Geplantes Wohnheim in Füssen: „Im Prinzip ein Wohnklo“

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Heiß diskutiert: Auf dem ehemals städtischen Grundstück im Hintergrund soll ein Wohnheim für Arbeitnehmer gebaut werden. © Matthias Matz

Ein Projektentwickler will beim Füssener Dreitannenbichl ein Wohnheim für Mitarbeiter bauen. Im Bauausschuss sorgen die Pläne für teilweise drastische Kritik.

Füssen – „Wohnklo“, „grenzwertig“, „menschenunwürdig“: Auf teilweise harte Kritik stießen die Pläne eines Sonthofener Projektentwicklers für ein fünfgeschossiges Arbeiterwohnheim am Dreitannenbichl im Bauausschuss. Nur mit einer denkbar knappen Mehrheit von 6:5 Stimmen passierte die Bauvoranfrage am Dienstagabend schließlich das Gremium – fast genau ein Jahr, nachdem der Stadtrat den Verkauf des Grundstücks beschlossen hatte.

Geht es in einem politischen Gremium der Stadt um den Dreitannenbichl im Füssener Westen, ist der Zuhörerandrang regelmäßig groß. So auch am Dienstagabend: Angeführt von Evelyn Vesenmayer vom Verein Füssen-West erschienen zahlreiche „Westler“ im Sitzungssaal des Rathauses.

Dort beriet der Bauausschuss die Bauvoranfrage eines Sonthofener Projektentwicklers. Dieser will auf einem Grundstück unmittelbar nördlich des kleinen Hügels zwischen den bestehenden Häusern auf 400 Quadratmetern Grundfläche ein fünfgeschossiges Arbeiterwohnheim bauen. Vorgesehen ist das Gebäude vorrangig für Mitarbeiter der Hotellerie, Gastronomie und Pflegedienste.

Dass in diesen Branchen großes Interesse an bezahlbaren Wohnungen für die Mitarbeiter bestehe, habe eine Befragung durch den Projektentwickler im Vorfeld ergeben, berichtete Bürgermeister Maximilian Eichstetter (CSU). Bauamtsleiter Armin Angeringer ergänzte: „Hier wird der Versuch unternommen, eine Lücke zu schließen.“

Eichstetter betonte ferner, die vorgelegten Pläne seien das Ergebnis „langer Vorberatungen und vieler Rücksprachen“.

Angeringer erläuterte, dass der geplante Flachdach-Komplex in Holzmodulbauweise sich mit fünf Geschossen und einer Höhe von 16,5 Metern nach Ansicht der Stadtverwaltung in die Umgebung in der Borhoch- und Mariahilferstraße einfüge. „Die Abstandsflächen zu den Nachbargebäuden können ebenfalls eingehalten werden“, betonte er.
Geplant seien 23 Quadratmeter große Ein- sowie geräumigere Zwei- und Dreizimmerwohnjungen. alle Wohnungen sollen ein Bad und eine Küche erhalten. Geparkt werden soll in einer Tiefgarage. Der Haupteingang ist auf der Westseite geplant.

Spätestens bis zum Bauantragsverfahren im Detail geklärt werden müsse noch die Zufahrt. Diese soll über eine fünf Meter breite Verlängerung der Straße „Am Dreitannenbichl“ erfolgen. Diese muss dem Baugrundstück zugemessen werden, so Angeringer. Geplant sei zudem ein etwa 120 Quadratmeter großer Spielplatz.

Bei den Ausschussmitgliedern stieß das Projekt jedoch auf ein geteiltes Echo. „Das ist im Prinzip ein Wohnklo“, befand Jürgen Doser von den Füssener Freien Wählern (FWF) mit Blick auf die Größe der Einzimmer-Wohnungen. Er frage sich, welcher Arbeitgeber das für seine Angestellten wolle. „Das ist grenzwertig!“

Kritisch bewertete er auch den Umstand, dass für ein Arbeiterwohnheim ein anderer Stellplatzschlüssel gelte als für Wohnhäuser. Im Bereich Dreitannenbichl gebe es bereits jetzt zu wenig Parkplätze. Was passiere, wenn der Eigentümer in zehn oder 15 Jahren ein Wohnhaus aus dem Gebäude machen wolle? „Das werden irgendwann mal Wohnungen und dann fehlen Stellplätze.“

„Kein Bettenlager“

SPD-Stadträtin Ilona Deckwerth kritisierte die Pläne ebenfalls scharf. „Wir brauchen bezahlbare Wohnungen, aber kein Bettenlager wie in einer Jugendherberge“, sagte sie. In einer solchen Unterkunft zu leben, habe für sie nichts mit Würde zu tun. Ferner kritisierte die Sozialdemokratin die ihrer Ansicht nach irreführende Darstellung in den Unterlagen der Verwaltung. Dadurch werde die Massivität des Gebäudes keineswegs sichtbar. Darüber hinaus sei die Verlängerung der Straße „Am Dreitannenbichl“ nicht verträglich mit den Belangen des Naturschutzes.

Bürgermeister Eichstetter entgegnete den Kritikern, dass man dem Bauherren den Hinweis geben könne, die Wohnungen größer zuzuschneiden. Mehr könne man aber nicht machen, da es sich um ein privates Bauvorhaben handle. Zur Frage des Naturschutzes sagte er, dass dies im Zuge des Bauverfahrens geklärt werden müsse. Derzeit gehe es lediglich um die Bauvoranfrage. Und sollte der Eigentümer irgendwann in Zukunft tatsächlich ein Wohnhaus aus dem Komplex machen, müsse ein Antrag auf Nutzungsänderung gestellt werden. Im Zuge dessen müsse auch die Frage der Stellplätze geklärt werden.

Kommen Migranten?

Simon Hartung (CSU) verteidigte das Vorhaben ebenfalls. „Es ist vollkommen richtig, dass wir das anbieten“, sagte er. Azubis und junge Menschen benötigten oft überhaupt keine größeren Wohnungen und verwies auf seinen eigenen Sohn. „Da müssen wir auf dem Boden der Tatsachen bleiben“, mahnte er.

Ob in dem Gebäude statt Arbeitnehmer auch Migranten untergebracht werden könnten, wollte Dr. Christoph Böhm (CSU) indes wissen. Er gehe von bis zu 100 Betten in dem Gebäude aus. „Da ist es doch lukrativer, 100 Asylanten dort unterzubringen“, sagte er. Tatsächlich kann eine Nutzung als Flüchtlingsheim durch die Stadt wohl nicht verhindert werden, ließ Bürgermeister Eichstetter durchblicken. Ein solches sei zwar nicht das städtebauliche Ziel, „aber man kann das in keinem Mehrfamilienhaus verhindern“.

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