Pilotprojekt zur ambulanten Betreuung von ALS-Patienten

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Pilotprojekt zur ambulanten Betreuung von ALS-Patienten © KH Agatharied

Wer nicht selbst zum Arzt kann, ist oft auf stationäre Behandlung angewiesen – oder auf Hausbesuche. Besonders schwierig wird das bei seltenen Krankheiten. Dazu zählt auch die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), eine unheilbare Erkrankung des Nervensystems.

Agatharied - Fortschreitende Lähmungen verändern den Alltag. Zur ambulanten Versorgung von Patienten läuft am Krankenhaus Agatharied im Landkreis Miesbach das Pilotprojekt „Homecare ALS“. Es zielt darauf ab, Behandlung und Hilfe für ALS-Patienten und deren Angehörigen im Raum München und in oberbayerischen Landkreisen zu verbessern. Zwei Mitarbeiterinnen des bayerischen Landesamtes für Gesundheit besuchten vor Kurzem das Projektteam am Krankenhaus.

ALS schädigt Nervenzellen im Gehirn und Rückenmark unwiderruflich. „Der Untergang der motorischen Nervenfasern führt zu einer unterschiedlich schnell fortschreitenden Lähmung, die Funktionen wie Sprechen, Schlucken, Bewegung und Atmung beeinträchtigt“, teilt das Krankenhaus Agatharied mit. Die Ursachen der Erkrankung sind weitgehend unbekannt, Heilung gibt derzeit keine.

Erkrankung bringt hohe Belastungen

Verlauf und Schwerpunkte entwickeln sich bei jedem Betroffenen anders. Aber alle Patienten leiden unter dem zunehmenden Kontrollverlust über den eigenen Körper. Soziale Teilhabe erfordert immer größeren Aufwand. Der Weg aus der Wohnung – und später aus dem eigenen Bett – ist kaum mehr möglich. Eine fortgeschrittene Schluckstörung verhindert gemeinsame Mahlzeiten, der Verlust der Sprechfähigkeit führt zur sozialen Isolation. Patienten und Angehörige sind zunehmend auf eine Vielzahl technischer Hilfsmittel angewiesen. Patienten erleben diese physischen Veränderungen meist bewusst und klar. Wie die Betroffenen selbst, belastet die Erkrankung auch das soziale Umfeld. Hilfe finden Patienten in Spezial­ambulanzen, doch ab einem bestimmten Zeitpunkt ist der Weg zu diesen Einrichtungen nicht mehr machbar.

Die ambulante Versorgung möchte das Pilotprojekt „Homecare ALS“ am Krankenhaus Agatharied verbessern. 105 Patienten wurden laut der Klinik dabei bisher betreut, „aktuell sind 40 Patienten in der Versorgung“. Ein multiprofessionelles, neuro-palliativ erfahrenes Team versorgt Betroffene bis zum Lebensende in ihrem gewohnten Umfeld. Beteiligt sind am Krankenhaus Agatharied drei Mediziner und vier Kräfte von Studienassistenz, Pflege, Sozialberatung und Seelsorge.

Ziel ist Lebensqualität erhalten

Regelmäßig finden Hausbesuche bei Patienten statt. Medizinische, pflegerische, sozialpädagogische und seelsorgerische Bedürfnisse können so direkt adressiert werden. Dabei arbeitet das Projektteam eng mit den behandelnden Haus­ärzten und anderen Beteiligten zusammen, „aber eine spezialisierte Versorgung dieser seltenen Erkrankung ist über eine längere Versorgungsdauer, wie es bei uns der Fall ist, dort nicht möglich“, so die Klinik. Im Schnitt sind es 210 Tage.

„Unser Ziel ist es, Lebensqualität zu erhalten“, macht das Krankenhaus deutlich. Dazu wird an individuellen Versorgungsstrukturen gearbeitet. Neben der Symptomkontrolle stehen die Beratung zu medizinischen Entscheidungen sowie die Optimierung der Versorgung zuhause im Fokus. Das Projektteam organisiert geeignete Hilfsmittel und Pflege und unterstützt den Aufbau eines therapeutischen Netzwerkes mit Logopädie, Physio- und Ergotherapie.

Es werden Teilhabe und Würde der Betroffenen gestärkt, teilt die Klinik mit und nennt einen auch finanziellen Vorteil: Wenn durch die ambulante Versorgung weniger Krankenhausaufenthalte nötig sind, fallen geringere Kosten an.

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