Wolfgang Baiers lange Nacht mit dem „Kaiser“
Franz Beckenbauer ist tot, nicht nur die Fußballwelt trauert . Der Dachauer Wolfgang Baier erinnert sich an eine denkwürdige Begegnung mit dem „Kaiser“.
Dachau – Als Wolfgang Baier (78) vom Tod von Franz Beckenbauer erfuhr, dachte er an jene Nacht zum 27. September 1995 zurück. Als der Dachauer bis in der Früh mit dem „Kaiser“ zusammenhockte und „über Gott und die Welt“ plauderte, wie er sagt und hinzufügt: „Für mich war die Begegnung mit Beckenbauer ein Traum.“
Freilich, Beckenbauer, Jahrgang 1945 wie Baier, war damals Präsident des FC Bayern München und bester Laune. Denn seine Bayern hatten wenige Stunden zuvor Lokomotive Moskau mit 5:0 aus dem Lokomotiv-Stadion geschossen und dadurch die zweite Runde im Uefa-Cup eingetütet. „Der Klinsmann war damals gut drauf“, so Baier, der unter den 20 000 Zuschauern hockte. Der spätere Bundestrainer machte zwei Tore, Andi Herzog, Mehmet Scholl und – tatsächlich – Thomas Strunz jeweils eines.
Das Hinspiel in München hatten die Russen mit 1:0 gewonnen, und so war vor dem Rückspiel bei den Bayern „Druck im Kessel“. Und ganz gewiss auch bei Beckenbauer. Wohl auch ein bisserl, weil der Trainer des FCB seinerzeit Otto Rehhagel hieß, und der „Kaiser“ nicht gerade der größte Fan des Esseners war, der 2004 mit den Griechen völlig überraschend Europameister geworden war, und plötzlich nur noch „Rehhakles“ genannt wurde. „Der Rehhagel ist ein erstklassiger Trainer – zumindest in der 2. Liga“, frotzelte Beckenbauer. Und übernahm nur wenige Monate nach dem Triumph von Moskau dessen Job – zum zweiten Mal nach 1994 interimsweise.
Über Otto Rehhagel sprach Beckenbauer auch mit Wolfgang Baier nach der Moskau-Partie. Doch eigentlich hätte Baiers Ehefrau Katharina neben dem Franz sitzen müssen. Denn sie war es, die bei einer Verlosung der Dachauer Nachrichten anlässlich der Wahl zum „Sportler des Jahres 1994“ den Hauptpreis gewann: eine Reise zum Bayern-Spiel samt Übernachtung im Bayern-Hotel Kempinski und Teilnahme am Bankett.
Es gab nur ein Problemchen: Katharina war Fan des TSV 1860 München. Großzügig, wie sie war, überließ sie ihrem Gatten den Gutschein. Der Beschenkte ist in Dachauer Fußballerkreisen kein Unbekannter. Wolfgang Baier war Torwarttrainer beim SV Günding, FC Pipinsried und TSV 1865 Dachau. Und an jenem 26. September 1995 durfte sich der Bayern-Fan aufmachen zum Bayern-Flieger.
Mit dabei war übrigens Baiers Freund Helmut Höfelmeier, dem es auf privatem Wege gelang, Flug, Hotel und Ticket zu erhaschen. Nun ist es so, dass man seinerzeit nicht viel fotografierte. Weder Baier noch Höfelmeier hatten einen Fotoapparat dabei. Doch Baier gelang es, einen Unternehmer aus Stuttgart, der seine Kamera dabei hatte, zu überreden, eine Aufnahme mit Beckenbauer zu machen.
Die Gesellschaft saß bis 4 Uhr früh zusammen, „dann sagte der Franz zu mir: Jetzt müssma langsam gehen, a bissl Schlaf brauch mer schon noch“. Dann ging jeder auf sein Zimmer.