Sollte man mit seinen Kindern spielen, obwohl man keine Lust hast? Kinderpsychologe ordnet ein
Viele Eltern fragen sich, ob sie mit ihren Kindern spielen sollten, auch wenn sie keine Lust haben. Ein Experte erklärt, wann man sich überwinden sollte.
„Wir haben zu viel mit unserem ersten Kind gespielt“, sagt ein Vater in einem TikTok-Video. Er berichtet davon, wie unterschiedlich die Erziehung seiner beiden Kinder war. Er und seine Frau hätten sehr häufig mit dem ersten Kind, ihrem Sohn, gespielt: „Wir haben lange Zeit viel mit ihm gespielt und deshalb hat das Kind das ständig eingefordert und es kaum hinbekommen, allein zu spielen.“ Es sei zwar schön gewesen und die Eltern hätten „einfach Freude daran, viel Zeit mit dem Kind zu verbringen.“
Mit der Zeit sei es allerdings auch zur Belastung geworden. „Wenn du immer als Spielzeug verfügbar bist, wird dein Kind auf dich zurückgreifen. Und dann wirst du das Gefühl haben: ‚Ich komme zu nichts mehr.‘ Ich muss immer spielen, spielen, spielen“, sagt der Vater. Mit dem zweiten Kind, einer Tochter, sei es anders gewesen. Die Eltern hätten weniger Zeit gehabt, und die Tochter habe lernen müssen, sich selbst zu beschäftigen: „Und dann hat sie es viel besser hinbekommen.“
Experte: Eltern sollten auf eigene Bedürfnisse achten
In den Kommentaren unter dem TikTok-Beitrag berichten mehrere Eltern vom gleichen Dilemma. „Ich hab immer mit meinem Kind gespielt, jetzt spielt er zu Hause einfach nicht alleine. Sobald ich nein sage, weint er“, schreibt eine Mutter. „Wir versuchen immer, mit den Kindern zu spielen, aber auch mal alleine zu lassen, damit sie sich selber beschäftigen können. Es gab auch Tage, da haben wir kaum mit beiden gespielt und hatten ein schlechtes Gewissen“, kommentiert ein anderer Elternteil. Was sollten Eltern also beachten, um ihren Kindern, aber auch sich selbst gerecht zu werden?
„Gerade im ersten Lebensjahr gilt: Man kann einem Kind nicht zu viel Zuwendung geben“, sagt der Diplom-Psychologe und Psychotherapeut Michael Borg-Laufs BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA. „Später müssen auch Eltern natürlich auf ihre eigenen Bedürfnisse achten.“ Oft hätten die Eltern Lust, mit ihren Kindern zu spielen – manchmal jedoch eben nicht. „Auch das muss ein Kind lernen: dass andere gerade nicht wollen, und dass man dann mit Langeweile allein zurechtkommen muss“ erklärt der Experte.

Kinderpsychologe: Spielen ist für Entwicklung der Kinder wichtig
Vielen Eltern fällt es schwer, ihren Kindern den Wunsch nach gemeinsamem Spielen abzuschlagen. „Dieser Alltag, den du lebst, ist die Kindheit deines Kindes. Und die ist schnell vorbei. Ob du deinem Kind Aufmerksamkeit schenkst und schöne Zeiten teilst, macht natürlich auch was mit dem Kind“, erzählt der Vater auf TikTok. Er sagt, dass er rückblickend feste Zeiten für das Spielen einplanen und die Kinder wiederum stärker in den Alltag einbeziehen würde: „Aufräumen, sauber machen – weil das ja auch Zeit verbringen ist.“ Der Psychologe bestätigt: „Je nach Alter und Entwicklung haben Kinder oft Freude daran, ihre Fähigkeiten einzubringen – etwa beim Kochen zu helfen.“
Der Experte betont jedoch, dass gemeinsames Einkaufen, Kochen oder Saugen das Spielen nicht vollständig ersetzen können: „Spiel hat einen Eigenwert. Wir Erwachsene spielen meist regelgeleitet – das macht Spaß, bringt uns aber nicht zwingend weiter.“ Kinder dagegen machten im freien Spielen grundlegende Erfahrungen: Sie entdecken, probieren und erobern sich die Welt. „Kindliches Spiel ist für die Entwicklung notwendig“, sagt Borg-Laufs BuzzFeed News Deutschland.