Kein Widerspruch = Zustimmung: Uneinigkeit über die Gültigkeit dieser Formel steht im Zentrum eines Rechtsstreits zwischen Alpenwirt-Eigentümer Manuel Heisig und der Gemeinde Bayrischzell.
Bayrischzell – Gegenstand der Auseinandersetzung vor dem Verwaltungsgericht München ist eine knapp 200 Quadratmeter große Fläche vor dem aktuell leer stehenden Alpenwirt, die der Gemeinderat Ende 2022 per Widmung der öffentlichen Sudelfeld- und Ursprungstraße zugeschlagen hat.
Die Begründung lautete, dass die Grundstücke bereits zwei Mal zusammen mit den Straßen auf Gemeindekosten asphaltiert wurden, ohne dass sich die Eigentümer dagegen gewehrt hätten. Heisig sieht in der Widmung dagegen eine Zwangsenteignung, die ihn unter anderem einen in der Baugenehmigung enthaltenen Parkplatz koste. Das Gericht entschied kürzlich pro Gemeinde. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Kläger Heisig kündigt aber schon jetzt an, Rechtsmittel einzulegen.
Nicht der erste Rechtsstreit um den Alpenwirt
Es ist nicht der erste juristische Zankapfel rund um den früheren Gasthof Wendelstein. Wie berichtet, gab es dort bereits 2018 einen Verwaltungsgerichtstermin. Thema war ein Baustopp, den das Landratsamt wegen eines fehlenden Antrags für den Umbau im zweiten Stock des Alpenwirts verhängt hatte. Heisig klagte dagegen mit der Argumentation, dass er ja nichts an der Statik des 1878 erbauten Hauses oder dessen touristischer Nutzung ändere. Auf Empfehlung des Gerichts machte er jedoch einen Rückzieher und reichte den Bauantrag nach. Die Genehmigung folgte – laut Heisig inklusive der Anerkennung des besagten und nun im erneuten Rechtsstreit gegenständlichen Stellplatzes.
Wie Bayrischzells Bürgermeister Georg Kittenrainer auf Nachfrage mitteilt, steht vor dem Alpenwirt für gewöhnlich nicht nur ein Fahrzeug. Der Bereich der Sudelfeld- und Ursprungstraße werde seit Jahren entlang des Gasthofs „zugeparkt“. Immer wieder gingen „massive Beschwerden“ im Rathaus ein. Da die Gemeinde ohne eine öffentliche Widmung des gut zweieinhalb Meter breiten Streifens keine Maßnahmen wie etwa – einen vorherigen Gemeinderatsbeschluss vorausgesetzt – ein Parkverbot rechtssicher treffen kann, habe man sich für diesen Schritt entschieden. „Wir haben grundsätzlich keinerlei Interesse an einem Rechtsstreit mit Gastwirten“, betont Kittenrainer. An anderer Stelle im Ort funktioniere das Miteinander problemlos.
Die Gemeinde stützt ihre Argumentation auf die Historie. 1961 wurden die gemeindlichen Flächen der beiden Straßen öffentlich gewidmet. Nach Abschluss von Kanalbaumaßnahmen wurden diese 1970 asphaltiert – wohlgemerkt auch auf den privaten Flächen. Ende der 1980er-Jahre folgte die erneute Asphaltierung der Sudelfeldstraße, 2000 dann auch die der Ursprungstraße im Rahmen der Städtebauförderung.
Einverständnis oder nicht?
Die Eigentümer der privaten Grundstücke hätten dem nicht widersprochen und somit „de facto eine Bauerlaubnis erteilt“, erklärt Kittenrainer. Laut geltender Rechtssprechung handle es sich um eine „konkludente Widmungszustimmung“, die unwiderruflich sei.
Heisig sieht das anders. Laut seinen Informationen sei die besagte Asphaltierung 1970 nur erfolgt, um durch den Kanalbau entstandene Flurschäden auf den privaten Flächen wiederherzustellen. Von einem Einverständnis zu einer Widmung könne keine Rede sein.
Einfach abgeben könne er das Areal auch wegen des dort befindlichen Fahrradabstellplatzes nicht. „Der ist wichtig für den Biergarten“, erklärt Heisig und beteuert, an einer gütlichen Einigung interessiert gewesen zu sein. „Ich war immer gesprächsbereit.“ Da daraus aber nichts geworden sei, müsse er nun in die nächste Instanz gehen.