Europa und die Asylkrise: Von der Leyens Noteinsatz im Libanon

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EU-Chefin Ursula von der Leyen mit Nabih Berri (Mitte), Sprecher des libanesischen Parlaments, und dem Präsidenten Zyperns, Nikos Christodoulides (li.), beim Treffen in Beirut. Ein Kommentar von Merkur-Chefredakteur Georg Anastasiadis. ©  Anwar Amro/AFP/Klaus Haag

Eine Milliarde Euro an EU-Hilfen sollen für einen Migrationspakt nach Beirut fließen. Fraglich ist aber, ob der Libanon den Kampf gegen die Schleuser überhaupt gewinnen kann. Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.

Die Asylpolitik der Europäischen Union gleicht weiter einem zynischen Hase-und-Igel-Spiel mit den Schleusern. Kaum gelingt es den Europäern, eine Fluchtroute zu schließen – etwa durch die jüngsten Abkommen mit Tunesien oder Ägypten –, suchen und finden Menschenhändler neue Wege. Jetzt ruft Zypern um Hilfe. 78 Bootsflüchtlinge aus dem Libanon wurden dort in den ersten drei Monaten 2023 registriert. Dieses Jahr waren es bereits 4000, die sich trotz schwieriger winterlicher Bedingungen auf den Weg übers Mittelmeer machten, Tendenz stark steigend. Untätigkeit kann man EU-Chefin Ursula von der Leyen nicht (mehr) vorwerfen. Eine Milliarde Euro an EU-Hilfen stellte sie gestern bei ihrem Noteinsatz in Beirut der dortigen Regierung in Aussicht. Mit dem Geld sollen die Lebensbedingungen der 1,5 Millionen dort lebenden syrischen Flüchtlinge verbessert und Schleuser bekämpft werden. Zugleich soll die legale Migration erleichtert werden.

Die Erfolgsaussichten des neuen Migrationspakts sind ungewiss

Leider sind die Erfolgsaussichten des neuen Migrationspakts ungewiss. Anders als in den autoritär regierten Ländern Ägypten und Tunesien sind die staatlichen Strukturen im von Milizen kontrollierten Libanon weitgehend zusammengebrochen. Fraglich ist daher, ob das Land den Kampf gegen Schleuser überhaupt gewinnen kann. Der von einer schweren Wirtschaftskrise geplagte Staat ist heute bettelarm, die Stimmung gegenüber Flüchtlingen zunehmend feindselig, und Syriens grausamer Diktator Assad denkt nicht daran, seine emigrierten Landsleute zurückzunehmen. Hinzu kommt die Angst vor einem Übergreifen des Nahostkriegs auf den Libanon. Kein Wunder, dass Menschen von einem besseren Leben in Europa träumen und auf dem Weg dorthin Risiken nicht scheuen.

Europa hat in dieser Situation nur die Wahl zwischen schlechten Optionen. Menschenrechtsorganisationen fordern die EU zur Aufnahme von mehr Syrern auf. Doch haben auch sie keine Antwort auf das dann zu erwartende weitere Erstarken der Rechtsradikalen. Deren Wahlerfolge speisen sich ja aus einer zu lange von Berlin inspirierten lockeren Brüsseler Migrationspolitik. Jedes weitere Nichthandeln bringt Europas liberale Demokratien selbst in Gefahr.

Georg Anastasiadis

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