Trotz Klingbeil-Versprechen: Sozialverband warnt vor steigenden Beiträgen – und bittet eine Gruppe zur Kasse

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Der Haushaltsplan von Finanzminister Klingbeil soll auch bei den Problemen der gesetzlichen Krankenkassen Abhilfe schaffen. Eine Expertin bezweifelt das.

München – Die Krankenkassen in Deutschland befürchten, dass die Beiträge der Versicherten schon bald enorm ansteigen. Zwar plant die Bundesregierung um Finanzminister Lars Klingbeil, die Krankenkassen 2025 und 2026 mit einem Darlehen über insgesamt 2,3 Milliarden Euro zu entlasten. Doch das reicht nach Ansicht des GKV-Spitzenverbands nicht aus.

Aus Sicht der zentralen Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen in Deutschland ist das „vorgesehene Darlehen nur weiße Salbe“, der Klingbeil-Plan könne nicht verhindern, dass „sich die Beitragsspirale immer weiterdrehen wird“, heißt es in einer Mitteilung des Verbands. Und auch von Sozialverbänden kommt scharfe Kritik an den Krankenkassen-Plänen der Bundesregierung von Kanzler Friedrich Merz.

Lars Klingbeil möchte mit seinem Haushaltsplan auch die Krankenkassen entlasten. Von Sozialverbänden kommt harte Kritik. © Kay Nietfeld/dpa/Wolfilser/Imago

Klingbeil-Plan für Krankenkassen: Sozialverband warnt – Finanzproblem „lässt sich nicht mit Darlehen lösen“

Bundesfinanzminister Klingbeil hatte in der Pressekonferenz zum Haushalt 2025 noch betont, dass er die Sozialversicherungsbeiträge stabilisieren wolle. Im Gespräch mit IPPEN.MEDIA äußerte sich Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, eher skeptisch. „Die finanzielle Lage der Sozialversicherungen ist besorgniserregend. Dies lässt sich nicht mit Darlehen aus dem Haushalt lösen“, gab sie zu Bedenken. Die VdK-Chefin sieht den Klingbeil-Plan als Mittel gegen steigende Beiträge vielmehr zum Scheitern verurteilt: „Weder das Darlehen in Höhe von 2,3 Milliarden an den Gesundheitsfonds noch das Darlehen in Höhe von einer halben Milliarde an die Pflegeversicherung werden verhindern, dass die Beiträge weiter ansteigen.“

Bentele kritisierte zudem bei IPPEN.MEDIA, dass die Belastung für Versicherte bereits in der jüngeren Vergangenheit enorm hoch gewesen sei. „In den vergangenen Jahren haben die gesetzlich Versicherten über ihre Beiträge die Corona-Ausgaben bei der Pflege, Krankenhausinvestitionen oder diverse familienpolitische Leistungen finanziert. Obwohl dies gesamtgesellschaftliche Aufgaben sind, hat der Bund keinen ausreichenden Ausgleich geleistet.“ Nach Ansicht der VdK-Präsidentin „wurden in der Rentenversicherung willkürlich zehn Milliarden Euro Bundeszuschüsse gestrichen, um den Haushalt zu konsolidieren“. Sie fordert: „Der Ausgleich dieser Ausgaben aus Steuermitteln darf nicht erst in Kommissionen besprochen, er muss im Haushalt vereinbart werden.“

Krankassen-Beiträge: VdK-Chefin Bentele will „Milliardäre und Multimillionäre“ verstärkt zur Kasse bitten

Außerdem sei es dringend notwendig, dass „gesamtgesellschaftliche Aufgaben fair und verlässlich durch den Bund finanziert werden. Dies könnte den Beitragsanstieg in den kommenden Jahren um mindestens vier Prozentpunkte verringern. Dies würde vor allem Versicherte mit geringen und mittleren Einkommen entlasten und das Vertrauen in die Sozialversicherungen stärken.“ 

Eine Gruppe innerhalb der Bevölkerung würde Bentele dabei ganz besonders zur Kasse bitten, wie sie im Gespräch mit unserer Redaktion bekräftigte: sehr wohlhabende Menschen. „Eine stabile Gesundheitsversorgung, gute Pflege, sichere Renten, Unterstützung für Arbeitsuchende sowie der demografische Wandel sind zu bewältigen, wenn die Lasten durch eine vernünftige Steuerpolitik auf breitere Schultern verteilt und auch Milliardäre und Multimillionäre gerecht besteuert werden“, argumentiert die Präsidentin der VdK.

Beitragsbemessungsgrenze bei Krankenkassen – Kritiker fordern Anpassung oder Abschaffung

Das Bundesgesundheitsministerium erklärt auf seiner Website: „Sowohl bei Pflichtversicherten als auch bei freiwillig versicherten Mitgliedern werden die Einkünfte insgesamt höchstens bis zur Beitragsbemessungsgrenze von 5.512,50 Euro im Monat bzw. 66.150 Euro im Jahr (Stand: 2025) berücksichtigt.“ Wer über dieser Einkommensgrenze liegt, profitiert. Dann muss ein Versicherter für den Teil seines Gehalts, der die Beitragsbemessungsgrenze übersteigt, keine zusätzlichen Sozialabgaben zahlen.

Kritiker sehen in der Beitragsbemessungsgrenze einen Vorteil für Gutverdienende. Daher hatte der VdK um Präsidentin Bentele bereits Mitte 2024 gefordert, über eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze „mindestens auf das Niveau der gesetzlichen Rentenversicherung“ nachzudenken oder gleich vollständig abzuschaffen, wie aus einem Statement hervorgeht. Auch aus den Reihen der SPD gibt es Stimmen, die eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze befürworten.

Befürworter – darunter der PKV-Verband, der die allgemeinen Interessen der Privaten Krankenversicherung, der Privaten Pflegeversicherung sowie seiner Mitgliedsunternehmen vertritt – halten dagegen. Demnach würde eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze in der Gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung auf das Niveau der Rentenversicherung Steuerausfälle in Höhe von 4,74 Milliarden Euro verursachen. Der PKV-Verband stützt diese These mit Zahlen einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) von Dezember 2024. Auch eine Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze lehnt der Privatversichtenverband ab. (kh)

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