Mit deutscher Hilfe: Ukraine setzt Stromversorgung neu auf – um es Putin schwerer zu machen
Russland hat aus der Sowjetzeit detaillierte Informationen über das ukrainische Stromnetz. Das nutzt Putin im Ukraine-Krieg. Nun baut die Ukrainer ihr System neu auf.
Berlin/Düsseldorf – Plötzlich wurde es dunkel. Schon wieder. Ende Juni griffen russische Truppen die Energieversorgung der Ukraine an, diesmal fiel vielerorts in den Regionen Lwiw und Saporischschja der Strom aus. Nach Angaben der ukrainischen Regierung war das die achte Angriffswelle auf die Energieinfrastruktur innerhalb von drei Monaten.
Ukraine-Krieg: Nach Angriffen russischer Truppen drohen Stromengpässe in Krankenhäusern
Für die Zivilbevölkerung ist das jedes Mal ein harter Schlag, auch in Krankenhäusern drohen dann Energieengpässe im Ukraine-Krieg. Im Vergleich zum Vorjahr könne das Land wegen der Attacken nur noch halb so viel Strom produzieren, heißt es aus Kiew. Jetzt bauen die Ukrainer ein völlig neues Stromnetz auf, um es den Angreifern so schwer wie möglich zu machen.
Deutschland unterstützt die Ukraine dabei. Vor wenigen Wochen erst unterzeichnete die KfW-Förderbank im Auftrag des Bundesentwicklungsministeriums einen Zuschussvertrag über 45 Millionen Euro mit dem ukrainischen staatlichen Energieversorger Ukrenergo. Die Ukrainer wollen damit beschädigte Teile der Stromnetzinfrastruktur reparieren und das Netz so ausbauen, dass es weniger anfällig für Angriffe ist.
Putin hat Informationen über Stromnetz aus der Sowjetzeit: „Russland greift gezielt empfindliche Stellen an“
„Russland hat noch aus der Sowjetzeit genaue Informationen darüber, wie das Stromnetz der Ukraine aufgebaut ist“, erklärte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) am Dienstag bei einer Pressekonferenz im Düsseldorfer Landtag. „So können die russischen Truppen gezielt empfindliche Stellen angreifen, um einen möglichst großen Schaden anzurichten.“ In Saporischschja seien beispielsweise Knotenpunkte bombardiert worden, um gezielt Krankenhäuser vom Netz zu trennen.
Jetzt setzen die Ukrainer auf dezentrale Einrichtungen wie etwa Windparks, um die Strategie von Wladimir Putin zu stören. „Ein großes Feld mit Windrädern ist sehr viel schwerer zu zerstören als ein einzelnes, zentrales Kraftwerk“, so Schulze.

Meine news
Die Frage, ob ein Wiederaufbau mitten im Krieg von Wladimir Putin sinnvoll ist, war zuletzt bei der Wiederaufbaukonferenz in Berlin diskutiert worden. Schulze machte klar: „Die Menschen brauchen jetzt Strom.“ Im Zweifel könne das als Baustein kriegsentscheidend bei der Verteidigung gegen Putins Truppen sein. „Die Ukrainer brauchen nicht nur Waffen. Sie bauen ihr Land jeden Tag Stück für Stück wieder auf, dabei unterstützen wir mit Mitteln und Know-how.“
Deutsche Kommunen helfen Partnerstädten im Ukraine-Krieg mit Stromgeneratoren
Auch Partnerschaften zwischen deutschen und ukrainischen Kommunen könnten dabei helfen. Seit 2014 fördert das Ministerium solche Kooperationen, mit dem Beginn des Ukraine-Krieges 2022 haben sie sich intensiviert. Inzwischen gibt es 200 deutsch-ukrainische kommunale Partnerschaften. Deutsche Kommunen unterstützen dabei zum Beispiel mit Lieferungen von Stromgeneratoren oder Löschfahrzeugen und beraten zu langfristigen Strategien beim Wiederaufbau.
Kritik an CSU-Forderung, Flüchtlinge zurück in die Ukraine zu schicken
Jochen Ott, Vorsitzender der SPD-Fraktion im NRW-Landtag, kritisierte unterdessen jüngste Äußerungen aus CSU-Kreisen zum Umgang mit ukrainischen Geflüchteten. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatte zuletzt gefordert, Kriegsflüchtlinge zurück in die Ukraine zu schicken, wenn sie in Deutschland keine Arbeit aufnehmen.
„Sowas ist mehr als charakterlos“, sagte Ott. In NRW gebe es klare Abmachungen zur Direkthilfe in der Ukraine sowie zur Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten. „Ich gehe davon aus, dass diese CSU-Debatten in der schwarz-grünen Landesregierung keinen Widerhall finden. Das wäre wirklich ein Bruch all dessen, was wir bisher gemeinsam verabredet haben.“