Özdemir setzt beim Klimaschutz voll auf Hanf – und will dafür das Cannabisgesetz ändern
Der Bundeslandwirtschaftsminister will den Anbau von Industriehanf vorantreiben. Dafür soll der THC-Grenzwert angehoben und die „Rauschklausel“ gestrichen werden.
Berlin – Der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir (Grüne) will die sogenannte „Rauschklausel“ aus dem Cannabisgesetz (CanG) für den Industriehanf streichen. Das teilte er auf dem Parlamentarischen Abend der Cannabiswirtschaft Mitte Mai mit. Die deutsche Sonderregel führte bislang dazu, dass selbst sehr niedrige Gehalte von THC im Industriehanf zur Strafbarkeit, Razzien und Betriebsschließungen führen konnte.
Große Chance für klimaneutrale Zukunft: Industriehanf gute Alternative zu Plastik und Stahl
Dabei könnte der „Industriehanf“ eine bedeutende Rolle in der klimaneutralen Zukunft spielen. Er ist einsetzbar in der Autoindustrie oder auf dem Bau. Das Problem bisher: In vielerlei Hinsicht unterliegt der Klima-Hanf aber denselben Bestimmungen wie gewöhnliches Cannabis. Besonders die bürokratischen Hürden haben den Einsatz und die Weiterverarbeitung von Industriehanf in Deutschland bisher behindert. Özdemir will das jetzt ändern.

Özdemir sieht im Hanf als widerstandsfähigen und zudem noch nachwachsenden Rohstoff eine klimafreundliche Alternative zu Plastik und Stahl. In seiner Rede sprach er von der „längst überfälligen“ Abschaffung der Rauschklausel, die den Weg für den Indoor-Anbau frei machen soll. Die bisherige Scheu, sich mit dem Thema zu befassen, ist – so Özdemir – „fast so, als würde man einen großen Bogen um Bäckereien oder gleich das gesamte Bäckerhandwerk machen, nur weil dort Mohnkuchen angeboten wird.“
Geschäftsführer des Branchenverbands Cannabiswirtschaft Jürgen Neumeyer ergänzt: „Man stelle sich vor, Händler und Produzenten von alkoholfreiem Bier würden Razzien unterzogen und bestraft werden, weil man sich aus dem Restalkohol einen Schnaps destillieren könnte. Ein solch aufwendige Extraktion findet in der Praxis auch beim Industriehanf nicht statt. Diese sinnlose Rauschklausel führte in den letzten Jahren zunehmend zu wirtschaftlichen Schäden und Insolvenzen“.
Schritt für Schritt: Anhebung des THC-Grenzwertes soll langsam erfolgen
Der Grünen-Politiker beteuert, dass erste Maßnahmen zum Bürokratieabbau bereits bei den Vorschriften zu Blühmeldungen und Saatgutetiketten erfolgt sind. Für die Zukunft soll auch über eine Anhebung des THC-Grenzwerts für den Anbau und Verkehr mit Industriehanf diskutiert werden. Die Änderungen sollen „Schritt für Schritt“ erfolgen.
Meine news

Auch die Bundesregierung hat bereits nachträgliche Änderungen an dem umstrittenen Gesetz auf den Weg gebracht, berichtet die Deutsche Presse-Agentur. In erster Lesung wurden Mitte Mai über Nachbesserungen zugunsten der Verkehrssicherheit beraten sowie über Zugeständnisse an die Bundesländer, mit denen Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) deren Zustimmung im Bundesrat erreicht hatte. Bei den Nachbesserungen geht es unter anderem um einen neuen Grenzwert für Autofahrer, ein Alkoholverbot am Steuer bei Cannabiskonsum sowie zusätzliche Bestimmungen für die neuen Anbauvereine, um das Entstehen von Großplantagen zu verhindern.
Bundesländer skeptisch: Regierung räumt größeren Handlungsspielraum ein
Erst im Februar hatte der Bundestag das Gesetz zur teilweisen Cannabis-Legalisierung verabschiedet. Im Bundesrat zeigten sich anschließend mehrere Bundesländer skeptisch und drohten damit, den Vermittlungsausschuss anzurufen, was das Vorhaben deutlich verzögert hätte. Deshalb soll den Ländern nun ein größerer Handlungsspielraum eingeräumt werden, etwa bei der Überprüfung der Anbauvereine, die die Droge ab dem 1. Juli gemeinschaftlich anbauen und an Mitglieder abgeben dürfen. Über mögliche Änderungen am Gesetzentwurf wird nun in den zuständigen Ausschüssen des Bundestags beraten, ehe die Abgeordneten darüber abstimmen. (bg/dpa)
Auch interessant
Kommentare
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
wir erweitern den Kommentarbereich um viele neue Funktionen. Während des Umbaus ist der Kommentarbereich leider vorübergehend geschlossen. Aber keine Sorge: In Kürze geht es wieder los – mit mehr Komfort und spannenden Diskussionen. Sie können sich aber jetzt schon auf unserer Seite mit unserem Login-Service USER.ID kostenlos registrieren, um demnächst die neue Kommentarfunktion zu nutzen.
Bis dahin bitten wir um etwas Geduld.
Danke für Ihr Verständnis!