Keine Trümpfe mehr: Trump sieht Kiew vor Verhandlungen über Ende des Ukraine-Kriegs in schlechter Verfassung

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Am Dienstag verhandeln Vertreter der USA und der Ukraine über einen Waffenstillstand. Russland verschärfte zuletzt seine Angriffe im Ukraine-Krieg.

Washington D.C. – Die US-Regierung glaubt offenbar, die Ukraine im Vorfeld der Verhandlungen über einen Waffenstillstand im von Russland begonnen Krieg, zu einem Einlenken auf ihre Position gebracht zu haben. Das berichtete die britische BBC am Montag (10. März) unter Berufung auf US-Regierungskreise. Die Ukraine sei bereit, in Richtung eines Friedens „voranzugehen“, hieß es demnach. Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj vor laufenden Kameras beschimpft, und ihm militärische Garantien zur Sicherung eines Waffenstillstandes verweigert.

Experte: Ukraine schreibt US-Garantien offenbar ab – Selenskyj vor Verhandlungen betont zuversichtlich

Am Dienstag verhandeln Vertreter aus der Ukraine und den USA in Saudi-Arabien über ein mögliches Ende des Ukraine-Krieges. Die Lage der Ukraine auf dem Schlachtfeld verschärfte sich seit Entzug der US-Unterstützung am vergangenen Mittwoch (5. März) immer weiter. Die Ukraine pochte bis zuletzt auf US-Sicherheitsgarantien, um einen weiteren Überfall durch Russland zu vermeiden. Dies habe die Regierung nun offenbar abgeschrieben, sagte der Kiewer Politikwissenschaftler Wolodymyr Fesenko der Wirtschaftszeitung Financial Times.

Selenskyj gab sich am Wochenende betont zuversichtlich: „Es liegen realistische Vorschläge auf dem Tisch. Der Schlüssel ist, sich schnell und effektiv zu bewegen“, schrieb er auf X. „Die Ukraine hat von der ersten Sekunde dieses Kriegs an Frieden gesucht.“ Er fühle sich zu einem konstruktiven Dialog verpflichtet. Am Dienstag wird er zu den Gesprächen in Saudi-Arabien erwartet. Die Gespräche mit den USA soll allerdings sein Kanzleichef Andrij Jermak führen, während er sich mit dem Kronprinzen Mohammed bin Salman trifft. Kommende Woche wollen die USA offenbar mit Russland verhandeln.

Ukraine macht Kompromissangebot für Verhandlungen – Russland will „endgültige Lösung“ des Krieges

Selenskyjs Kanzleichef Jermak teilte nach einem Treffen mit dem britischen Nationalen Sicherheitsberater Jonathan Powell mit, dass Selenskyjs diese Woche beim EU-Krisentreffen in Brüssel angekündigte Ziele einer Feuerpause in der Luft und zur See und eines Stopps der Angriffe auf zivile und Energieinfrastruktur weiter als erste Schritte verfolgt werden sollen. Zudem müssten auch alle Gefangenen freigelassen werden, teilte Jermak bei Telegram mit. 

Später müsse es auf dem Weg zum Frieden auch um Sicherheitsgarantien für die Ukraine, die Bedingungen einer Waffenruhe und die Aufrechterhaltung der Sanktionen gegen Russland gehen. Bei dem Treffen mit Powell sei es zudem um eine Erhöhung der militärischen und finanziellen Unterstützung für die Ukraine gegangen. Details nannte Jermak nicht. Russland beharrte derweil weiter auf seinen Maximalforderungen nach Gebietsabtretung, Demilitarisierung und einer neuen ukrainischen Regierung. Es brauche eine „endgültige Lösung“, und keinen „Aufschub“, sagte die Kreml-Sprecherin Maria Sacharowa.

Trump: Ukraine wird „vielleicht ohnehin nicht überleben“

Trump sagte am Donnerstag (6. März), er sehe „einigen Fortschritt“ in den Verhandlungen über ein sogenanntes Rohstoff-Abkommen mit der Ukraine und ein Waffenstillstandsabkommen mit Russland. Selenskyjs Regierung hatte zwei Vorschläge Trumps abgelehnt, wonach die Ukraine 500 Milliarden US-Dollar in Rohstoffeinnahmen an die USA überweisen oder den doppelten Preis für jede Waffenlieferung bezahlen solle ab. Er werde nichts unterschreiben, „das von zehn Generationen von Ukrainern bezahlt wird“, sagte Selenskyj. Ein dritter Vorschlag, der immer noch keine Sicherheitsgarantien enthielt, sollte Anfang März unterschrieben werden.

Donald Trump scheint die Ukraine weitgehend sich selbst und Russland überlassen zu wollen. (Archiv) ©  IMAGO / ZUMA Press Wire

Kurz zuvor kam es zum Eklat im Weißen Haus. Trumps Drohung an Selenskyj, dass er „die Karten nicht mehr in der Hand“ halte, wurde zum Symbol für die neue imperialistische Attitüde im Weißen Haus und sorgte für einige Verwerfungen im transatlantischen Verhältnis. Am Sonntag (9. März) wiederholte Trump den Satz vor Reportern. Seit Anfang März stoppte Trump die Waffenlieferungen an die Ukraine und die Geheimdienstzusammenarbeit mit dem angegriffenen Land. Angesichts dessen sagte er gegenüber dem rechten Sender Fox News: Die Ukraine werde „vielleicht ohnehin nicht überleben“. Am Sonntag deutete Trump an, dass die Geheimdienstzusammenarbeit „bald“ wieder aufgenommen werden könnte.

Ukraine verliert nach Entzug von US-Unterstützung an wichtiger Front Boden

Mit dem Ende der US-Unterstützung verschärfte sich schlagartig die militärische Situation der Ukraine. Ohne Geheimdienstinformationen zu russischen Positionen wurden Angriffe hinter den Linien schwer, hieß es von ukrainischen Offizieren. Auch die Abwehr russischer Luftangriffen wird offenbar dadurch erschwert. Nach ukrainischen Angaben wurden alleine in der Nacht zum Montag sechs Menschen bei russischen Luftangriffen auf zivile Infrastruktur getötet. Zur Verteidigung gegen ballistische Raketen sind US-Waffensysteme aktuell für europäische Staaten unersetzlich, da nicht ausreichend vergleichbare Waffen in der EU produziert werden.

Am Sonntag berichtete die US-Denkfabrik Institute for the Study of War, dass die ukrainischen Linien in der russischen Region Kursk kollabieren würden und tausenden ukrainischen Soldaten die Einkesselung drohe. Die besetzen Gebiete im Grenzgebiet gelten manchen Beobachtern als Faustpfand für Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine. Auch an der Front im Donbass gewann Russland langsam aber stetig Gelände. (kb mit dpa)

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