Spannleitenberg birgt ein Geheimnis

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Bäume überdachen den Eingang zum künstlichen Hügel. Ein verwunschener Ort am Kirchseeoner Spannleitenberg. Eine blaue Metalltüre verwehrt ungebetenen Gästen den unbefugten Zutritt. © SRO

Es ist ein verwunschener Ort am Kirchseeoner Spannleitenberg. Ein überwucherter künstlicher Hügel in einem Waldstück, auf dem teils mächtige Bäume wachsen. Im Inneren wartet eine Überraschung.

Kirchseeon - Erreichbar ist die Stelle über einen Schotterweg. Spuren führen die Schräge hinauf. Da ist ein Eingang, flankiert von Betonwänden, und eine verschlossen blaue Türe aus Metall. Was verbirgt sich dahinter?

Hochmoderne Technik für Hochhäuser

Kirchseeons Bauamtsleiterin Silke Mohs schließt die Türe zu dem Gebäude auf, bei dem es sich nicht um einen Bunker aus Kriegszeiten handelt, was manche vermuten. Der Blick fällt auf Technik mit glänzenden Rohren in einem runden, hohen, hell erleuchteten Raum. Im Hintergrund steht ein großer Schaltkasten mit Bedienungselementen und Anzeigen. Was kaum jemand weiß: Über diese Anlage werden zwei Straßenzüge am Spannleitenberg mit Wasser versorgt, also nur ein kleiner Teil des Marktes, wie Fabian Chariton vom kommunalen Wasserwerk erklärt. Das kühle Nass aus dem Kirchseeoner Brunnen kommt hier an. In der Anlage wird der Druck erhöht, damit das Wasser auch in den obersten Wohnungen der angrenzenden Hochhäuser aus dem Hahn sprudelt.

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Früherer Hochbehälter zur Wasserversorgung

Der runde Bau war einst ein Hochbehälter, aus dessen gefüllten Tanks das Wasser bergab in die Häuser des Marktes floss. Errichtet wurde das Objekt Mitte der 1950er Jahre. 1962/63 wurde der neue Hochbehälter am Dachsberg hochgezogen über den nun ein großer Teil des Marktes versorgt wird. In dem alten Bau wurde die Druckerhöhungsanlage installiert. Diese war Grundlage dafür, dass die Hochhäuser gebaut werden konnten.

Was kaum jemand weiß: Im Inneren des ehemaligen Hochbehälters befindet sich eine Druckerhöhungsanlage des Wasserwerks Kirchseeon zur Versorgung der Hochhäuser am Spannleitenberg.
Was kaum jemand weiß: Im Inneren des ehemaligen Hochbehälters befindet sich eine Druckerhöhungsanlage des Wasserwerks Kirchseeon zur Versorgung der Hochhäuser am Spannleitenberg. © SRO

Regelmäßige Kontrollen

Die Technik wurde 2016 erneuert. Der Wasserverbrauch beläuft sich auf 60 bis 70 Kubikmeter pro Tag. Die Pumpen können 24 Stunden pro Tag und sieben Tage in der Woche im Einsatz sein, erklärt Chariton. Sie schalten sich je nach Bedarf aber immer wieder aus und ein. Die Anlage wird zentral gesteuert. Einmal in der Woche kommt jemand zur Kontrolle vorbei. Der Durchfluss beträgt zwischen 0,6 und 0,9 Liter pro Sekunde. Das Wasser kommt mit einem Druck von rund 1,6 Bar an und verlässt die Anlage wieder mit einem Druck von rund vier Bar. Zusätzlich gibt es noch eine Spitzenleistungspumpe, die in Ausnahmefällen zugeschaltet werden kann. Vorrätig ist hier auch Löschwasser, falls es in den Hochhäusern brennen sollte. Die Zusatzpumpe wird regelmäßig in Betrieb genommen, die Rohre werden gespült. Das dient auch dem Schutz vor Legionellen.

Wasserwerk Kirchseeon Druckerhöhungsanlage Spannleitenberg, neue Technik. Mit rund 1,6 bar fließ das Wasser in die Anlage. An der Ausgangsseite werden nach der Druckerhöhung rund vier Bar gemessen.
Mit rund 1,6 bar fließt das Wasser in die Anlage. An der Ausgangsseite werden nach der Druckerhöhung rund vier Bar gemessen. © sro

Elektronisch gesichert

Die in sich geschlossenen Anlage ist elektronisch gesichert. Ein bis in den Boden reichender Zaun wie beim Wasserwerk an der Deinhofener Straße ist nicht notwendig. Zu einem Alarm kommt es selten. „Möglicherweise, wenn jemand an der Außentüre rüttelt“, erzählt Chariton. „Dann schauen wir nach.“ Falls es eine Störung geben sollte, kommt die Meldung sofort und rund um die Uhr aufs Handy der Mitarbeiter, erklärt Mohs, die auch technische Leiterin des Wasserwerks ist. Bedenklicher sei, dass durch die Lüftungsschächte oben auf dem künstlichen Hügel immer wieder Steine, Holzstücke oder Abfall geworfen werden. Kinder aus der Umgebung spielen dort. Damit sind auch die kleinen Wege an der Anlage zu erklären. „Ist ja auch ein abenteuerlicher Ort“, meint Mohs.

Gründe für Sanierung

Der Technikraum ist vom eingeworfenen Material nicht betroffen. Direkt unter der Decke des alten Hochbehälters gibt es quasi ein Zwischengeschoss. Von unten, also dem Raum mit der Pumpe, ist die Zwischendecke vollkommen abgeschlossen. Eine Leiter an der Wand endet an einer massiven Platte. „Über diesen Weg kommt man nicht rein“, sagt Mohs. Schwierig könne es jedoch werden, wenn das Gewicht der eingeworfenen „Füllung“ für die Zwischendecke in den kommenden Jahren zu schwer wird.

Vielleicht hat man die Bäume gepflanzt, um die Anlage zu tarnen.

Beton ist undicht

Das ist ein Grund für die Kommune, tätig zu werden und die Schächte im Rahmen einer Sanierung abzusichern. Der wichtigste Punkt ist aber der Beton, der in die Jahre gekommen ist. Undichtigkeiten sind in der Außenhülle erkennbar. Die Wurzeln wachsen in den Beton. „Vielleicht hat man die Bäume gepflanzt, um die Anlage zu tarnen“, vermutet Mohs. Im Inneren sollen unter anderem Probebohrungen für Aufklärung über mögliche Schäden in den Wänden sorgen, erklärt Chariton. An der Außenseite müssen im Zuge der Arbeiten Bäume gefällte werden. „So wenig wie möglich“, sagt Mohs. So soll eine mächtige Buche direkt neben dem Eingang unbedingt erhalten bleiben.

Mit beschrifteten Zetteln sind die Rohre markiert, die bei Sanierungsarbeiten aus dem Boden geholt wurden.
Mit beschrifteten Zetteln sind die Rohre markiert, die bei Sanierungsarbeiten aus dem Boden geholt wurden. © SRO

Die Kommune hat mit der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt Kontakt aufgenommen. Diese fordert von der Gemeinde eine landschaftspflegerische Begleitplanung. Abgestimmt werden muss das Projekt zudem mit dem Eigentümer des Geländes, das sich in Privatbesitz befindet. Die Gemeinde ist Pächter.

Durchgerostete Rohre wurden aus Untergrund geholt. Sie liegen nun im ehemaligen Hochbehälter.
Durchgerostete Rohre wurden aus Untergrund geholt. Sie liegen nun im ehemaligen Hochbehälter. © SRO

Fundstücke aus dem Untergrund

Die Anlage birgt aber noch weitere Überraschungen. Auf einem Tisch sind Fundstücke aus dem Kirchseeoner Untergrund aufgebaut, nämlich Rohre von alten Leitungen, die bei der Erneuerung der Versorgung ausgebaut wurden. Auf angehängten Zetteln steht da unter anderem Koloniestraße 1900 oder Jahnstraße 1953. Andere Rohre weisen durch Rost verursachte Löcher auf. Daran ist zu sehen, warum bis zu einer Sanierung Wasser auf dem Weg zum Abnehmer verschwunden ist. Und noch ein Geheimnis wartet: Neben dem alten Hochbehälter mit der Druckerhöhungsanlage existiert noch ein weiteres Bauwerk direkt daneben, ebenfalls ein Hochbehälter. Aber der ist vollkommen zugeschüttet und überwuchert. „Da kommt derzeit niemand rein“, sagt Mohs.

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