Abbau von seltenen Erden: Trump schraubt weiter an seinem Ukraine-Deal

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Frieden gegen Ressourcen? Die USA fordern Zugriff auf AKWs und Rohstoffe als Gegenleistung für Hilfen. Selenskyj steht unter Druck.

Washington, D.C. /Kiew – Die Pläne der US-Regierung für ein umfassendes Rohstoffabkommen mit der Ukraine werden immer komplexer – und umstrittener. Während Präsident Donald Trump am Donnerstag (20. März) verkündete, ein Deal zum Zugang zu seltenen Erden stehe „sehr kurz“ vor dem Abschluss, mehren sich Hinweise, dass Washington die Verhandlungen nutzt, um weitreichendere wirtschaftliche und strategische Ziele durchzusetzen.

Seltene Erden: Trump schraubt weiter an seinem Ukraine-Deal

Neben kritischen Mineralien geraten nun auch ukrainische Atomkraftwerke ins Visier der Trump-Administration, darunter das russisch kontrollierte AKW Saporischschja, wie unter anderem die Financial Times und die New York Post berichten. Gleichzeitig signalisiert das Weiße Haus, man habe sich „über das reine Mineraliendeal hinausbewegt“, so die Kyiv Independent.

Bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus präsentierte Trump sich am Donnerstag als Vermittler und Dealmaker im Ukraine-Krieg. „Unsere Gespräche mit Russland und der Ukraine laufen ziemlich gut. Tausende Menschen sterben wöchentlich – das muss aufhören“, sagte er laut Reuters und verwies auf seine Telefonate mit Kremlchef Wladimir Putin und Präsident Wolodymyr Selenskyj in dieser Woche Als Teil der Verhandlungen betonte er die Bedeutung des geplanten Rohstoffabkommens: „Wir unterzeichnen sehr bald eine Vereinbarung bezüglich seltener Erden mit der Ukraine.“

Parallel unterzeichnete Trump eine Exekutivorder, die heimische Bergbauprojekte für kritische Mineralien – darunter Kupfer, Gold und seltene Erden – beschleunigen soll. Die Order nutzt, schreibt The Hill, kriegswirtschaftliche Befugnisse des sogenannten Defense Production Act, einem US-Bundesgesetz, das Trump hilft, Genehmigungsverfahren zu verkürzen und Bundesflächen priorisiert für den Bergbau zu öffnen. „Wir müssen unabhängig von China werden. Die Ukraine hat immense Vorkommen, die wir erschließen werden“, so der US-Präsident.

Neue US-Forderungen im Ukraine-Krieg: Atomkraftwerke und „Joint Ventures“

Doch was hat es bei optimistischer Rhetorik Trumps konkret mit dem US--Interesse an den ukrainischen Atomkraftwerken auf sich? Laut der Financial Times bestätigten zwei ukrainische Offizielle, dass Washington detaillierte Klauseln zur Kontrolle eines gemeinsamen Investitionsfonds sowie Zugriff auf „andere wirtschaftliche Vermögenswerte“ – explizit genannt wird das AKW Saporischschja - fordere.

Das größte Atomkraftwerk Europas, seit März 2022 von Russland besetzt, steht symbolisch für die geopolitischen Risiken: Seine sechs Reaktoren befinden sich im „kalten Shutdown“, doch die Anlage liegt nahe der Frontlinie. In einem Telefonat mit Selenskyj habe Trump laut dem Weißen Haus angeboten, die Anlage mit „amerikanischer Energieexpertise“ zu betreiben, um sie „zu schützen“, heißt es im Bericht der Financial Times.

Zwischen Rohstoffgier und Friedenshoffnung: Die USA unter Donald Trump fordern den Zugriff auf ukrainische Atomkraftwerke, wie in Saporischschja (Foto links). © Foto links: IMAGO / Le Pictorium | Foto rechts: IMAGO / ZUMA Press Wire

Ukraine zwischen Hoffen und Bangen: „Das klingt nach Übernahme“

In Kiew lösen die US-Forderungen gemischte Reaktionen aus. Zwar erklärte ein ukrainischer Verhandler, man sei „bereit zur Unterschrift“ des ursprünglichen Mineraliendeals, doch die Erweiterung um Atomkraftwerke und andere Wirtschaftsgüter- oder werte sorgt für Alarmstimmung. „Seit wann bedeutet die Übergabe strategischer Sektoren an ein fremdes Land Sicherheit? Das klingt nach Übernahme, nicht nach Schutz“, erklärte die ukrainische Oppositionsabgeordnete Inna Sowsun via X.

Das im Februar vereinbarte Rohstoffabkommen sah vor, dass die Ukraine 50 Prozent der Einnahmen aus staatlichen Mineralien – darunter Titan, Lithium und Öl – in einen US-ukrainischen Wiederaufbaufonds einzahlt. Doch nach dem spektakulären Eklat zwischen Trump und Selenskyj im Oval Office am 28. Februar, der zu einem vorübergehenden Stopp US-amerikanischer Militärhilfen führte, stockten die Gespräche. Selenskyj betonte zwar nachfolgend seine Kompromissbereitschaft, doch ukrainische Beamte fürchten nun, im Zuge von Trumps Friedensdruck Zugeständnisse machen zu müssen, die langfristig die Souveränität untergraben.

Weißes Haus beteuert: Fokus auf Waffenstillstand – nicht nur auf Mineralien

Die Verschiebung der US-Prioritäten bestätigte derweil Weiße-Haus-Sprecherin Karoline Leavitt: „Wir haben uns über den wirtschaftlichen Mineraldeal hinausbewegt und konzentrieren uns auf einen dauerhaften Waffenstillstand“, erklärte sie laut der New York Post. Konkrete Sicherheitsgarantien für die Ukraine, wie sie Selenskyj ursprünglich forderte, bleiben jedoch vage. Stattdessen setzt Trump auf ökonomische Anreize: Amerikanische Investitionen seien der beste Schutz vor einer erneuten russischen Invasion, heißt es aus dem Umfeld des Präsidenten.

Unterdessen zeigt sich die EU gespalten: Zwar bekräftigten die Staats- und Regierungschefs in Brüssel am Donnerstag ihre Unterstützung für die Ukraine, blockierten aber Selenskyjs dringende Bitte um fünf Milliarden Euro für die kurzfristige Beschaffung von Munition. Ein diplomatischer Affront, der Trumps Argument stärkt, Europa müsse sich stärker engagieren.

Ukraine-Krieg: Trumps riskantes Spiel mit Rohstoffen und Machtpolitik

Die Entwicklungen verdeutlichen die Komplexität von Trumps Ukraine-Politik: Einerseits nutzt er den Rohstoffdeal als Hebel, um sich als Friedensstifter zu inszenieren und die Abhängigkeit von chinesischen Seltenen Erden zu verringern. Andererseits riskiert er, die Ukraine durch überzogene Forderungen in die Arme Russlands zu treiben – oder Kiew zu einem wirtschaftlichen Protektorat zu machen, wie Kritiker warnen.

Die kommenden Tage werden zeigen, ob Selenskyj angesichts des drohenden Waffenstillstands-Bruchs und schwindender europäischer Unterstützung nachgibt – oder ob Trumps Deal-Ansatz am Widerstand Kiews scheitert. Sicher ist: Die ukrainischen Mineralien sind nur ein Teil eines größeren Puzzles, in dem es um Macht, Einfluss und die Neuordnung der globalen Rohstoffströme geht.

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