Taurus, Flugabwehr und russische Gelder: Kiesewetter ruft Europäer vor Ukraine-Gesprächen zum Handeln auf

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In Berlin wird über eine Ukraine-Waffenruhe verhandelt. An einen Durchbruch glaubt Kiesewetter nicht und fordert: „Nicht nur reden, sondern selbst handeln.“

Berlin – Am Sonntag wird erneut über den Krieg in der Ukraine verhandelt: Der Sondergesandte von Donald Trump, Steve Witkoff, reist nach Berlin, um auf Berater-Ebene über einen möglichen Waffenstillstand im Ukraine-Krieg zu sprechen. Vertreter der USA, der Ukraine und Deutschlands sollen an den Verhandlungen beteiligt sein, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet. CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter äußert sich gegenüber dem Münchner Merkur von Ippen.Media skeptisch gegenüber einem Durchbruch bei den Gesprächen mit dem US-Vertreter – und formuliert klare Erwartungen an die Europäer.

Der CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter ruft die Europäer vor den Ukraine-Gesprächen in Berlin zum Handeln auf.
Der CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter ruft die Europäer vor den Ukraine-Gesprächen in Berlin zum Handeln auf. (Symbolbild) © IMAGO/Sachelle Babbar

„Nach den bisherigen Erfahrungen der eher unentschlossen wirkenden E3, habe ich meine Erwartungen leider zurückgeschraubt“, erklärt Kiesewetter. Die E3 bezieht sich auf Deutschland, Frankreich und Großbritannien, deren Staats- und Regierungschefs sich kürzlich mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in London getroffen hatten.

Merz stellt abschließende Ukraine-Besprechung in Aussicht – Kiesewetter rechnet nicht mit Durchbruch

Auch hatten Bundeskanzler Friedrich Merz, Frankreichs Präsident Macron und Großbritanniens Premier am Mittwoch gemeinsam mit Trump über die Lage in der Ukraine telefoniert: Man habe Trump vorgeschlagen, dass man über das Wochenende die vorliegenden Dokumente gemeinsam mit der US-Regierung abschließend bespreche. In Berlin wird nun auch der ukrainische Präsident erwartet, Merz will ihn am Montag zu deutsch-ukrainischen Wirtschaftsgesprächen empfangen. 

Kiesewetter äußert mit Blick auf die Verhandlungen am Sonntag Bedenken, dass es nicht gelingen wird, „US-Sondergesandten Witkoff zu überzeugen, die russische Wunschliste ad acta zu legen und die US-Unterstützung für die Ukraine und Europa wiederzugewinnen.“ Zuletzt hatte Witkoff mit Putin in Moskau über den Ukraine-Krieg verhandelt – jedoch ohne einen Durchbruch. „Witkoff ist selbst eher ein Unterstützer russischer Anliegen und Wirtschaftsinteressen und teilt nicht die Werte und Sicherheitsinteressen Europas“, erklärt Kiesewetter. Daher rechnet der CDU-Verteidigungspolitiker mit „Gesprächen ohne konkrete Ergebnisse“.

Vor Ukraine-Verhandlungen in Berlin: Kiesewetter pocht auf Taurus, Flugabwehr und russische Gelder

Vor den Verhandlungen in Berlin stellt Kiesewetter dennoch klare Forderungen an die Europäer: „Ich erwarte, dass sich die Europäer vehement gegen die russischen Bedingungen stellen und den USA deutlich machen, dass sie bereit sind, substantieller und robuster die Ukraine zu unterstützen.“ Zudem betont er die Notwendigkeit glaubwürdiger Sicherheitsgarantien für Kiew – „inklusive Truppen im Falle eines Waffenstillstands“.

Die Europäer müssten „bereits jetzt die militärische und finanzielle Unterstützung sichtbar“ erhöhen, fordert Kiesewetter. Dies solle geschehen „durch unverzügliche Lieferung weitreichender Waffen wie Taurus, durch die Übernahme der Flugabwehr über der Westukraine und die Integration der Luftverteidigung und durch die Bereitstellung der eingefrorenen russischen Vermögen.“

Friedrich Merz, der als Oppositionsführer die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern befürwortete, zeigt sich als Kanzler zurückhaltender. Er schließt die Lieferung nicht aus, weist jedoch auf die Komplexität des Waffensystems hin. Die Bereitstellung der eingefrorenen russischen Vermögen für die Ukraine wird derzeit noch diskutiert. Während Merz und andere Staats- und Regierungschefs sowie die EU-Kommission die Verwendung der russischen Gelder unterstützen, äußert Belgien Bedenken und blockiert eine Freigabe bislang.

Kiesewetter vor Ukraine-Verhandlungen in Berlin: „Russland versteht nur die Sprache der Stärke“

Kiesewetter warnt: „Russland versteht nur die Sprache der Stärke und auch die USA warten darauf, dass Europa selbst mehr für die Sicherheit tut.“ Von den Europäern erwarte er daher, „dass sie sich in die Lage der ukrainischen Bevölkerung versetzen und mehr leisten für eine Ukraine in Freiheit und Selbstbestimmung.“ Kiesewetter warnt: „Ansonsten werden die Worte des NATO-Generalsekretärs Rutte von dieser Woche wahr und der hybride Krieg gegen uns weitet sich zu einem militärischen Krieg auch gegen uns aus.“

NATO-Generalsekretär Rutte hatte kürzlich bei einem Treffen mit Bundeskanzler Friedrich Merz in Berlin gewarnt, dass Wladimir Putin den Krieg nicht auf die Ukraine beschränken will. „Wir sind Russlands nächstes Ziel“, sagte Rutte. Das Verteidigungsbündnis müsse sich der Bedrohung „völlig im Klaren sein“, um einen Krieg zu verhindern, bevor er beginnt.

Putins Strategie der „Pseudo-Verhandlungen“: Eine Hinhaltetaktik für die Europäer?

Kiesewetter betont, dass es in einigen grundlegenden Punkten keine Einigung zwischen der Ukraine und Russland geben könne, „weil Russland auf Punkte besteht, die zum Ende der Souveränität und Staatlichkeit der Ukraine führen würden und deshalb inakzeptabel sind“. Er warnt, dass Russlands Ziel sei, „die Europäer möglichst lange mit Pseudo-Verhandlungen zu beschäftigen, damit es militärisch weiter die Ukraine zerstören und sich auf die Kriegsausweitung vorbereiten kann“. Abschließend fordert er: „Die Europäer sollten deshalb nicht nur reden, sondern selbst handeln und die Unterstützung für die Ukraine massiv intensivieren.“ (Quelle: Eigene Recherche, dpa) (pav)