Die Angst vor der „Scheußlichkeit“: Bauantrag für Zaun löst Grundsatzdebatte aus
Zu einer Grundsatzdebatte über Bebauungsplan-Befreiungen geriet der Antrag eines Bauherrn im Forchet III. „Bis zur Höhe von zwei Metern kann dann jede Scheußlichkeit realisiert werden“, warnt der Stadtbaumeister.
Schongau - Über zwei Befreiungsanträge für ein Grundstück Ecke Klammspitzstraße/Wankstraße im Forchet III in Schongau hatte der Bauausschuss in seiner jüngsten Sitzung zu entscheiden. Keine Fragen gab es zum Ansinnen des Bauherrn, für eine geplante Terrassenüberdachung die Baugrenzen überschreiten zu dürfen. Einstimmig entschied das Gremium, der Befreiung zuzustimmen. Mit dem zweiten Befreiungsantrag kam der Bauherr jedoch nicht durch, sondern stieß damit eher sogar in ein Wespennest. Gewünscht wird der Ersatz für den bisherigen Holzzaun durch einen filigranen Stabgitterzaun. Stadtbaumeister Sebastian Dietrich zeigte in seiner Präsentation einen Zaun mit Spitzen und Rosetten, die an schmiedeeiserne Elemente erinnerten, im Internet findet man das gezeigte Beispiel unter dem Stichwort „Zaun Romantik“.
Vornweg: Das Plangebiet liegt südlich der Marktoberdorfer Straße, vom Baugebiet an der Lerchenstraße bis zur Zugspitzstraße. Die Art der zugelassenen Zäune ist im ursprünglichen Bebauungsplan Nr. 27 exakt festgehalten. Unter §5 Absatz 3 heißt es, dass Einfriedungen nur aus Maschendraht sein dürfen oder in Holzbauweise bis zu einer Gesamthöhe von einem Meter. Der Bebauungsplan wurde im November 1980 rechtskräftig. Seither gab es zwar 17 Änderungen, die letzte ist auf März 2023 datiert. Nach den immer noch geltenden Festsetzungen des 45 Jahre alten Bebauungsplans sind Metallzäune aber offenbar nicht zugelassen: „Bislang gab es für derartige Zäune im Bebauungsplangebiet noch keine Befreiungen“, heißt es in der Vorlage der Verwaltung zum Tagesordnungspunkt.
Bettina Buresch (Grüne) sprach sich dennoch für eine Befreiung aus: „Mir ist dieser Metallzaun wesentlich lieber als der vorgeschriebene Maschendrahtzaun, das ist eine Wohltat fürs Auge und bringt Abwechslung.“ Martin Schwarz (SPD) hakte ein. Zwar gefalle ihm der Zaun auch. „Aber wenn wir hier zustimmen, brauchen wir uns in Zukunft keine Gedanken mehr zur Einfriedung machen“, warnte er vor den möglichen Folgen, einen Präzedenzfall zu schaffen.
Stadtbaumeister Dietrich gab dem SPD-Stadtrat recht, das erschwere die Möglichkeit, auf die Einhaltung der Bebauungsplan-Festsetzungen zu bestehen. Bettina Buresch wollte dem nicht folgen, da der Metallzaun in antiker Form trotzdem durchlässig sei für kleine Tiere, auch die Höhe passe, er sei weder aus Kunststoff, noch gemauert. „Der Zaun ist sicherlich nicht das Tor zur Hölle, aber wenn wir den genehmigen, können wir auch nichts mehr gegen Plastikzäune machen“, warnte Dietrich noch einmal eindringlich. „Es gibt alle Scheußlichkeiten der Welt, die als Zäune verkauft werden, wenn dann einer klagt, wird es schwierig.“
„Schwächen unsere Position“
Schwarz ging dann sogar noch einen Schritt weiter. Er hinterfragte, warum sich das Gremium überhaupt damit befassen müsse. Er erwarte von der Verwaltung, dass solche Abweichungsvorschläge von vornherein abgelehnt werden sollen, da sie nicht mit den Festsetzungen des Bebauungsplans vereinbar seien. Die Empfehlungen der Verwaltung seien immer positiv formuliert, argumentierte Dietrich. Und grundsätzlich habe jeder Bauherr das Recht, eine Befreiung zu beantragen. „Ich stehe dazu, dass wir das kritisch sehen, weil wir unsere Position schwächen“, hob Dietrich noch einmal hervor.
Der Bauausschuss lehnte den Metallzaun einstimmig ab.