Hunderttausenden Rentnern droht „reale Kürzung“: Warum Merz Bürgergeld-Plan auch sie trifft

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Eine Menschenrechtsorganisation kritisiert die Pläne von Union und SPD bei Bürgergeld und Rente. „Reale Kürzungen“ drohten – vor allem durch ein Vorhaben.

Berlin – Union und SPD haben den Koalitionsvertrag gerade erst vorgestellt, die neue Regierung unter Friedrich Merz ist noch nicht einmal im Amt, da hagelt es schon Kritik an den geplanten Reformen des Sozialstaats. Besonders im Fokus: Das Bürgergeld respektive die „neue Grundsicherung“ und die Rente. Die Pläne seien als Reform und Vereinfachung „getarnt“, aber stellten eine „Rückkehr“ zu einem „harten Sozialsystem“ dar, urteilt die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.

Human Rights Watch kritisiert Merz-Regierung wegen Plänen zu Rente und Bürgergeld

„Anstatt sich mit der wachsenden Zahl von Menschen im Land zu befassen, die von Armut betroffen sind, kürzt der Vertrag die Unterstützung für Langzeitarbeitslose und bestraft sie mit dem Einbehalt von Leistungen wegen ‚mangelnder Kooperationsbereitschaft‘“, heißt es in einer Erklärung zum Koalitionsvertrag.

Friedrich Merz schaut ernst – in einer Scheibe spiegelt er sich leicht.
Friedrich Merz und die werdende Koalition haben große Pläne für Rente und Bürgergeld, doch Human Rights Watch rechnet mit den Sozialstaat-Vorhaben ab. © Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Bereits Ende März hatte Human Rights Watch kritisiert, dass die Sozialleistungen in Deutschland nicht den Anforderungen zum Schutz des Rechts auf soziale Sicherheit und einen angemessenen Lebensstandard genügen und „wohl auch nicht das nach deutschem Verfassungsrecht geforderte Existenzminimum erreichen“. Vor allem Frauen, darunter Alleinerziehende und ältere alleinstehende Frauen, „müssen auf alltägliche Dinge wie Lebensmittel und Heizungswärme verzichten“, heißt es im Bericht. Aufregung hatte es etwa über den Bürgergeld-Satz für Kinder gegeben, der nicht für eine gesunde Ernährung reicht – laut einer Untersuchung.

Menschenrechtsorganisation kritisiert geplante Berechnung der Grundsicherung: „Reale Kürzungen“

Die Menschenrechtsorganisation kritisiert dabei vor allem die Pläne, das Bürgergeld zur neuen Grundsicherung umzubauen. Neben der Kritik an den härteren Sanktionen konzentriert sich die Kritik auf die Berechnung des Regelsatzes – also der Summe, die Erwerbslosen erhalten. „Wir werden den Anpassungsmechanismus der Regelsätze in Bezug auf die Inflation auf den Rechtsstand vor der Corona-Pandemie zurückführen“, heißt es im Koalitionsvertrag. Mit der Bürgergeld-Einführung war es geändert worden, um die Inflation stärker zu berücksichtigen.

Die Rückkehr zur alten Methode werde zu „realen Kürzungen“ der Leistungen führen, kritisiert Human Rights Watch. „Diese bittere Realität steht im Widerspruch zum erklärten Ziel des Koalitionsvertrags, das ‚Niveau des Sozialschutzes zu halten‘“

Auch Rentnerinnen und Rentner von „realen Kürzungen“ bei der Grundsicherung betroffen

Die Änderung hat nicht nur Auswirkungen auf die Grundsicherung für Arbeitssuchende. Auch Rentnerinnen und Rentner sind betroffen. Denn wenn ihre Rente nicht ausreicht und sie kein Wohngeld erhalten, haben sie Anspruch auf die Grundsicherung im Alter. Der Regelsatz – und die Berechnung – entspricht derzeit dem Bürgergeld.

Human Rights Watch fordert, dass sich die neue Regierung „einer echten Reform“ verpflichten solle, statt einen „restriktiven und von Sanktionen geprägten Weg einzuschlagen“. Als Prioritäten nennt die Organisation die „Überprüfung der Angemessenheit der Sozialleistungen und der Überprüfung der Berechnungsmethode für das Existenzminimum“.

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