Wegen deutscher Kehrtwende - Der Turbo-Anstieg des Euros sendet eine Warnung an die EZB - und an Trump
Unmittelbar nach dem Wahlsieg von Donald Trump schien es ausgemacht: Der Dollar ist die Währung der Stunde, der Euro hat das Nachsehen. Die Frage der Parität zwischen den beiden Währungen schien nur noch eine Frage der Zeit. Um 6,6 Prozent wertete der Dollar gegenüber dem Euro zwischen November und Januar auf, kletterte bis auf 0,976 Euro für einen Dollar.
Die Gründe dafür waren vielschichtig: Auf der einen Seite stand die Annahme, dass unter Trump Amerikas Wirtschaft weiter boomen und damit für Investitionen attraktiv sein würde. Wer dabei sein will, braucht Dollar. Auf der anderen Seite setzten Anleger darauf, dass die Zinsen weiter hoch bleiben würden: Trumps angedrohte Zölle würden die Preise erhöhen und damit die US-Notenbank Fed auf den Plan rufen, während die EZB wegen der schwachen Wirtschaft in der Eurozone die Zinsen eher senken muss.
Doch seit Anfang der Woche ist das alles Geschichte.
Mit der angekündigten Investitionsoffensive Deutschlands hat sich die Sichtweise grundsätzlich geändert. Plötzlich ist der Euro die Währung der Stunde. Seit Dienstag legte er gegenüber dem Dollar um fast vier Prozent zu, stieg von 1,04 auf 1,08 Dollar je Euro. Das mag nicht viel klingen. Aber auf dem Devisenmarkt, wo Währungen meist nur im Hundertstelbereich schwanken, sind das innerhalb so weniger Tage Welten. Die Deutsche Bank hat nun sogar 1,10 Dollar als neues Kursziel ausgegeben.

Euro-Stärke und Dollar-Schwäche kommen zusammen
Was steckt dahinter? Zwei gegenläufige Entwicklungen sind für den Turbo-Anstieg verantwortlich. Es kommen Euro-Stärke und Dollar-Schwäche zusammen.
Die Euro-Stärke resultiert daraus, dass eine expansive Fiskalpolitik, wie sie Deutschland (und womöglich auch andere Euro-Länder im Verteidigungsbereich) plant, inflationär wirkt. Der Staat pumpt gewaltige Mengen Geld in die Wirtschaft und erhöht damit die Nachfrage. Das ist zwar gut für die Wachstumsaussichten, sorgt aber auch für steigende Preise. Der Markt erwartet, dass sich die EZB aktiv dem Inflationsdruck entgegenstemmt und der Zins mittelfristig höher sein wird als bisher angenommen wurde. Zwar schaden höhere Zinsen normalerweise der Konjunktur. Da die Milliarden aus Berlin (und vielleicht auch bald aus anderen Hauptstädten) die Wirtschaft aber stimulieren dürften, entfällt dieses Gegenargument.
Dazu kommt eine Dollar-Schwäche. Der Markt beginnt, das Narrativ der starken US-Wirtschaft zu hinterfragen. Die Frühindikatoren trüben sich ein. Trump belastet mit seinen Zöllen die Wirtschaft, ohne für die nötige Entlastung zu sorgen. Dazu kommen die Einsparungen, die er zusammen mit Elon Musk durchsetzen will. Auch das sorgt für Unsicherheit und weniger Nachfrage durch den Staat. Schon macht am Markt die Befürchtung die Runde, dass die USA auf eine Stagflation zusteuern könnten, also eine Kombination aus niedrigem Wachstum und hoher Inflation. Auch das würde die Notenbank Fed auf den Plan rufen, da eine gute Beschäftigungslage auch zu ihrem Mandat gehört – aber eben anders, als bisher gedacht.
Wackelt die internationale Rolle des Dollars?
Die Dollar-Schwäche geht womöglich noch über die kurzfristige Entwicklung hinaus. Sie könnte das Vorzeichen einer fundamentalen Neubewertung der US-Währung sein: Immer öfter wird in Analysen zum Devisenmarkt die Rolle des Dollars als „sicherer Hafen“ hinterfragt. Jahrzehntelang war dieser Status kein wirkliches Thema. Niemand zweifelte daran. Doch auch das ändert sich. „Die Geschwindigkeit und das Ausmaß der globalen Veränderungen ist so enorm, dass man über die Möglichkeit eines Verlusts dieser Sonderrolle nachdenken muss“, schreibt zum Beispiel George Saravelos von der Deutschen Bank in einem Kommentar.
In einem Interview mit Bloomberg warnte der einstige US-Finanzminister Larry Summers: „Wie die USA gerade die Dinge angehen, stellt die größte Bedrohung für die Rolle des Dollars als zentrale Währung in der Weltwirtschaft dar, die wir in den letzten fünf Jahrzehnten hatten.“ Wäre er noch Finanzminister, „wäre ich wegen des Kreditbedarfs der US-Regierung sehr besorgt“ angesichts der Kritik des Präsidenten an Ländern, die traditionell Käufer von US-Staatsanleihen sind.
Solche Veränderungen passieren natürlich nicht von jetzt auf gleich. Aber schon allein, dass darüber spekuliert wird, zeigt, wie viel sich gerade ändert und dass alte Gewissheiten hinterfragt werden müssen.