Kommentar: Leer stehende Häuser nützen niemandem

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Erding
  4. Dorfen

Kommentare

Timo Aichele, stellv. Redaktionsleiter © Aichele

Die wachsende Wohnungsnot gehört zu den größten sozialen Problemen. Die Politik muss mit Mut und Kreativität darauf reagieren – und sich an den Satz „Eigentum verpflichtet“ erinnern. Kommentar.

Unsere Gesellschaft fußt auch auf dem Leistungsversprechen, dass man sich mit Fleiß und Sparsamkeit ein gutes Leben finanzieren kann. Dieses Versprechen klingt für die meisten Menschen mittlerweile hohl und leer. Mit kleinen und mittleren Einkommen kommen viele gerade so über die Runden. Insbesondere in Gegenden wie der unseren sind da die Wohnkosten das größte Problem.

Hohe Nachfrage trifft auf ein zu kleines Angebot. Und es wird noch künstlich verknappt. Denn in mancher Stadtsilhouette stehen leere und sogar verfallende Häuser wie kariöse Zähne in einem sonst strahlenden Gebiss.

Grundsätzlich soll jeder frei mit seinem Eigentum umgehen dürfen. Doch die Wohnungsnot ist derart groß, dass Artikel 14, Absatz 2 des Grundgesetzes stärker in den Mittelpunkt rücken muss. „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“, heißt es da. Haus- und Grundstückseigner können also helfen, die Wohnungsnot zu lindern. Und das nicht aus reiner Wohltätigkeit – mit Mieten lassen sich anständige Renditen erzielen.

Dazu hat Tübingens OB Boris Palmer vor ein paar Jahren einen bedenkenswerten Vorstoß gewagt. Er hat alle Eigentümer leer stehender Grundstücke angeschrieben und sie zu einer „verbindlichen Erklärung“ aufgefordert, „in spätestens zwei Jahren ein Baugesuch einzureichen“. Sonst drohe Enteignung. Palmer ist ein Polit-Provokateur, seine Idee aber juristisch nicht abwegig. Paragraf 176 des Baugesetzbuches gibt Kommunen das Recht, genau ein solches Baugebot zu erlassen.

Warum eigentlich nicht?! Die Stimmung in der Gesellschaft wird immer gereizter. Es ist Zeit, den Herausforderungen mit Mut und Kreativität zu begegnen.

Auch interessant

Kommentare