechen.

Die unabhängige Wahlbeobachtungsorganisation „Golos“, die seit Jahren in Russland als „ausländischer Agent“ gebrandmarkt ist, hat auch an anderer Stelle Kritik geübt: So werde in den einzelnen Regionen schon im Vorfeld „massenhaft“ Druck auf Angestellte großer, teils staatlicher Unternehmen ausgeübt, damit diese ihre Stimme abgeben und so die Wahlbeteiligung in die Höhe treiben, heißt es in einem kürzlich veröffentlichten Bericht. Orientiert man sich an den Daten des staatlichen russischen Meinungsforschungsinstituts Wziom, dann strebt der Kreml eine Beteiligung von mehr als 70 Prozent an. 

Auch Wladimir Putin hat seine Landsleute zur Stimmabgabe aufgerufen: „Nur Sie, die Bürger Russlands, bestimmen das Schicksal des Vaterlandes“, sagte der Präsident in einer Fernsehansprache, aus der russische Medien am Donnerstagmorgen zitierten. Die Wahlen seien „ein Schritt in die Zukunft“.

Proteste bei Russland-Wahl? Nawalny-Team ruft zu Aktion am Wahltag auf

Unterstützerinnen und Unterstützer des verstorbenen Alexej Nawalny und andere Oppositionelle rufen indes dazu auf, am Wahltag um exakt 12 Uhr vor den Wahllokalen zu erscheinen. An den langen Schlangen – so ihre Hoffnung – soll sich dann ablesen lassen, wie hoch die Unzufriedenheit im Land ist. Ob die Aktion Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten. Auch Nawalnys Witwe Julia Nawalnaja rief zu Protesten auf. Befürchtet wird, dass es zu Festnahmen kommt. 

Dass sich Bilder wie von der Nawalny-Beerdigung in nächster Zeit wiederholen könnten, gilt unterdessen als ausgeschlossen. Zu der Beisetzung Anfang März waren Tausende Menschen erschienen und hatten zur Überraschung vieler Beobachterinnen und Beobachter offen kremlkritische Sprechchöre wie „Nein zum Krieg!“ und „Russland ohne Putin!“ angestimmt. Für gewöhnlich aber werden kritische Stimmen und Andersdenkende seit Kriegsbeginn direkt festgenommen, wenn sie ihren Unmut in irgendeiner Form öffentlich äußern. (nak/dpa)

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