Das Buchheim Museum Bernried am Starnberger See zeigt eine große Schau von Bildern Max Pechsteins. Unser Ausflugstipp für die Sommerferien.
Sie lassen es mal wieder knallen. In satten grünen und blauen Farben leuchten die Wände im Buchheim Museum Bernried am Starnberger See. Eine gute Idee. Denn die kräftigen Töne verstärken noch das Leuchten, das in den Bildern selbst liegt, die in der neuen Ausstellung „Max Pechstein – Vision und Werk“ zu sehen sind. Der Künstler (1881-1955) hat mit seinen farbintensiven Gemälden und seiner ausdrucksstarken Druckgrafik die Kunst der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geprägt. In Bernried versteht man, warum.
Papierzeichnungen und Gemälde ergänzen sich perfekt
So viel Pechstein war hier noch nie: Dank einer Kooperation mit dem Max Pechstein Museum in Zwickau, das renovierungsbedingt für einige Zeit schließen muss, gehen 100 Exponate von dort auf Reisen. Und machen unter anderem Halt am Starnberger See. Man könnte die in Zwickau konzipierte, tourende Schau also auch an anderen Stationen anschauen. Bernried empfiehlt sich aber besonders, weil hier zwischen die Gemälde etliche Papierarbeiten des Künstlers aus der hauseigenen Sammlung gehängt wurden. Aus konservatorischen Gründen werden sie nicht häufig gezeigt. Gerade dieses Zusammenspiel von Zeichnungen und prallen Farben reizt. Die Vielfältigkeit, die Schaffenskraft Max Pechsteins werden auf diese Weise deutlich.
Chronologisch erzählt die Schau das Leben des Brücke-Künstlers anhand seiner Werke. Das war so farbenreich wie seine Bilder. Schon die familiären Verhältnisse waren, sagen wir: außergewöhnlich. Erst heiratete er Lotte (1911). Verliebte sich dann in Marta, die er 1923 heiratete. Die hatte erfreulicherweise einen Bruder. Der noch erfreulicherweise Lotte gefiel: Die beiden heirateten. Patchwork à la Pechstein.
Die Zeit mit Lotte war geprägt von einem einschneidenden Reiseerlebnis: 1913 gingen sie auf die Südseeinsel Palau. Wolfgang Gurlitt – Cousin von NS-Kunsthändler Hildebrand Gurlitt – gab Pechstein zur Finanzierung der Reise ein Darlehen in Höhe von 10000 Mark, eine damals riesige Summe. Der Deal: Dafür würde Gurlitt alle in Palau entstehenden Werke vertreiben dürfen. Doch die Weltgeschichte kam ihnen auf unbarmherzige Weise dazwischen: Am 15. August 1914 erklärte Japan dem Deutschen Reich den Krieg und besetzte die zu diesem Zeitpunkt deutsche Kolonie Palau. Lotte und Max mussten fliehen. Von den Bildern aus Palau blieb nur ein einziges erhalten. Für Pechstein, der auf einem Schuldenberg bei Gurlitt sitzen blieb, ein Desaster. Aus der Not heraus wurde das Jahr 1917 seine produktivste Schaffensphase. In der Ausstellung kann man nachvollziehen, dass er ein ums andere Bild fertigte, besonders gern mit exotischen Südseeszenen. Ganz so, wie sich die Menschen damals die für sie ferne Welt vorstellten.
Überhaupt steckt da viel Sehnsucht, gedankliches Schweifen in die Ferne in Pechsteins Gemälden. Ob Süd-, Ostsee oder Italien: Dem Expressionisten Pechstein gelang es, das erlebte Gefühl auf die Leinwand zu übertragen. Denn er ging tatsächlich hinaus zu den Leuten; gerade zu den schwer malochenden. Er, Sohn einer Arbeiterfamilie, kannte auch als gefeierter Künstler keinen Dünkel. Setzte sich mit Fischern ins Boot, trank mit Handwerkern Schnaps – und kam danach schon einmal mit Ankertätowierung nach Hause. Diese Nähe schlägt sich in seinen Bildern nieder. Die Perspektive stets: auf Augenhöhe. Seine Bildschnitte sind radikal. Hier zeigt sich der Fotograf in ihm. An einer Wand hängen Schwarz-Weiß-Aufnahmen, die Pechstein einst geschossen hat. Wer sie anschaut, erkennt, welch ungeheuren Einfluss das Aufkommen der Fotografie auf die Malerei hatte. Neue Dynamik entsteht. Trifft unmittelbar ins Auge – und sehr oft auch: ins Herz. Bis 26. Oktober 2025, Di. bis So. 10 bis 18 Uhr; Am Hirschgarten 1 , Bernried