Seltene Tier-Entdeckung an Südtiroler Ausflugssee – „Das werden jedes Jahr mehr“

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Eine Schlange sorgt an einem Badesee nahe Bozen für Aufregung. Während Einheimische immer mehr von ihnen entdecken, sieht das Landesamt die Tiere bedroht.

Bozen – Beim einen stellen sich vor lauter Aufregung die Armhaare auf, andere nehmen lieber direkt Reißaus. Doch für so ziemlich alle dürfte es ähnlich beeindruckend sein, wenn Schlangen durch Gewässer gleiten. So geschehen auch am 10. Mai 2024 in der Provinz Bozen in Italien.

Eine Ringelnatter schlängelte sich einmal quer durch den Kleinen Montiggler See in Südtirol. Bis sie eineinhalb Meter vor dem Steg abrupt abstoppte – ganz so, als wollte sie sich den plötzlich gezückten Handy- und Spiegelreflexkameras stolz präsentieren. „Sie richtete sich vor unseren Augen auf und lehnte sich praktisch nach hinten“, erzählte eine beeindruckte Augenzeugin. Sie habe alleine an diesem Tag bereits drei Stück gesehen. „Das werden jedes Jahr mehr“, sagt sie. Letztes Mal habe sich eine am Ufer versteckt, „als ich ins Wasser bin, habe ich sie aufgeschreckt“, sagt sie. Bald verschwand die Ringelnatter in Richtung Ufer und wart nicht weiter gesehen.

Der Gang ins Wasser entwickelte sich wie bei einer ganz ähnlichen Beobachtung in Bayern danach dennoch zur Mutprobe.

Der Kleine Montiggler See, ein Biotop und Naherholungsgebiet. Eine Expertin aus Bozen spricht von gerade einmal fünf Sichtungen einer Ringelnatter in den vergangenen zehn Jahren in diesem Gebiet.
Der Kleine Montiggler See, ein Biotop und Naherholungsgebiet. Eine Expertin aus Bozen spricht von gerade einmal fünf Sichtungen einer Ringelnatter in den vergangenen zehn Jahren in diesem Gebiet. © IMAGO/Jochen Tack/Christian Thorner

Schlangensichtung am Montiggler See in Italien – „Fleischfresser“ aber „völlig harmlos“

Der Kleine Montiggler See befindet sich bei Eppan im Überetsch (Südtirol), umgeben vom weitläufigen Montiggler Wald, und nur wenige hundert Meter vom Großen Montiggler See entfernt. Beide Seen sind beliebte Ausflugsziele bei Urlaubern wie Einheimischen.

Sorgen machen müssen diese sich vor dem Tier allerdings nicht. Das Naturmuseum Südtirol erklärt unserer Redaktion: „Eine Natrix helvetica (Ringelnatter) ist eine völlig harmlose und überhaupt nicht aggressive Schlange, die feuchte Standorte verschiedener Art bevorzugt und in verschiedenen Gewässern anzutreffen ist.“ Darunter Sümpfe, Teiche, aber auch große Seen und Pfützen.

Wie alle Schlangen sei eine solche Ringelnatter ein reiner „Fleischfresser“, der sich vor allem „von Amphibien ernährt, aber auch kleine Reptilien oder Säugetiere nicht verschmäht, wenn er die Gelegenheit hat, sie zu erbeuten“, heißt es von einer Herpetologin (Herpetologie ist die Lehre von den Tierklassen der Amphibien und Reptilien.)

Schlangen in Südtirol eher gefährdete Tiere

Ihr zufolge sind Schlangensichtungen an den Montiggler Seen eine ziemliche Seltenheit. Die Verschlechterung beziehungsweise das Verschwinden ihres Lebensraums tragen dazu bei, dass Schlangen „eher bedroht sind“, wie die Expertin aus Südtirol erklärt. Täuscht also der Eindruck des Badegastes, dass es immer mehr würden? „Die verfügbaren Daten sind nicht ausreichend, um die Dichte dieser Arten zu schätzen“, lautet die Antwort aus Südtirol. Die Nattern seien schwer fassbar und in den Datenbanken seien in den letzten zehn Jahren lediglich 230 Beobachtungen einer N. helvetica für die gesamte Provinz Bozen registriert worden. Nur fünf davon in der Nähe der Montiggler Seen.

Eine weitere in der Provinz vorkommende Wasserschlange ist die Art Natrix tessellata (Würfelnatter). Diese ernähre sich vorzugsweise von Fischen und lebe auch in den größeren Flüssen Südtirols. „Auch diese Art ist völlig harmlos“, erklärt das Naturmuseum. Nachweise der Würfelnatter gebe es etwa 80 für die gesamte Provinz, davon jedoch nur eine für die Montiggler Seen.

Eine Ringelnatter im Kleinen Montiggler See bei Bozen in Südtirol. Eine spektakuläre, weil seltene Sichtung für viele Badegäste.
Eine Ringelnatter im Kleinen Montiggler See bei Bozen in Südtirol. Eine spektakuläre, weil seltene Sichtung für viele Badegäste. © Christian Thorner

Viele Urlauber kommen nach Südtirol – nicht alle sind willkommen

Zahlen, die mit den Beobachtungen der einheimischen Badegäste nicht unbedingt übereinstimmen. Diese dürfen weiter auf spektakuläre Sichtungen hoffen. Der fünf Hektar große Kleine Montiggler See hat einen Umfang von rund 900 Metern mit natürlichen kostenlosen Badezugängen aber auch ein kleines Strandbad, dass in der Hauptsaison fünf Euro Eintritt verlangt, aber mit gemütlicher Atmosphäre und riesigen Spaghetti-al-Ragù-Portionen zum Verweilen einlädt.

Erreichbar ist er über mehrere Wanderwege aus verschiedenen Richtungen. Die nächstgelegene Zufahrtsstraße für Autos und Linienbusse endet am Großen Montiggler See.

Bei rund 200.000 Urlauber pro Sommersaison und etwa 500.000 Übernachtungen (Zahlen von 2022) – Tendenz eher steigend – beklagen viele Südtiroler einen sogenannten Overtourism (deutsch: Übertourismus). Auch Deutsche sind mancherorts unerwünscht. Am Großen Montiggler See verunstalteten erst vor wenigen Tagen Unbekannte ein Wanderschild. Die Botschaft ist dabei eindeutig. Der Zugang zum Pragser Wildsee, inmitten der Dolomiten, ist bereits beschränkt. Was Einheimische wie Urlauber aber in den meisten Fällen eint: Die Aufregung, wenn sich eine Ringelnatter durch das kühle Nass schlängelt.

Alle Beobachtungen von Reptilien und Amphibien sind für die Überwachung der Verbreitung und der Anzahl dieser Tiere sehr wertvoll. Das Naturmuseum bittet daher unter diesem Link um Mithilfe bei Sichtungen.

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