Kommentar - Cem Özdemir blamiert die Regierung und geht den Bauern auf den Leim

Cem Özdemir ist Landwirtschaftsminister und derzeit ein Musterbeispiel für politische Beweglichkeit. Erst lässt er es geschehen, dass die Bundesregierung, der er bekanntlich angehört, Subventionskürzungen für Bauern beim Diesel für ihre Fahrzeuge beschließt. Anschließend stellt er sich an die Spitze der Bauernproteste dagegen und feiert nun, dass sein Protest gegen den von ihm mitgetragenen Beschluss Erfolg hat: Die Subventionskürzungen, die in der Summe eine Milliarde Euro bringen sollten, werden größtenteils zurückgenommen.

Der grüne Minister hat damit doppelt danebengegriffen. Er hat erstens dafür gesorgt, dass sich die Bundesregierung, die Mühe hat überhaupt zu sparen, bei einem ihrer wenigen wirklichen Sparbeschlüsse blamiert, in dem sie ihre Entscheidung zwei Wochen, nachdem sie sie getroffen hatte, wieder einkassiert.

Deutsche Bauern erfreuen sich an 50 000 Euro Subventionen pro Jahr

Und zweitens vernebelt Özdemir, dass die Subventionskürzung in Wahrheit die Richtigen getroffen hätte. Noch am 13. Dezember hatte der Minister im Bundestag strahlend festgestellt, dass es mit den landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland seit Jahren bergauf geht. Die Gewinne steigen. Das liegt daran, dass die Landwirte am Markt für ihre Produkte höhere Preise durchsetzen können.

Es liegt daran, dass immer größere Betriebe immer wirtschaftlicher ackern können, und es hat damit zu tun, dass jeder Bauer in Deutschland bislang durchschnittlich knapp 50 000 Euro Subventionen pro Jahr erhält und dazu sich noch an Privilegien erfreuen kann, wie zum Beispiel dem, dass der Staat einen Zuschuss zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung zahlt. Es hätte also nahe gelegen, bei dieser hochsubventionierten und inzwischen ertragreichen Branche den Rotstift anzusetzen. Die jetzt wieder einkassierte Kürzung hätte allenfalls zehn Prozent der gesamten Subventionen betroffen.

Als Mitglied der Bundesregierung, die die Interessen der Deutschen ausgleichen sollte, hätte Özdemir diese Argumente abwägen müssen. Das hat er aber nicht. Stattdessen ließ er sich vor den Karren der Bauernlobbyisten spanen. Das ist eine schwache Leistung.